Alle Kasernen sollen gefilzt werden

Symbolfoto: Patrick Seeger/dpa Foto: red

Im Zuge des Skandals um den rechtsextremen Oberleutnant Franco A. sollen in der Bundeswehr alle Spuren der Wehrmacht aufgespürt und entfernt werden.

 
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Generalinspekteur Volker Wieker ordnete die Durchsuchung sämtlicher Kasernen und Bundeswehrgebäude an, wie das Verteidigungsministerium am Sonntag bestätigte. Sollten Wehrmachtsdevotionalien gefunden werden, müssten diese umgehend entfernt werden. Ministerin Ursula von der Leyen (CDU) sagte: "Es geht um nicht weniger als den Ruf unserer Bundeswehr."

Kein "Weiter so"

Die Überprüfung soll nach Informationen der "Bild am Sonntag" am 16. Mai abgeschlossen sein, bereits am Dienstag soll ein Zwischenbericht vorgelegt werden. Von der Leyen sagte der Zeitung, ein "Weiter so" komme nicht in Frage. Die Ministerin rief alle auf, "vom General bis zum Rekruten", diesen Prozess zu unterstützen.

Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) sagte am Wochenende per Twitter: "Mit Blick auf die deutsche Geschichte muss ganz klar sein: Wer die Wehrmacht glorifiziert, hat in der Bundeswehr rein gar nichts zu suchen." In der "Rheinischen Post" vom Samstag forderte Maas, "mit aller Schärfe" gegen Rechtsextremismus in der Bundeswehr vorzugehen.

Existieren rechte Netzwerke?

Von der Leyen hatte am Freitagabend in den ARD-"Tagesthemen" gesagt, es werde noch ermittelt, ob in der Bundeswehr rechtsextreme Netzwerke existierten. Sie gehe davon aus, "dass das, was wir bisher wissen, nicht alles ist, sondern, dass sich dort noch mehr zeigen wird".

Das Verteidigungsministerium hatte am Samstag den Fund von Wehrmachtsdevotionalien in der Fürstenberg-Kaserne in Donaueschingen bestätigt. In einer Vitrine vor der Kantine waren demnach Stahlhelme ausgestellt. Ein Besprechungsraum war mit einer Art Bleistich eines bewaffneten Wehrmachtssoldaten sowie mit Orden und einem nachgebauten Maschinengewehr dekoriert, wie "Spiegel Online" berichtete.

Zuvor waren bereits in der Kaserne im elsässischen Illkirch, wo Franco A. stationiert war, Wehrmachtsdevotionalien in einem Freizeitraum entdeckt worden.

Hakenkreuz auf dem Boden

In der Kaserne in Illkirch sollen zudem Bundeswehrsoldaten im November 2012 ein vier Meter großes Hakenkreuz auf den Boden gestreut haben, wie die "Bild"-Zeitung am Samstag berichtete. Dieser Vorfall sei damals jedoch nicht unter den Teppich gekehrt, sondern den direkten Vorgesetzten und dem Bundesverteidigungsministerium gemeldet worden.

Der Ende April festgenommene Franco A. hatte sich monatelang als syrischer Flüchtling ausgegeben und plante offenbar einen Anschlag. Der Bundeswehr lagen schon seit 2014 Hinweise auf eine rechtsextreme Gesinnung des Offiziers vor, ohne dass Konsequenzen folgten.

"Spitze eines Eisbergs"

Der Zentralrat der Juden in Deutschland befürchtet ein größeres Ausmaß von Rechtsextremismus in den Reihen der Bundeswehr. Franco A. sei möglicherweise kein Einzelfall, sondern "die Spitze eines Eisberges", sagte Zentralratspräsident Josef Schuster der "Rheinischen Post" vom Samstag. Er verwies auf eine Umfrage des Verteidigungsministeriums von 2007, wonach sich schon damals vier Prozent der befragten Soldaten vorstellen konnten, rechtsextreme Parteien zu wählen.

dpa

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