Asylbewerber als Ehrenamtliche beim THW

Von Heike Hampl
THW-Ortsbeauftragter Christian Bickel zeigt Dianguina Niakate, Nega Tadele Desta und Abdi Qadar Nuur (von links), wie sie richtig mit Seilen umgehen. Die Flüchtlinge wollen die Ausbildung beim THW absolvieren. Foto: Klaus Trenz Foto: red

Lernen, wie Geräte und Werkzeuge funktionieren, Verletzten zu helfen, in Notfällen einzugreifen - aber auch herausfinden, wie Deutsche ticken: Das wollen drei Flüchtlinge, die beim Pegnitzer THW die Ausbildung absolvieren.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Christian Bickel hält sein langes Seil in den Händen, er legt es in Schlaufen. "Ihr nehmt es hier am Ende", sagt er langsam, "und zieht es hier hoch. Immer in gleich langen Abschnitten." Bickel zeigt, wie man Seile so zusammenlegt, dass sie jederzeit einsatzbereit sind. "Aufschießen nennen wir das", sagt Bickel. Und Abdi Quada Nuur wiederholt: "Aufschießen". Bickel grinst stolz. "Genau!"

Keine Lust auf Rumsitzen

Abdi Quadar Nuur ist 19 Jahre alt, aus Somalia ist er nach Deutschland gekommen. Nun lebt er seit fünf Monaten in Pegnitz. Gemeinsam mit Dianguina Niakate (29) aus Mali und Nega Tadele Desta (27) aus Äthiopien will er sich beim THW engagieren. Die drei jungen Männer haben keine Lust mehr auf Rumsitzen. Morgens lernen sie Deutsch, den Rest des Tages müssen sie selbst herumbringen. "Mir so langweilig, dabei will ich unbedingt etwas machen. Und anderen zu helfen gefällt mir", sagt Abdi Quada Nuur.

"Unsere Gesellschaft verändert sich"

Bickel ist Ortsbeauftragter beim THW in Pegnitz. Es war seine Idee, die Asylbewerber in die Mannschaft zu holen - sie zu Kameraden zu machen. "Unsere Gesellschaft verändert sich. Und es ist Zeit, dass wir uns daran gewöhnen, dass Flüchtlinge und Asylbewerber dazu gehören", sagt er. Das ist sein Beitrag zur Integration.

Drei Asylbewerber, sechs Deutsche

In einer Woche beginnen die drei Männer ihre Ausbildung beim THW. Gemeinsam mit sechs Deutschen, die ebenfalls das Ehrenamt beim THW aufnehmen. Bis zum Juni dauert die Ausbildung. Der THW-Nachwuchs lernt theoretisch und praktisch technische Fähigkeiten, wie Werkzeug funktioniert, wie sie Rettungsgeräte bedienen oder wie sie Menschen erste Hilfe leisten. "Es ist nicht einfach, auf Menschen zuzugehen, die unter Schock stehen. Man muss die richtige Körpersprache erst lernen, um niemanden bei einem Unfall zu erschrecken. Egal, ob man aus Deutschland oder Somalia kommt", sagt Bickel. "Es freue mich, wenn es endlich losgeht", sagt Nuur.

Gute Deutschkenntnisse

Die drei Männer hat Bickel in Zusammenarbeit mit dem Unterstützerkreis Pegnitz gefunden. Susanne Bauer engagiert sich dort ehrenamtlich für Asylbewerber und Flüchtlinge. Sie hat drei Männer gesucht, "wichtig war, dass sie schon gut Deutsch sprechen", sagt sie. Dann hat sie die drei zum THW gebracht, zu einer Art Vorstellungsgespräch. "Vorsichtig und freundlich" sei das erste Aufeinandertreffen gewesen. Abdi Quadar Nuur, Dianguina Niakate und Nega Tadele Desta wussten sofort: Wir wollen mitmachen.

Maschinenbau und Lastwagen

Aus ihrer Heimat bringen sie Fähigkeiten mit, die ihnen beim THW helfen. Die Männer erzählen: Desta hat Maschinenbau studiert, Nuur fuhr Lastwagen und arbeitete auf dem Bau. Und Niakate, der Jüngste, hat einfach Lust darauf, Deutsche kennenzulernen, die Sprache zu sprechen und zu helfen. "Beste Voraussetzungen", sagt Bickel. "Außerdem kommen alle drei aus Ländern, in denen man lernt, zu improvisieren. Das ist eine Fähigkeit, die wir beim THW gut gebrauchen können."

Ordnung und Schweinefleisch

Wie ticken Deutsche? Auch das sollen die Männer beim THW lernen, sagt Susanne Bauer. Deutsche legen Seile besonders ordentlich zusammen und haben dafür sogar ein eigenes Wort: Aufschießen. Das wissen die drei jetzt schon. Und auch Bickel hat etwas gelernt: Zur Brotzeit müssen es nicht immer Wienerle sein - es gibt nämlich auch Christen, die kein Schweinefleisch essen.

Kontakt für Vereine

Info: Wenn Vereine Asylbewerber in ihren Reihen aufnehmen wollen, können sie sich beim Unterstützerkreis melden, am besten per E-Mail an unterstuetzerkreis.pegnitz@gmail.com.

Bilder