Pegnitzerin Nadine Müller studiert in Florida Criminal Justice Auf der Spur der Verbrecher

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Nadine Müller aus Pegnitz studiert in Orlando, Florida, Criminalistics. Foto: red Foto: red

Der Verrat. Die Jury. Der Richter. Spannung pur bei den Gerichtsromanen des amerikanischen Autors John Grisham. So sehr, dass die Pegnitzerin Nadine Müller ihre Facharbeit fürs Abitur auf Englisch über das Rechtssystem in diesen Büchern geschrieben hat. Das Thema Kriminalität hat die 25-Jährige schon immer fasziniert. So sehr, dass sie das auch in einem Studium unterbringen wollte. Heute studiert sie in Orlando, Florida, Criminal Justice.

 
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Das erste Semester hat sie jetzt hinter sich und ist begeistert vom Studium und vom Leben in den USA. „Ich wusste, dass ich nie in den normalen Polizeidienst wollte“, erzählt sie. Und so studierte sie erst einmal in Nürnberg Soziale Arbeit, wollte dabei in die Straffälligenhilfe schnuppern. Doch davon wurde ihr als Frau abgeraten und sie hat es dann auch nicht gemacht. In den letzten beiden Semestern musste sie einen Schwerpunkt wählen und da war es doch die Straffälligenhilfe. Nach dem Studium hat sie sich in diesem Bereich ehrenamtlich engagiert. Aber das war es nicht, was sie wollte. „Mein Traum war es immer, für das FBI oder ähnliche Behörden zu arbeiten, Verbrechen zu analysieren, aufzudecken“, sagt Müller. Besonders das Profiling – die Erstellung von Täterprofilen – hat sie fasziniert. „Ich habe zwar viele Krimis gesehen, aber mir war klar, dass es so nicht im wirklichen Leben ist“, so Müller.

Einen Traum umsetzen

Und nachdem in Deutschland keine feste Stelle in der Richtung sichtbar war, beschloss die 25-Jährige ihren Traum umzusetzen und ihren Master in Criminal Justice zu machen. „Das zielt mehr auf die Praxis ab, als zum Beispiel Criminology“, erklärt sie. Hier werde man sehr auf die Gebiete Forschung und Lehre beschränkt.

Und warum ein Studium in den USA? „Englisch war immer mein Lieblingsfach“, sagt sie. Und Erzählungen von Mitschülern, die ein Austauschjahr dort gemacht haben, ließen sie träumen. Nachdem es in Deutschland nur begrenzt Möglichkeiten für ihren Studienwunsch gab, entschied sie sich in die USA zu gehen. „Viele Personen, die kriminologische Theorien entwickelt haben, leben hier, einige unterrichten an Unis“, so die Pegnitzerin. Und so ist sie im vergangenen August aus Deutschland weggeflogen nach Orlando.

Straftaten analysieren

Das Studium dauert vier Semester, bis Mai 2017. Praktische Teile sind dabei nicht vorgeschrieben, allerdings macht sie zusätzlich ein sogenanntes Certificate in Crime Analysis. Hier lernt sie, die kriminologischen Theorien beim Analysieren von Straftaten oder bei Präventionsmaßnahmen auch anzuwenden.

Ein wesentlicher Unterschied zum Studium in Deutschland ist, dass es mehr Schulcharakter hat, hat Müller erfahren. Jede Woche liest sie an die 150 Seiten und muss Hausarbeiten machen, die in die Endnote mit reinzählen. Auch Anwesenheit und Teilnahme am Unterricht fließen in diese Note mit ein. Es wird viel Wert darauf gelegt, dass man lernt, betont sie. „Man identifiziert sich mit seiner Uni, ist stolz darauf, wo man studiert, zeigt das mit Kleidungsstücken, mit Aufdruck des Uninamens zum Beispiel“, berichtet sie. Und es wird erwartet, dass sich die Studenten ehrenamtlich engagieren. Nadine Müller besucht regelmäßig RUF, eine christliche Organisation. Auch das Verhältnis zu den Dozenten ist enger, freundschaftlicher, aber auf einer professionellen Ebene.

Akademische Sprache

Mit der Sprache kommt die 25-Jährige gut zurecht, sie hat sich schnell daran gewöhnt. Schwierig war allerdings anfangs das Lesepensum, denn es waren ja keine Romane, sondern wissenschaftliche Abhandlungen, Fachbegriffe, eine akademische Sprache. Auch an die Kultur gewöhnt sie sich langsam, einiges ist wie in Deutschland, einiges wieder ganz anders. „Ich hoffe, dass sich die amerikanische Kultur und die Werte, die ich von daheim mitgebracht habe, mit der Zeit vermischen.“

Hat sie schon etwas vom Land gesehen? „Bislang beschränkt sich das auf Florida, denn das Studium ist sehr zeitintensiv“, erzählt sie. Bisher war sie in Fort Lauderdale, Miami und Cocoa Beach, von wo man die Raketenstarts in Cape Canaveral sehen kann. Diesen Monat ist sie für ein ehrenamtliches Projekt zwei Tage in Fort Myers. „Wir helfen Häuser für einkommensschwache Familien zu bauen und verteilen in einer Obdachlosenküche Essen“, so Müller. Sie war in Disney World und hat einen Teil der Universal Studios gesehen. Außerdem geht sie gerne zum Angeln oder an den Strand. In Tampa hat sie Delfine beobachtet.

Große Gastfreundschaft

„Die Gastfreundschaft der Amerikaner ist sehr groß“, hat sie festgestellt. Von Freunden wurde sie eingeladen, Thanksgiving und Weihnachten mit ihnen zu feiern. Die Amerikaner könnten es nicht ertragen, wenn jemand an den Feiertagen allein und ohne Familie ist. Oft identifizieren sich die Amerikaner mit ihren europäischen Wurzeln, sind stolz darauf, weil vielleicht der Urgroßvater aus Deutschland kam.

Schwer zu durchschauen sei das Gesundheitssystem. Man muss erkennen, was zum Beispiel die Krankenversicherung übernimmt. Meist ist es weniger, als in Deutschland. Und das Studium ist sehr teuer. Es gibt kaum jemanden, der ohne Schulden aus der Unizeit geht. Allerdings könne man das Geld größtenteils auch am Campus sehen. Nadine Müllers Uni ist die größte in Florida und die zweitgrößte in den USA. „Hier gibt es nichts, was es nicht gibt. Ein riesiges Fitnessstudio – umsonst für Studenten – Pools und alle möglichen Sportarten“, staunt sie. Es gibt ein Writing Center, das einem beim Schreiben von Hausarbeiten hilft sowie zahlreiche Workshops. Und das Campus hat eine eigene Polizei. Gewöhnungsbedürftig sei für sie die Waffenpräsenz. Nachrichten über Menschen, die angeschossen oder erschossen wurden, sind normal wie in Deutschland Autounfälle. Groß war die Betroffenheit der Bevölkerung nach den Pariser Anschlägen. Die Erinnerungen an die Attentate auf das World Trade Center in New York waren stark.

Kontakt mit daheim über Skype

Hat sie Heimweh? „Ja, meine Familie und Freunde vermisse ich schon“, bedauert sie. Aber dank Whatsapp und Skype bleibe man leichter in Kontakt. „Im März kommen meine Eltern, eine Schwester und eine Freundin. Da freue ich mich schon sehr drauf“, sagt sie.

Und sie vermisst öffentliche Verkehrsmittel. Die gibt es in Orlando kaum und sie hat kein Auto. Aber sie hat Mitbewohnerinnen, die sie zum Einkaufen mitnehmen, denn die Entfernungen sind hier anders. Man kann nicht einfach mal zum Supermarkt laufen. Wie es nach dem Studium weitergeht, weiß sie noch nicht. Zwar hat sie das Profiling besonders gereizt, aber es gibt noch so viele andere Möglichkeiten, in diesem Bereich tätig zu sein.

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