Ex-Pegnitzer Sistek greift den Ex-Pegnitzer Ebenhöh wegen dessen Blogs „altmod“ an Pegnitz: Debatte um Blog mit rechtslastigen Aussagen

Von Klaus Altmann-Dangelat
Der Ex-Pegnitzer Gottfried Ebenhöh schreibt in seinem umstrittenen "altmod"-Blog. Screenshot: Altmann-Dangelat Foto: red

Ein Internet-Blog mit Positionen, die weit außen am rechten Rand des Meinungsspektrums angesiedelt sind: Ein der Stadt eng verbundener Arzt wird deshalb von einem anderen Ex-Pegnitzer scharf attackiert. Es geht um Aussagen zum 8. Mai und die „Lügenpresse“. Das Kuriose an dieser politischen Auseinandersetzung: Sie hat sich am „Flinderer“ entzündet, der fünften Pegnitzer Jahreszeit, in der eigentlich gutes Essen und Trinken sowie die Gemütlichkeit im Vordergrund stehen.

 
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Die Vorgeschichte

Zwei Pegnitzer Abiturienten des Jahrganges 1967 sorgten in der letzten Zeit auf nationaler sowie lokaler Ebene für Schlagzeilen. Der Fall Winfried Stöcker, dem Besitzer des Jugendstil-Kaufhauses in Görlitz, ist in fast allen Medien der Republik diskutiert worden. Gottfried Ebenhöh hingegen ist bisher nur im Raum Pegnitz der Öffentlichkeit bekannt. Der Mediziner, der mittlerweile in Bad Orb lebt, hat den Kontakt zu seiner Heimatstadt nie abbrechen lassen. Vor zwei Jahren hat er ein Buch mit Erinnerungen an die Kindheit mit dem Titel „Sterngeschichten“ veröffentlicht. Seine Eltern hatten seinerzeit das Gasthaus „Goldener Stern“ gepachtet und betrieben auch eine Fleischerei.

Flinderer I:

Mit diesem Hintergrund hat sich Ebenhöh vor kurzer Zeit auch zur Diskussion über den „Flinderer“ zur Wort gemeldet. Dabei handelt es sich um eine alte Pegnitzer Tradition. In wöchentlich wechselnden Gasthäusern wird das süffige Bier ausgeschenkt. Dazu passt eine deftige, fränkische Brotzeit. Bisher. Denn es passierte etwas Unvorstellbares: Martin Weiß, der Besitzer der Böheim-Brauerei, ließ verlauten: „Wir könnten etwas Neues anbieten. Etwa ein oder zwei vegetarische Gerichte. Wir könnten auch einen Pastaabend veranstalten.“ In diesem Zusammenhang darf daran erinnert werden, dass in Pegnitz beim alljährlichen Bratwurstgipfel nicht nur die Tradition gepflegt wird, sondern auch viele exotische Kreationen im Angebot sind, die sogar gesondert prämiert werden.

Flinderer II

Die Ankündigung von Martin Weiß rief bereits zwei Tage später Gottfried Ebenhöh auf den Plan: Er kündigte eine Facebook-Initiative unter dem Motto „Rettet den Flinderer“ an, die mittlerweile 56 Mitglieder hat. Man könnte das als lokalen „Sturm im Wasser- respektive Bierglas“ abtun, wenn es nicht einige Widerhaken in der Angelegenheit gäbe. So stößt manchen die programmatische Erklärung auf der Flinderer-Seite auf: „Die Pegnitzer verhunzen damit eine ihrer erhaltenswerten Traditionen. Wer sich vegetarisch ernähren will, kann das auch beim Flinderer: Sauerkraut, Erdäpfel, Bauernbrot, Kren, alles da. Hardcore-Veganer werden das Sauerkraut nicht schätzen, denn es könnte ja mal ein Knöchla mitgesotten worden sein. Aber muss man da auf diese Minderheit Rücksicht nehmen? Zum Flinderer gehört das spezielle Bier und jede Art ,Schweinernes’ - Punktum!“ Ebenhöh fragt: „Muss man auf diese Minderheit Rücksicht nehmen?“

Egal, wie man dazu steht: Das klingt sehr bestimmend. „Punktum!“ Als ob hier jemand ist, der weiß, was unter Tradition zu verstehen sei. Aber mit der Tradition ist es so eine Sache. Es kommt darauf an, was erhalten werden soll. Wenn man den Bereich Knöchla/Pasta mal beiseite lässt, stellt sich die Frage: Was war positiv, was war negativ in der Vergangenheit? Welche traditionellen Werte sollen aufrechterhalten werden? Welche gehören in den Abfallkorb der Geschichte?

Über diese Fragen macht sich Ebenhöh viele Gedanken. Er war schon immer ein politisch denkender Mensch. Nach dem Abitur saß er für die SPD bis 1977 im Pegnitzer Stadtrat. Zur CDU wechselte er in Hessen 1982. Auch damals wurde der Mediziner in den Magistrat gewählt. Er war unter anderem im Arbeitskreis Konservativer Christ(demokrat)en aktiv. Aus der CDU ist er aber mittlerweile wieder ausgetreten.

Ebenhöhs Blog

Als das Bloggen immer mehr in Mode kam, nutzte Ebenhöh das neue Medium und eröffnete Ende 2011 seinen „altmod“-Blog im Internet. Unter anderem heißt es da: „Was recht(s) ist, soll auch recht(s) bleiben und verdient Anerkennung.“ Ebenhöh zeichnet im Blog seine Beiträge mit „Frieder“. Er nimmt auch ältere Beiträge von zahlreichen Gastautoren wie dem (2011 gestorbenen) Erz-Konservativen Gerd-Klaus Kaltenbrunner in seinen Blog mit auf.

Kritik I

Im Lauf der Stöcker-Debatte missfielen dem in Nürnberg lebenden Ex-Pegnitzer Norbert Sistek die Argumente von Gottfried Ebenhöh, der sich für seinen ehemaligen Schulfreund einsetzte. Für den Lübecker Unternehmer existiert mittlerweile auch (von der NPD betrieben) eine Facebook-Initiative mit dem Titel „Solidarität mit Wilfried Stöcker“. Auf diese Art und Weise stieß Sistek auf die Texte des Blogs „altmod“ und setzte zur gegenattacke an: „Der 8. Mai wird in dem Blog beispielsweise ganz und gar nicht als Tag der Befreiung gesehen, sondern als Tag der Heuchelei. Und so sind Richard von Weizsäcker und Bundespräsident Gauck für Ebenhöh vor allem ,hypermoralische Bußprediger‘, die uns mit der Verantwortung für Auschwitz ,Zumutungen‘ auferlegen…..Wenn jemand Inhalte der Sorte ,Deutschland hat sechs Jahre lang um die Existenz gekämpft‘ verbreitet, aber kein Wort darüber verliert, dass Deutschland diesen Krieg auch angezettelt hat, so finde ich das schlicht unsäglich. Und unerträglich.“ Soweit Sistek.

Den Aufsatz aus dem Jahr 1985, aus dem Sistek teilweise zitiert, hat Ebenhöh von dem Historiker Hellmut Diwald übernommen, der zu den bekanntesten Vertretern der sogenannten neuen Rechten und den Republikanern nahestand. Der Abschnitt, in dem Gauck als „hypermoralischen Bußprediger“ niedergemacht wird, ist namentlich nicht gezeichnet.

Kritik II

Norbert Sistek weiter: „Selbstverständlich gilt die Meinungsfreiheit in Deutschland (zum Glück) auch für den größten Reaktionär. Selbst, wenn wir bei Ebenhöh lernen, dass unser Land ,kein demokratischer Staat, sondern ein fremdgesteuertes Gouvernement‘ sei. Doch muss ausgerechnet so jemand den Flinderer retten? Eine Tradition, die ganz besonders durch ihr schönes Miteinander lebt. Denn genau auf dieses (offene, tolerante) Miteinander scheint der Vielblogger es abgesehen zu haben. Ebenhöh fallen vor allem Vokabeln wie ,Verluderung‘ und ,Gesinnungslumperei‘ ein.“

Ebenhöh schweigt

Der Kurier wollte von dem Mediziner im Ruhestand wissen, wie er auf Sisteks Vorwürfen reagiert. Doch Dr. Gottfried Ebenhöh hüllt sich in Schweigen. Es sagte nichts, außer: „Kein Kommentar.“ Da bleibt nur ein Blick in die Abi-Zeitung des Jahres 1967. Dort wurde dem damals 19-Jährigen von seinen Klassenkameraden „eine Neigung zu hochtrabendem Geschwafel“ attestiert. Dass Ebenhöh mittlerweile Journalisten als „Medienhuren“ bezeichnet und (ebenso wie Pegida und andere rechte Gruppierungen) von der „Lügenpresse“ spricht, sei der Vollständigkeit noch erwähnt. Anlässlich des Prozesses gegen Beate Zschäpe ist hingegen bei ihm von den „Taten der sog.NSU“ die Rede.