Zwei Allgemeinmediziner wollen aufhören, finden aber keinen Nachfolger Ärzte suchen vergeblich Nachfolger

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Er hätte seinen Ruhestand verdient - doch der Allgemeinmediziner Dr. Max-Erich Eder macht weiter. Bis er einen Nachfolger gefunden hat. Foto: Ralf Münch Foto: red

Die Stadt ist mit Allgemeinärzten an sich gut versorgt. Doch da gibt es ein Problem. Ein Nachfolgeproblem.  Zwei Ärzte wollen eigentlich aufhören. Sie können aber nicht. Weil sie keinen Nachfolger finden.

 
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Und so machen sie weiter. Was ihnen zu schaffen macht: Junge Mediziner scheuen oft das Risiko, sich selbstständig zu machen. Und so werden sie wohl noch ein wenig weiterarbeiten müssen.

Was Dr. Ernst Steinmüller sagt: Der 65-Jährige ist fast schon verzweifelt. Seit 2013 sucht er jemand, der seine Praxis weiterführt. Unzählige Gespräche hat er angeleiert. Ohne Ergebnis. Und dann einen Profi eingeschaltet, einen Headhunter. "Der hat mich richtig Geld gekostet", sagt er. Und nach einem Jahr meinte dieser Profi: "Vergessen Sie's, ich finden niemand, Ihre Praxis ist unverkäuflich."

Steinmüller will sich damit nicht begnügen. Er sucht weiter. Und stößt immer wieder auf eine Mauer der Ablehnung. Warum? "Weil die jungen Leute nicht mehr bereit sind, ein Risiko einzugehen." Weil sie nicht bereit seien, die Belastung zu akzeptieren, die nun einmal mit einer Praxis "auf dem Land" verbunden ist.

Es wäre doch alles da

Was Steinmüller nicht so recht begreifen kann. Schließlich biete Pegnitz alles, was einen Nachwuchsmediziner reizen könnte: Die Nähe zur Autobahn, sämtliche Schultypen, eine ausgereifte Infrastruktur, ein reichhaltiges Kultur-, Vereins- und Sportleben, die VGN-Anbindung. "Viele wissen zunächst nicht, auf was sie sich da einlassen würden - und wenn sie es realisieren, springen sie wieder ab." Klar, das sei kein einfacher Job. Da ist der Bereitsschaftsdienst, da sind die Wochenenden, an denen man aktiv sein muss. Und ja, klar, ein gewisses Risiko sei natürlich da. Aber auf der anderen Seite auch ein fester Patientenstamm, eine tolle Landschaft, beste Perspektiven nicht nur kurzfristiger Art.

"Das ist widersinnig"

Und warum kapituliert Steinmüller dann nicht einfach und setzt sich zur Ruhe? "Gut, ich könnte es mir leisten", sagt er. Aber wenn er so handle, verliere die Stadt einen Arztsitz. Und das wolle er nicht hinnehmen. Aus Sicht der Kassenärztlichen Vereinigung würden Pegnitz und Auerbach über die Grenzen von Gebeitskörperschaften hinweg als gemeinsames Versorgungsgebiet betrachtet. "Das ist seit ein paar Jahren so, ich finde das widersinnig."

Und demnach sei Pegnitz "mit rund 125 Prozentpunkten" überversorgt. Sprich: Wenn jemand aufhört, ist auch der Arztsitz weg. Was auch jederzeit möglich sei, so Steinmüller: "Einer kauft den Sitz und geht damit nach Auerbach - das kann er, wenn er will."

Hoher Frauenanteil

Da ist noch ein Problem, sagt er. Bei jungen Ärzten sei der Frauenanteil sehr hoch. Und Frauen wollten halt nicht nur ihren Beruf ausüben, sondern beschäftigten sich auch mit dem Thema Familiengründung: "Sie wollen in der Regel nicht selbstständig sein, sie arbeiten lieber im Angestelltenverhältnis. Und das nicht Vollzeit, sondern, 20, 25, 30 Stunden." Damit wird der Kreis jener, die für eine Praxisnachfolge infrage kommen, automatisch kleiner. Diese Erfahrung hat Steinmüller auch bei Übergabeseminaren der KV gemacht: "Zwei Drittel der Teilnehmer waren Leute, die übergeben wollen, ein Drittel wollte übernehmen - und davon waren viele Frauen."

Und so macht Steinmüller weiter. Auch weil er an sein Personal denkt. Manche Mitarbeiter begleiten ihn seit vielen Jahren, "wenn ich aufhöre, sitzen die schon aus Altersgründen auf der Straße". Sehr gute Mitarbeiter sind das, so Steinmüller. Mitarbeiter, die es einem  Nachfolger einfach machen würden: "Einem jungen Arzt muss das Team sagen, wo es lang geht, nicht umgekehrt."

Was Dr. Max-Erich Eder sagt: Auch der Sprecher der Pegnitzer Ärzte hat das Rentenalter erreicht. Auch er sucht und sucht und sucht nach einem Nachfolger. Auch er hatte dabei bisher keinen Erfolg. Doch im Gegensatz zu seinem Kollegen Steinmüller klingt er optimistischer. "Irgendwann findet sich jemand." Beispiele aus der Region belegten ja, "dass es gehen kann".

Wobei er durchaus damit leben könnte, wenn ein Nachwuchsarzt seine Praxis nicht komplett übernimmt, sondern zunächst einmal auf Angestelltenbasis einsteigt. Dann müsse dieser auch nicht in Vollzeit tätig sein,"ich könnte zum Beispiel weiterhin zwei Abendsprechstunden absolvieren." Auch er will erst dann aufhören, wenn ein Nachfolger präsent ist. Oder wenn es gar nicht mehr geht.

Das sagt Dr. Siegfried Fischer von der Gemeinschaftspraxis Ärzte Plus: "Wir würden gerne einen Sitz übernehmen", sagt Fischer. Den suche man dringend für Dr. Matthias Henkel, der in der Praxis zurzeit noch auf Angestelltenbasis aktiv ist. Fischer zeigt Verständnis für die mangelnde Risikobereitschaft junger Ärzte. Steigen sie alleinverantwortlich in eine Praxis ein, "dann geschieht das gleich mit einem Schuldenberg, weil ja oft erst einmal kräftig saniert und modernisiert werden muss". Gerade für junge Menschen, die vielleicht gerade eine Familie gründen oder ein Häuschen bauen wollen, ein schwerer Schritt..

Früher die Klinik, heute der Hausarzt

Für die ärztliche Versorgung der Pegnitzer sieht Fischer nicht schwarz. Aber sehr wohl für eine dauerhafte Belastung der Mediziner durch die bundesdeutsche Krankenhauspolitik. Seit Einführung der Fallpauschalen habe sich das gesamte Gesundheitssystem gewandelt. "Früher war ein Paitent nach einer Blinddarm-OP zehn bis 14 Tage im Krankenhaus, heute wird er nach drei, vier Tagen entlassen." Das gelte auch für zahlreiche andere Eingriffe, selbst für schwere Krebsoperationen. Bringe ein Fall eienr Klinik nichts mehr - "die können da ja eigentlich gar nichts dafür" -, dann wird er entlassen und der niedergelassene Arzt übernehme die Nachversorgung. Ein immenser Aufwand, der von den Kassen noch dazu alles andere als gut dotiert werde.

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