Warum wurden nur sieben Jahre später mit den Einwohnern von Grassemann weitere Verträge geschlossen? „Da später zusätzliche Leitungen auf dem Gebiet des Weilers Grassemann verlegt wurden, wurden 1916 Grunddienstbarkeiten und Gestattungsverträge mit den betroffenen Grundstücksbesitzern vereinbart“, teilt Jan Koch von den Stadtwerken mit. Tatsache ist: Die Kapazität der 1907 bis 1909 gebauten Leitung sollte auch bei einem angenommenen Bevölkerungszuwachs in Bayreuth für 25 bis 30 Jahre ausreichen. Sie war jedoch von Anfang an auf eine mögliche Erweiterung angelegt.
Jedenfalls tragen die am 15. Juli 1916, also vor fast genau 100 Jahren, in der damaligen Gastwirtschaft Bauer, Grassemann 4, abgeschlossenen Verträge die Bezeichnung „Dienstbarkeitsverträge“. Anwesend, außer einem Notar aus Berneck, waren unter anderem der stellvertretende Bayreuther Bürgermeister Albert Preu und der Bischofsgrüner Bürgermeister Josef Zapf (damals gehörte Grassemann noch zu Bischofsgrün). Die Grundeigner aus Grassemann verpflichteten sich „für alle Zeiten“ die Leitungen in ihrem Boden zu belassen sowie Dinge wie Zugang, Austausch und Unterhalt zuzulassen. Auch eventuelle Entschädigungen durch Reparatur- und Grabungsarbeiten wurden geregelt.
Vereinfacht gesagt, regelte der Vertrag: Die Grassemann verkaufen das Wasser ihrer Quellen an die Stadt Bayreuth, dafür werden sie an die von der Stadt gebauten Wasserleitung angeschlossen. Und die Grundeigentümer bekamen eine einmalige Entschädigung von einer Mark je Meter Leitung auf ihrem Grund. Real flossen Beträge zwischen fünf und 226 Reichsmark an elf Einzelpersonen. Auch die Gemeinde Bischofsgrün erhielt 100 Mark. Insgesamt zahlte Bayreuth 866 Mark. Zum Vergleich: Eine Halbe Bier kostete damals etwa 15 Pfennig.
Was dem Vertrag explizit nicht zu entnehmen ist: Die „Grassemänner“, die damals der Stadt Bayreuth Dienstbarkeiten einräumten und im Grunde ihre Quellen verkauften, beziehen ihr Trinkwasser seither kostenlos. Für die damals betroffenen Anwesen und Grundstücke gilt dies bis zum heutigen Tage.
Aber auch für den Rest der Gemeinde Warmensteinach spielt das für Bayreuth gedachte Wasser bis zum heutigen Tag eine Rolle. Denn im Notfall kann die Kommune Wasser aus der Leitung beziehen. Das ist technisch möglich und vertraglich mit den Bayreuther Stadtwerken geregelt. Im heißen und trockenen Sommer 2015 war das bitter nötig: 2000 Kubikmeter bezog Warmensteinach damals aus der Fichtelgebirgsleitung, sagt Wasserwart Josef Reichenberger. Allerdings lässt sich Bayreuth das teuer bezahlen: Warmensteinach zahlt eine Grundgebühr von 22,37 Euro brutto im Monat und einen Kubikmeterpreis von 3,36 Euro. In Bayreuth müssen die Bürger nur 2,24 Euro zahlen. Der Wasserpreis in Warmensteinach beträgt 2,50 Euro