Auf dem Sprung zur Profilaufbahn

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David Taylor sieht dem zweiten großen Wendepunkt seiner Laufbahn entgegen: Vier Jahre nach seinem Wechsel in die amerikanische College-Liga NCAA wird der Sohn der oberfränkischen Basketball-Legende Derrick Taylor in diesem Sommer sein Studium an der University of the Pacific in Stockton (Kalifornien) abschließen und damit auf dem Sprung zur Profilaufbahn stehen.

 
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Die Voraussetzungen dafür könnten günstiger sein. Üblicherweise bekommen College-Spieler in ihrem letzten Studienjahr als sogenannter „Senior“ viel Einsatzzeit in ihrer Mannschaft, um danach mit möglichst guten persönlichen Statistiken auf dem Profimarkt auftreten zu können. David Taylor kann dagegen aktuell nicht die Bilanz eines Leistungsträgers vorweisen: In knapp 19 Einsatzminuten erzielt der 22-jährige Aufbauspieler im Schnitt 5,4 Punkte mit recht bescheidenen Trefferquoten (32,6 Prozent Zweier, 31,7 Prozent Dreier) neben 1,9 Rebounds und 1,0 Assists. Dabei ist die Tendenz sogar deutlich fallend, denn in den letzten sechs Spielen stand Taylor insgesamt nur 35 Minuten lang auf dem Feld und erzielte keinen einzigen Punkt. Sein letzter Feldkorb liegt sogar noch drei weitere Spiele zurück. An der Qualität der Teamkollegen kann es kaum liegen, denn die Tigers aus Stockton kommen unter den zehn Mannschaften in der West Coast Conference der höchsten Division (NCAA I) nicht über den vorletzten Platz hinaus.

Eher hängt der Rückschritt gegenüber der vielversprechenden zweiten Saison 2014/15 („Sophomore“) als Stammspieler der Startformation mit 7,9 Punkten pro Spiel wohl mit einem Trainerwechsel zusammen. Seit März 2016 amtiert Damon Stoudamire als Headcoach. Der langjährige Profi, der von 1995 bis 2008 in der NBA spielte und dort in 878 Einsätzen auf einen Punkteschnitt von 13,4 kam, verordnete den seit Jahren im unteren Tabellenbereich liegenden Tigers ein längerfristig ausgerichtetes Konzept. Von ihm selbst rekrutierte junge Spieler bekommen schon viel Verantwortung und Gelegenheit zur Entwicklung – mit entsprechenden Problemen für die „Seniors“. David Taylor war davon besonders betroffen, weil er im Dezember durch einen Riss des Syndesmosebandes fünf Spiele verpasste und den Anschluss verlor.

Rückkehr nach Bayreuth nicht ausgeschlossen

Die Ausgangsposition für den nächsten großen Karriereschritt erscheint also nicht so gut wie 2013, als David Taylor ein NBBL-Allstar war und ein Leistungsträger der U-18-Nationalmannschaft. Als einer der besten Spieler bei der amerikanischen Sichtung aller europäischen Talente seines Jahrgangs konnte sich der Eckersdorfer aus dem Nachwuchs des BBC Bayreuth damals das College praktisch aussuchen.

Schlaflose Nächte plagen Vater Derrick Taylor aber auch heute nicht. „Wichtiger als alles andere ist ein guter Abschluss seines Studiums. Dann stehen ihm beruflich alle Türen offen“, sagt der 54-jährige, der als langjähriger Spieler und Trainer in Bayreuth und Bamberg gleichermaßen Basketball-Geschichte geschrieben hat. Aber er weiß natürlich, dass sein Sohn erst einmal Basketball-Profi sein will: „Wir sind dabei, etwas für ihn zu suchen.“

Da kann die Frage nach der Möglichkeit einer Rückkehr nach Bayreuth nicht ausbleiben. Schließlich kennt man die Qualitäten von David Taylor bei seinem Heimatverein besser als nur durch Studium aktueller Statistiken. Konkrete Gespräche darüber habe es noch nicht gegeben, sagt der Vater. Aber einen Gedanken an diese Option bestreitet er nicht: „Das würden wahrscheinlich alle Eltern gerne wollen.“ Zumindest in diesem Punkt erscheinen die Voraussetzungen auch besser als vor vier Jahren: „Alles, was gerade im Bayreuther Basketball gemacht wird, ist super“, freut sich Derrick Taylor. „Der Coach leistet eine Super-Arbeit, die ganze Stadt ist richtig heiß. Bayreuth ist eine Topadresse!“

Tyree Chambers mit neuem College auf Erfolgskurs

Für den zweiten Bayreuther Basketballspieler in der amerikanischen College-Liga ist das Profi-Geschäft noch etwas weiter entfernt als für David Taylor: Tyree Chambers befindet sich erst in seinem dritten Jahr, und nachdem das erste davon verletzungsbedingt praktisch vollständig ausgefallen ist, sind aller Voraussicht nach sogar noch zwei weitere durch sein Stipendium abgesichert.

Der 22-jährige Aufbauspieler, der in der Saison 2013/14 immerhin schon 15 Bundesliga-Einsätze für Medi Bayreuth absolviert hat und sich dabei mit insgesamt elf Punkten in den Statistiken verewigte, hat im vergangenen Sommer die Universität gewechselt. Nach der etwas unglücklich verlaufenen Zeit in Providence (Rhode Island), wo er nach seiner langwierigen Verletzung (Bruch des Schienbeinkopfes) im heutigen NBA-Profi Kris Dunn (Minnesota Timberwolves) einen übermächtigen Konkurrenten auf seiner Position hatte, nahm er mit dem Wechsel zu den LeMoyne Dolphins in Syracuse (New York) den Rückschritt in die Division II der NCAA in Kauf. Offenbar zurecht: „Dort fühlt er sich pudelwohl“, berichtet seine Mutter Andrea Seyferth. „Die Mannschaft ist erfolgreicher als je zuvor und hat einen tollen Teamgeist. Jeder trägt zum Erfolg bei, und jedes Mal spielt sich ein anderer in den Vordergrund.“

Aktuell liegen die Dolphins kurz vor Ende der regulären Saison an der Spitze der 15 Mannschaften der Northeast-10 und gelten für die Playoffs durchaus auch landesweit zu den aussichtsreichen Teams. Der persönliche Beitrag von Tyree Chambers umfasst durchschnittlich mehr als 17 Minuten Einsatzzeit, in denen er 6,0 Punkte sammelt (38,5 Prozent Zweier, 35,5 Prozent Dreier) sowie 2,1 Rebounds und 1,7 Assists.

Doch nicht nur in sportlicher Hinsicht ist Andrea Seyferth mit ihrem Sohn zufrieden: „Auch ins Studium hängt er sich unheimlich rein!“ Gerade erst habe er die Zusage bekommen für einen der begehrten Praktikumsplätze im Sommer bei einer namhaften großen Firma, die auch Niederlassungen in Deutschland hat: „Die bieten ihren Praktikanten oft auch für später eine berufliche Perspektive“, sagt die Mutter. Für die Frage, ob sich auf diese Weise vielleicht einmal Beruf und Basketball im Heimatland vereinbaren ließen, sei es aber noch zu früh: „Die Zeit nach dem Studium lässt Tyree noch ganz entspannt auf sich zukommen.“

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