Gemeinde und Brauereien machen sich Vorwürfe Bierstreit: Brauer gegen Bürgermeister

Von Thorsten Gütling
Bis zu 10 000 Urkunden verteilen die Gaststätten entlang des Weges jedes Jahr, weil sich Wanderer durch alle vier Brauereien der Gemeinde getrunken haben. Bürgermeister Ludwig Bäuerlein will, dass sich die Brauer deshalb auch an den Kosten zur Pflege des Bierwanderweges beteiligen. Die wollen den Weg aber gar nicht mehr haben. Archivfoto: Christiane Scherm Foto: red

"Wir haben mittlerweile mehr Ärger als Nutzen durch den Brauereiwanderweg", sagt Josef Schmitt. Der Braumeister der Kathi-Bräu in Heckenhof fordert die Gemeinde Aufseß auf, den Weg künftig nicht mehr zu bewerben. Bürgermeister Ludwig Bäuerlein hält dagegen: Die Wirte und Brauer seien nur auf das schnelle Geld aus. Auf Kosten der Allgemeinheit.

 
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Schmitt sagt, am schlimmsten seien die Gruppen. Die mit Bussen von weit her an den Bierwanderweg gekarrt würden. Die schon betrunken ausstiegen. Und die Junggesellen. Die herumschrien, auf den Tischen tanzten und die Bedienung anpöbelten. Der Braumeister von Heckenhof sagt, er verscherze es sich langsam mit den Stammgästen. Denen rate Schmitt bereits von Besuchen am Samstag ab. Was man an den Betrunkenen verdiene, büße man so am Geschäft mit den übrigen Gästen wieder ein. Schmitt sagt: "Wir kaufen uns den Ärger sogar selber ein." Weil die Gemeinde den Weg bewerbe. Die 8000 Euro, die das jedes Jahr koste, solle sich Aufseß gefälligst sparen. Von dem Bierwanderweg habe seine Gaststätte sowieso noch nie profitiert. Dafür aber von netten Bedienungen und guten Preisen.

"Das kommt gar nicht infrage"

Bürgermeister Ludwig Bäuerlein ärgert das. Die Werbung einzustellen, komme gar nicht infrage. Der Bierwanderweg sei das touristische Aushängeschild der Gemeinde. Das Problem sieht der Bürgermeister bei den Gastwirten. Auf seine Gäste müsse man sich eben einstellen. Mit Betrunkenen könnten die Gastwirte entlang des Bierwanderweges schlicht und einfach nicht umgehen. Vom Engagement der Wirtsleute entlang des Bierwanderweges ist der Bürgermeister grundsätzlich enttäuscht.

"Geld scheffeln auf Kosten der Allgemeinheit"

Ein Beispiel: Seit zehn Jahren beschäftigt die Gemeinde einen Bierwegewart. Auf 400-Euro-Basis sorgt der vor und nach jedem Wochenende entlang des Weges für Ordnung. Die Kosten dafür trage einzig und allein die Gemeinde, sagt Bäuerlein. Zusammen mit den Werbekosten mache das besagte 8000 Euro jedes Jahr aus. Einzig im vergangenen Jahr hätten die vier Brauereien von Aufseß, Hochstahl, Heckenhof und Sachsendorf zusammen 1500 Euro locker gemacht. Um zu verhindern, dass der Gemeinderat eine Gebühr auf die beliebten Wanderurkunden beschließt. Bis zu 10.000 solcher Urkunden stellten die Brauereien entlang des Weges jedes Jahr aus, sagt Bäuerlein, und die Wirtsleute hätten die Gebühr verhindert, weil sie den Aufwand fürchteten, sie zu kassieren. Für Bäuerlein ein weiterer Beleg dafür, dass die Brauereien auf Kosten der Allgemeinheit Geld scheffeln wollten.

Der Bürgermeister sagt: "Die Leute fragen, warum die Gemeinde zwar die Grundsteuer erhöht, die Brauereien aber weiter unterstützt. Und damit liegen sie nicht einmal so falsch."

"Das ging eine Zeit lang zu wie am Ballermann"

Hilmar Reichold ist der Chef der gleichnamigen Brauerei in Hochstahl und einer von zwei Gastwirten, die entlang des Wanderweges auch Fremdenzimmer anbieten. In der Vergangenheit bot Reichold Touristen ein Rundum-Sorglos-Paket an. Für einen festen Betrag konnten Gäste ein ganzes Wochenende in Hochstahl trinken, soviel sie wollten. Bürgermeister Bäuerlein sagt: "Das ging eine Zeit lang zu wie am Ballermann." Und das habe die, die man jetzt wieder loswerden wolle, überhaupt erst auf den Plan gerufen. Reichold hält dagegen: "Es hat Überhand genommen. Gäste pöbeln Anwohner an, verdrehen Schilder, erbrechen sich."

"Ohne den Bierwanderweg gäbe es uns nicht"

Auf Verständnis stößt Bäuerlein nur in Sachsendorf. Kurt Kissel, seit vergangenem Jahr der Pächter der Brauereigaststätte Stadter, sagt: "Ohne den Bierwanderweg gäbe es uns nicht. Im Sommer leben wir zu 85 Prozent von dem Geschäft mit den Wanderern." Und Kissel hat einen Tipp für den Umgang mit Betrunkenen: "Wer schreit, wird von ganz alleine ruhig, wenn er nichts mehr zu trinken kriegt."

"Dort stehen sie dann wirklich auf den Tischen"

Warum die Gastwirte das so unterschiedlich sehen, kann Wolfgang Heilmann erklären. Er ist seit zehn Jahren der Bierwegewart der Gemeinde Aufseß. "Zwei bis drei Mal im Jahr fehlt irgendwo ein Schild", sagt Heilmann. Von einer allgemeinen Zunahme des Problems könne daher keine Rede sein. Weil aber die meisten Bierwanderer von Aufseß aus in Richtung Sachsendorf auf den Rundweg gingen, kehrten sie in Heckenhof als letztes und meistens schon betrunken ein. "Dort stehen sie dann wirklich auf den Tischen und schreien die Bedienung an", sagt Heilmann.

"Nicht, dass man damit nur wieder solche Banden anzieht"

Die nächste Runde im Streit zwischen der Gemeinde und ihren Brauereien steht bereits vor der Tür. Bürgermeister Bäuerlein hat die Brauer angeschrieben, ob sie sich an einem Fest zum 500. Jahrestag des bayerischen Reinheitsgebotes beteiligen wollen. Auch finanziell. Bisher, sagt Bäuerlein, habe er noch nicht eine Antwort erhalten. Josef Schmitt aus Heckenhof sagt: "Ich glaube, das wird nichts. Wir haben Bedenken, dass man damit nur wieder solche Banden anzieht."