Auf Augenhöhe: Medi-Team gegen Bonn

Von
Eine freundliche Begrüßung sollte Kenneth Horton (links) sicher sein, wenn er im Bonner Trikot erstmals als Gast in die Oberfrankenhalle zurückkehrt. Schließlich gehörte der Amerikaner in der vergangenen Saison zu den beständigen Leistungsträgern im Medi-Team mit 12,4 Punkten und 4,8 Rebounds pro Spiel. Foto: Peter Kolb Foto: red

Spannender als bei der extrem unglücklichen Niederlage gegen Brose Bamberg (88:92 n. V.) kann es drei Tage später kaum werden, aber spannend doch allemal: Wenn Medi Bayreuth zum Abschluss der Bundesliga-Vorrunde am Donnerstag um 20.30 Uhr die Telekom Baskets Bonn in der Oberfrankenhalle zu Gast hat, treffen schließlich zwei Rivalen auf Augenhöhe aufeinander.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Der Vorsprung von sechs Punkten, mit dem die Bayreuther auf Platz vier gegen den Tabellensechsten ins Rennen gehen, wird durch die starke aktuelle Form der Bonner wettgemacht. Von ihren letzten sieben Spielen haben sie fünf gewonnen, wobei ein ziemlich klarer Erfolg gegen den Titelaspiranten Bayern München (95:83) herausragte. Die einzigen Niederlagen in diesem Zeitraum gab es bei den schwierigen Aufgaben in Bamberg und Oldenburg.

Medi-Trainer Raoul Korner sieht sogar in der Besetzung einige Parallelen zwischen beiden Mannschaften: „Ähnlich wie wir haben auch die Bonner die Position fünf doppelt stark besetzt. Das gibt es nicht so oft. Außerdem haben auch sie zwei gute Werfer für Position vier sowie schnelle und korbgefährliche Pointguards.“

Als Besonderheit im Bonner Kader erscheint die Möglichkeit für eine ungewöhnlich große Aufstellung. Eine Schlüsselrolle spielt dabei Kenneth Horton, der in der vergangenen Saison als Powerforward einer der Leistungsträger bei Medi Bayreuth gewesen ist. In Bonn spielt er nun häufiger als Small Forward, wenn der ursprünglich als sein Stellvertreter während einer Verletzungspause nachverpflichtete Lette Ojars Silins gleichzeitig auf dem Feld steht. Zusammen mit Ryan Thompson, der für die Position des Shooting Guards sehr groß ist, sind dann vier Zweimetermänner auf einmal im Einsatz. „Einen richtigen Zweier gibt es da gar nicht“, erklärt Korner, aber große Sorgen macht ihm diese mögliche Variante der Gäste nicht: „Größe allein sagt schließlich noch nicht viel aus.“

Weniger gelassen wäre der Medi-Coach vermutlich, wenn die Handverletzung von De’Mon Brooks aus dem Bamberg-Spiel zum Ausfall eines seiner Schlüsselspieler auf den großen Positionen geführt hätte. Wie berichtet, ist der US-Powerforward aber mit einer Prellung davon gekommen. „Er wird sicher Schmerzen haben“, sagt Korner. „Es hängt davon ab, wie ein Spieler damit umgehen kann. Aber bei ihm bin ich da sehr zuversichtlich.“

Kein Gedanke mehr an das Bamberg-Spiel

Andere Nachwirkungen des denkwürdigen Oberfrankenderbys erwartet der Trainer nicht. „Das ist Geschichte“, antwortet er auf die Frage nach Folgen für die Moral zwischen dem Stolz auf die Leistung und der Trauer über die verpasste Chance auf eine Sensation: „Wir haben keinen Gedanken mehr daran verloren.“ Die Kürze der Zeit für die Vorbereitung auf Bonn kam dem Coach dabei entgegen: „Mit zehn Tagen Pause wäre es wohl schwerer gewesen.“

Pokalauslosung am Freitag in München

Bayreuth – Bonn wäre eine passende Partie gewesen, um in der Halbzeitpause die Auslosung für den Pokalwettbewerb vorzunehmen. Schließlich sind beide Mannschaften im Lostopf für die K.-o.-Spiele, in denen am 21./22. Januar die Teilnehmer am Top-Four-Turnier in Berlin ermittelt werden. Gelost wird jedoch erst morgen beim Spiel zwischen Bayern München und Löwen Braunschweig. Neben Bayreuth und Bonn haben sich Ulm, Bamberg, München und Ludwigsburg qualifiziert.

Predrag Krunic: Feuerwehrmann statt Meister-Coach

Der Gewinn der Deutschen Meisterschaft mit Oldenburg im Jahr 2009 wird wahrscheinlich der absolute Höhepunkt in der Trainerlaufbahn von Predrag Krunic bleiben. Jedenfalls gehörte er seither mit seinen Mannschaften nicht mehr zum engsten Kreis der Titelanwärter. Dafür hat sich der 49-jährige Serbe inzwischen aber einen guten Ruf ganz anderer Art erworben: Seit seinem Engagement bei Medi Bayreuth gilt der Meister-Coach als erfolgreicher Feuerwehrmann in schwierigen Situationen, und das bestätigt er auch in dieser Saison bei TB Bonn.

Nach Bayreuth kam Krunic im März 2013, nachdem Marco van den Berg sein Traineramt zur Verfügung gestellt hatte. Trotz mangelnder Erfahrung mit dem Abstiegskampf führte er das Team sicher zum Klassenerhalt, doch nach dürftigem Start in die folgende Saison wurde er Ende Dezember 2013 schon wieder abgelöst (durch Michael Koch). Nach einem unglücklichen Jahr in Polen bei einem Verein mit finanziellen Problemen übernahm Krunic im Winter 2015 den Mitteldeutschen BC, der damals in einer noch viel bedrohlicheren Lage war, als zweieinhalb Jahre zuvor die Bayreuther. Trotzdem hätte er auch diese fast schon hoffnungslos abgeschlagene Mannschaft beinahe noch zum Klassenerhalt geführt.

Amtsantritt drei Tage vor Saisonbeginn

In Bonn, wo seine Trainerlaufbahn zunächst als Assistent und ab 2001 als Chefcoach begonnen hat, wird sich Krunic nun sicher nicht mit dem Abstiegskampf befassen müssen. Aber die Ausgangslage bei seiner Rückkehr war in anderer Weise problematisch: Er musste mit einer Mannschaft ins Rennen gehen, auf deren Zusammensetzung er keinerlei Einfluss gehabt hatte und die er nicht einmal seinen Vorstellungen entsprechend vorbereiten konnte. Sein Amtsantritt erfolgte nämlich ganze drei Tage vor Beginn der BBL-Saison.

Ursache dafür war eine öffentlich nie näher definierte „schwere“ (aber nicht lebensbedrohliche) Erkrankung von Silvano Poropat, den Krunic schon beim MBC abgelöst hatte. Mittlerweile gilt der nachverpflichtete Trainer in Bonn aber längst nicht mehr als Stellvertreter, sondern als dauerhafter Nachfolger. Die Rückkehr von Poropat auf einen Trainerstuhl ist nicht absehbar, gilt aber keineswegs als ausgeschlossen. Kürzlich wurde der 45-jährige Kroate immerhin schon mal als Zuschauer in der Halle gesehen.

Autor

Bilder