Auf der Jagd nach Krebszellen

Von Norbert Heimbeck
Im Mikroskop werden farbige Zellen sichtbar. Lebendige Tumorzellen färben sich im Bluttest grün, tote Tumorzellen werden zusätzlich rot. Foto: Simfo Foto: red

Krebs ist nach den Herz-Kreislauf-Erkrankungen die häufigste Todesursache in der westlichen Welt. Bayreuther Wissenschaftler haben ein Verfahren entwickelt, das in Echtzeit Informationen über die Aktivität eines Tumors liefert. Außerdem zeigt es, ob und wie Krebszellen auf ein bestimmtes Medikament reagieren. Die Simfo GmbH wurde jetzt von der Europäischen Kommission als eine der 15 innovativsten Firmen Europas auf die Bio International Convention (BIO) 2017 eingeladen, das Verfahren in den USA vorzustellen.

 
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Stefan Schuster gehört zur Geschäftsleitung des Unternehmens. Er sagt: "Die Diagnose Krebs muss nicht automatisch zum Todesurteil werden. Ziel der Forschung muss es sein, dass Krebs ähnlich wie Diabetes als chronische Erkrankung angesehen wird. Die muss zwar dauernd überwacht werden, man kann sie aber in den Griff bekommen und hierzu wollen wollen wir einen Beitrag leisten." Das System, das die Simfo-Wissenschaftler zu diesem Zweck entwickelt haben, heißt Maintrac. Es ermöglicht nach Schusters Angaben eine individuelle Anpassung der Therapie an den jeweiligen Patienten. "Unsere Methode reagiert sehr früh, wir können sogar einzelne Tumorzellen in einer Blutprobe nachweisen." Seit 17 Jahren arbeitet das Unternehmen mit dieser Methode.

Katharina Pachmann ist Professorin für experimentelle Hämatologie und Onkologie an der Universität Jena gewesen. Zusammen mit ihrem Ehemann entwickelte sie ein Verfahren zur Bestimmung der Anzahl sogenannter zirkulierender Tumorzellen im Blut. Dr. Ulrich Pachmann betreibt gegenüber der Lohengrin-Therme in Bayreuth ein transfusionsmedizinisches Zentrum, in dem auch die Simfo-Zentrale sowie deren Labore untergebracht sind. Das Unternehmen arbeitet mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum in Heidelberg zusammen. "Außerdem kooperieren wir mit der Universität Bayreuth im Bereich der Krebs-Stammzellforschung", sagt Stefan Schuster. Er sieht die Einladung zur BIO nach San Diego als Chance, auf dem amerikanischen Markt Fuß zu fassen.

Das Maintrac-Verfahren habe in klinischen Studien mit über 650 Patienten nachgewiesen, dass eine Überwachung der zirkulierenden Tumorzellen unter anderem "während der Hormon- und Antikörpertherapie bei Brustkrebs signifikante Vorteile bringt", sagt Schuster. Eine neu auftretende Tumoraktivität könne frühzeitig erkannt werden. Aktuell gebe es mehrere Verfahren zum Nachweis der im Blut umherwandernden Tumorzellen (CTC). Der Vorteil des Bayreuther Verfahrens: Im Labor können Tumorzellen entdeckt werden, ohne dass sie zuvor angereichert werden müssen und damit erreicht die Methode eine sehr hohe Sensitivität. Diese Zellen werden eingefärbt und sind dann im Mikroskop zu identifizieren: "Momentan schauen noch unsere Mitarbeiterinnen darauf, aber wir arbeiten daran, diesen Vorgang zu automatisieren", sagt Schuster.

Das Maintrac-Verfahren könne dem Arzt helfen, das wirksamste Medikament für den jeweiligen Patienten auszuwählen. Während einer Brustkrebs-Therapie etwa raten die Bayreuther Forscher zu verschiedenen Zeitpunkten zu einer Zellzählung: "Wir sehen dann, ob die Zellzahl stark schwankt oder stabil bleibt. Daraus können wir Hinweise geben, inwiefern eine Therapie erfolgreich ist". Der Medikamententest an lebenden Zellen sei eine Besonderheit des Unternehmens: "Das macht niemand anders so wie wir", sagt Schuster. Die Methode eigene sich ebenfalls zur Langzeitüberwachung der Patientinnen. Denn auch wenn ein Tumor entfernt wurde, können sich noch Krebszellen im Blut befinden und möglicherweise Metastasen auslösen. Falls diese wieder aktiv werden, kann das bei der Zellzählung erkannt werden.

Die Simfo-Mannschaft hat sich bislang vor allem auf Forschung konzentriert. Nun soll die Vermarktung intensiviert werden. "Wir tun uns in Deutschland noch ein wenig schwer damit, bei Ärzten und Krankenkassen Fuß zu fassen", so Schuster. „Allerdings bekommen wir mittlerweile täglich auch Blutproben aus anderen Ländern in Europa, aus Australien und Nordamerika." Das Maintrac-Verfahren muss hierzulande privat bezahlt werden. "Wir sehen es so: Die Medikamente einer Chemotherapie sind hoch toxisch und wirken bei verschiedenen Krebsarten ebenso wie bei den Patienten unterschiedlich. Krebsmendikamente greifen auch gesunde Körperzellen an. Wir wollen helfen, ein Medikament auszuwählen, das beim jeweiligen Patienten den besten Erfolg verspricht."

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