Arbeit auf der Autobahn ist gefährlich

Von Ralf Münch
Der stellvertretende Dienststellenleiter Michael Herbst der Autobahnmeisterei Trockau mit einem kaputten Leitwarnanhänger. Foto: Ralf Münch Foto: red

Auf der Autobahn arbeitet es sich gefährlich. Das hat der Unfall, als am 4. September ein Kleintransporter in einen Warnleitanhänger gekracht ist, wieder einmal gezeigt. „Der Schutzengel meines Kollegen hat da ganze Arbeit geleistet“ sagt Michael Herbst, der stellvertretende Dienststellenleiter der Autobahnmeisterei Trockau, als er auf dem „Friedhof der Warnleitanhänger“ steht.

 
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Ungewöhnlich sind solche Unfälle für Herbst schon lange nicht mehr. Genauso wenig wie für seine Kollegen. In diesem Jahr, so sagt er, sind es bisher nur drei gewesen. Bisher, denn 2017 dauert ja noch ein paar Monate. Es gab auch schon Jahre, da hatte man fünf, manchmal auch sechs solcher Unfälle. Wie kann so etwas eigentlich passieren? Herbst: „Meistens Unachtsamkeit. Ganz oft auch unangepasste Geschwindigkeit. Eigentlich ist er unübersehbar. Mit Blinklichtern und Pfeilen ist der Warnleitanhänger ausgestattet.“

Ungebremst auf Warnleitanhänger

Beim letzten Fall verhielt es sich so, dass der Kleintransporter einen Anhänger, voll geladen mit Papier, hatte. Wie später die Polizei anhand des Fahrtenschreibers herausfand, fuhr der Transporter mit Tempo 140 ungebremst auf den Warnleitanhänger auf. Und das, obwohl die Geschwindigkeit bereits auf 80 Stundenkilometer reduziert war. „Da kann man sich schon vorstellen, was passiert, wenn solch eine Masse mit solch einer Geschwindigkeit auf unseren Anhänger fährt“, so Herbst weiter.

Kaum eine Reaktionschance

Bei solch einer Geschwindigkeit bleibt kaum noch eine Reaktionschance. Bei dem Unfall ist dem Mitarbeiter der Autobahnmeisterei nichts passiert. Es waren aber auch schon Personenschäden zu verzeichnen. Herbst berichtet, dass es leider schon Verletzte gab – auch schwer Verletzte. Er erzählt auch davon, dass es Beschäftigte gibt, die psychologisch betreut werden mussten und müssen. Ein Mitarbeiter hat schon mehrere solcher Unfälle hinter sich. Den Mann hat man aus dem Dienst auf der Autobahn raus genommen und für andere Tätigkeiten eingesetzt.

Stück für Stück weiterfahren

Herbst: „Er konnte und wollte das nicht mehr machen. Das ist ja aber auch nachvollziehbar und verständlich. So etwas setzt psychisch einfach sehr zu.“ Dass beim letzten Unfall niemand zu Schaden gekommen ist, hat einen Grund. Es gibt die Anweisung, dass niemand mehr im Fahrzeug sitzen darf, sobald der Warnleitanhänger steht. Das klappt aber auch nur bei stationären Einsätzen, wie bei einer Dauerbaustelle. Wenn es sich aber um Grasmäharbeiten, das Ausbessern von Löchern auf der Autobahn, Müllsammlungen oder Wanderbaustellen handelt – dann sieht die Sache schon ganz anders aus. Dann müssen die Fahrer in ihren Fahrzeugen notgedrungen sitzen bleiben und langsam Stück für Stück weiterfahren.

Umgebung im Rückspiegel

„Sie sollten einmal einen Fahrer beobachten“, sagt Herbst, „er sitzt die ganze Zeit krampfhaft im Fahrzeug und schaut permanent in den Rückspiegel. Ob ein Fahrzeug kommt, das gleich hinten rein fährt. Wenn sich etwas anbahnt, dann versucht der Fahrer zumindest seine Kollegen mit Hupen zu warnen.“ Herbst hat sich mit einem Kollegen unterhalten, der sagte, dass er davon geträumt hat, dass er im Fahrzeug sitzt und die Umgebung im Rückspiegel sieht. „Der Alltag lässt einen nicht einmal im Traum in Ruhe.“

Gefahr wird zur Routine

Auch wenn der Kollege sagt, so Herbst weiter, dass man nach einiger Zeit die Gefahr gar nicht mehr so wahr nimmt. Sie wird zur Routine. Er vergleicht es mit einem Schreiner. Am Anfang ist man vorsichtig, wenn man Holz sägt. Später denkt man, dass man es schon so oft gemacht hat und wird unvorsichtig. Dann ist plötzlich ein Finger weg. Der stellvertretende Dienststellenleiter steht auf dem Gelände des Abschleppunternehmens Troidl. Das ist in Trockau gerade einmal ein paar Meter von der Autobahnmeisterei entfernt. Dort werden die kaputten Warnleitanhänger gelagert werden – zumindest vorübergehend. Je nach Zustand werden sie entweder komplett verschrottet oder versteigert.

Wirres Geflecht aus Stahl

Der Anhänger, der am 4. September beschädigt wurde, hat nur noch Schrottwert, ein wirres Geflecht aus Stahl. Ob es sich um einen Totalschaden handelt, bestimmt ein Gutachter. Es stehen hier zwei andere Warnleitanhänger. Die versteigert das Zollamt. „Es gibt viele Gemeinden, Städte, Firmen oder auch das THW, die Interesse daran haben. Sobald ein Warnleitanhänger einen Unfall hatte, dann gibt der Hersteller keine Gewährleistung mehr.

Verkehrsaufkommen nicht so hoch

Wenn dann wegen der Elektronik auf der Autobahn einer ausfällt, der von uns repariert wurde, dann wäre das sehr gefährlich und wir müssten im Ernstfall dafür haften“, sagt Herbst. Bei potenziellen Abnehmern sieht das aber anders aus. Auf Gemeindeverbindungs- oder Bundesstraßen wird nicht mit solchen Geschwindigkeiten wie auf der Autobahn gefahren, auch das Verkehrsaufkommen ist auch nicht so hoch. Wenn da einmal die Elektronik ausfällt, dann hätte es nicht solch gravierenden Auswirkungen wie auf einer Autobahn.

25 000 Euro kostet ein Warnleitanhänger

Etwa 25 000 Euro kostet ein neuer Warnleitanhänger. Herbst ist manchmal erstaunt darüber, welche Preise für einen kaputten bei einer Versteigerung geboten werden. Er schaut auch immer auf der Seite www.zoll-auktion.de nach. Dort werden alle möglichen Sachen versteigert. Beschlagnahmte Fahrzeuge, Spielgeräte, Antiquitäten, sogar auch Diamanten und noch vieles mehr. Kann ein Schnäppchenparadies sein.