Tourismus in Bayreuth steht vor einem großen Umbruch: Welt der Wilhelmine soll Gäste längere Zeit binden Auf Bayreuth warten goldene Zeiten

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Es war eine Ansage mit erhobenem Zeigefinger. Bayreuth, sagte der Präsident der Bayerischen Schlösserverwaltung, Bernd Schreiber, müsse in die Spur kommen, um für die Touristen gerüstet zu sein, die ab 2018 kommen werden, wenn das Welterbe Opernhaus öffnet. 2018 ist allerdings nur eines von mehreren Zielen, sagt Manuel Becher, der Geschäftsführer der Bayreuth Marketing und Tourismus GmbH (BMTG). Touristisch stecke man mitten drin im Aufbruch.

 
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Bernd Schreiber hatte bei der Eröffnung der Residenztage Bamberg genannt. Bamberg als abschreckendes Beispiel für einen Welterbe-Tourismus, der nicht mehr als gesund bezeichnet werden könne. Eine Rein-durch-wieder-raus-Mentalität. Bayreuth müsse das anders schaffen. Übersetzt heißt das: Es dürfe nicht nur das Opernhaus im Ziel der Gäste stehen. Was die Aufenthaltszeit der Besucher im Vergleich zu Bamberg noch einmal drastisch verkürzen würde. Von einem Tag auf vielleicht zwei Stunden.

Nur eines von vier Themen

Manuel Becher sagt im Gespräch mit unserer Zeitung, die Eröffnung des Welterbes Opernhaus nach mehrjähriger Sanierung im April 2018 sei nur eines von vier Themen, die aktuell für die Touristiker eine große Rolle spielten. Die anderen drei lauten: Die Vermarktung des Richard-Wagner-Museums, die Landesgartenschau im kommenden Jahr, ebenso das für Bayreuth wichtige 500-jährige Jubiläum des bayerischen Reinheitsgebots für Bier, das ebenfalls 2016 gefeiert wird. "Wichtig ist, dass die Leidenszeit ein Ende nimmt. Denn wir haben hier eine Reihe von touristischen Höhepunkten, die allesamt nicht besucht werden konnten." Das Richard-Wagner-Museum, beispielsweise. Auch das Opernhaus, das kurz nachdem es 2012 Welterbe geworden war, geschlossen wurde, zählt dazu.

Jedes Jahr mehr Besucher

"Trotzdem haben wir jedes Jahr einen neuen Besucherrekord. Bayreuth zählt bei den Touristen, auch wenn entscheidende Ziele nicht offen haben." Ausgehend vom Jahr 2009, als die BMTG gegründet wurde, stiegen die Besucherzahlen jedes Jahr, sagt Becher. Von Mai bis September sei Bayreuth extrem gut besucht, "in der Festspielzeit 2015 hatten wir auch wieder ein Plus von sechs Prozent. Das zeigt, dass die Mär vom ausgebuchten Bayreuth gerade in dieser Zeit nicht stimmt".

Wilhelmines Welt als Ganzes

Dass im April 2018 das Welterbe erstmals wieder zu besichtigen sein wird, abgesehen vom provisorischen Welterbe-Infozentrum, das schon jetzt offen ist, werde bereits kommuniziert. In der Kampagne, die auf die vier Höhepunkte Wagner, Gartenschau, Bier und Welterbe hinweist. "Allerdings wäre es nicht geschickt, wenn wir es jetzt schon gezielt bei den Veranstaltern und Reisejournalisten bewerben würden. Zu früh", sagt Becher. Gleichwohl arbeite man - "in Absprache mit der Schlösserverwaltung", wie Becher betont - daran, "die Welt der Wilhelmine zu vermarkten. Denn die ist mehr als das Opernhaus. Sie ist mit den Schlössern und Parks wunderschön. Und anspruchsvoll." Auch nach der Restaurierung, wenn die alte Farbigkeit wieder zu sehen sein wird, das Haus heller und authentischer wirkt, werde es "ein absolutes Schmuckstück" sein, sagt Becher.

Mehr als das Flutlicht auf Wagner

"Heute noch wird Bayreuth mit dem Flutlicht auf Wagner wahrgenommen, die anderen Schätze bleiben etwas im Schatten. Wir werden ein zweites Flutlicht bekommen, das auf die Welt der Wilhelmine scheint." Die "Unesco-Jäger", wie Becher sie nennt, "die einen Haken hinter jedes besuchte Welterbe machen wollen, die werden sowieso kommen". Der Fokus liege darauf, die Besucher mehr als einen Tag für die Stadt zu begeistern. Die Geschichte zu erfahren, die hinter Wilhelmines Wirken in Bayreuth liegt. Einer kurzen Zeit mit großem Ergebnis. "Es mangelt uns nicht an Produkten", sagt Becher. "Wir müssen vielmehr aufpassen, dass wir nicht wie mit einem touristischen Bauchladen daherkommen. Der Wunsch, nach Bayreuth zu kommen, muss zielgruppengerecht aufbereitet werden. Für die Einzelurlauber ebenso wie für die Reiseveranstalter."

Mehr einfach Hotels müssen her

Bayreuth stehe touristisch vor "goldenen Zeiten, die sich nicht einmal verhindern lassen", sagt Becher. Dennoch betrachtet er einen Aspekt mit einem gewissen Unwohlsein: die Situation bei den Hotels. "Wir haben zwei liebevoll geführte Drei-Sterne-Häuser, die zusammen keine 200 Betten haben. Der Rest sind Vier-Sterne-Häuser. Es gibt tatsächlich ein Problem, Gruppen unterzubringen, weil bei den Hotels die Vielfalt fehlt." Es gebe kein Fünf-Sterne-Haus, keine Zwei-Sterne-Hotels, zu wenige einfache Pensionen für Gäste, die auf eigene Faust kommen, die günstig übernachten wollen. 

Das sagen die Hoteliers

Es gibt Nachholbedarf. Die Hotels und die Gaststätten in und um Bayreuth müssten sich umstellen. Neu einstellen auf den Tagesgast. Den Gast, der nur eine Nacht und nicht eine ganze Woche bleiben will. „Auch wenn es natürlich schöner ist, eine ganze Woche zu vermieten“, sagt Engin Gülyaprak, der Bezirksvorsitzende des Hotel- und Gaststättenverbands, im Gespräch mit unserer Zeitung.

Das Publikum habe sich auch ohne den Effekt, den die Eröffnung des Welterbes im April 2018 bringen werde, verändert. In der Festspielzeit ebenso wie außerhalb der sechs Wochen im Sommer. „Die Besucher werden jünger. Ein Umbruch, den ich persönlich gut finde. Dem muss man in der Gastronomie mit den entsprechenden Gerichten Rechnung tragen. Bistro-Essen statt Menü. Zum Beispiel.“

Mehr Angebot für Zufalls-Touristen

Gülyaprak sagt, auch aus seiner Sicht fehlen Hotels mit geringeren Standards als die, die aktuell in Bayreuth angeboten werden. „Es fehlt tatsächlich Angebot für den Zufalls-Touristen. Wer günstiger übernachten will, muss in die Peripherie gehen.“ Allerdings lässt sich dieses Thema aus seiner Sicht erst lösen, wenn die Touristenströme bereits nach Bayreuth kommen. „Mit dem Bedarf kommen die Investoren.“ Es fehle schlicht an Bestand: „Kleine Zimmer, kleine Wohnungen gibt es in der Studentenstadt Bayreuth nicht mehr.“

Gleichwohl sei das Thema Welterbe bei den rund 200 Mitgliedsbetrieben des Hotel- und Gaststättenverbands „in Arbeit. Es tut sich was. Viele Kollegen investieren. In die Zimmer, in neue Konzepte“. Es dürfe gerade bei den Hoteliers keine Angst vor Konkurrenz geben. Die belebe tatsächlich das Geschäft. Er erlebe das täglich mit seinem eigenen Laden, dem Café Ponte. Bayreuth habe jetzt schon großes Potenzial, „die Touristen kommen das ganze Jahr über. Allein am Wochenende waren sieben oder acht größere Touristengruppen hier. Allein für mich hat das an diesem Wochenende ein Umsatzplus von 30 Prozent bedeutet“.

Die Touristen, die nach Bayreuth kommen, hätten einen anderen Blick auf Bayreuth. „Die sehen nicht so viel negativ wie die Bayreuther. Die gehen mit Freude in das Informationszentrum im Opernhaus, schauen die Baustelle an, sind begeistert von dem Opernhaus-Ensemble an sich“, sagt Gülyaprak. „Ich freue mich auf 2018. Dann sind wir die Stadt mit Herz.“

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