Das waren noch Zeiten: Auch früher verstanden sich die Kulmbacher schon aufs Feiern 80 Pfennig für eine Maß Bier

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Bier, Volksmusik und Prominente: Das gehört seit der ersten Bierwoche zusammen. Ein Liter Bier kostete damals 0,80 Reichsmark. Wenn die 65. Kulmbacher Bierwoche am heutigen Samstag eröffnet, bezahlen die Besucher dafür 7,60 Euro. Doch nicht nur das hat sich geändert.

 
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Zum ersten Bierfest vom 29. Juli bis 6. August 1939 luden noch nicht die Brauereien ein, sondern der heimische Fremdenverkehrsverband. Gefeiert wurde am Kulmbacher Marktplatz in einem 2000 Personen fassenden Festzelt. Das ist in einer Chronik des Stadtarchivs nachzulesen.

Die Reichelbräu war die erste Brauereigründung. Neben Reichelbier gab es die Marken EKU, Sandler und Mönchshof. Erst 1996 wurde alle unter dem Dach der Kulmbacher Brauerei zusammengefasst.

Musik gehörte schon immer zum Programm im Zelt. Wenngleich sich früher dort auch Artisten und Humoristen die Ehre gaben. Auf dem allerersten Bierfest spielten die Fränkischen Dorfmusikanten. Der Höhepunkt war allerdings der Auftritt des Bayreuther Festspielchors am 3. August mit 230 Sängern im Bierzelt. „Das war das Zelt der Kulmbacher Spinnerei, das sie bei ihren Maifesten verwendete“, weiß Stadtgeschichtekenner Ernst Olbrich.

Bis 1950 ruhte die Bierwoche. Bei der ersten Neuauflage in der Nachkriegszeit kostet die Maß 1,50 Mark. Nach elf Jahren tanzten die Büttner wieder ihren traditionellen Reigen. Im Gegensatz zu heute übernahm den Ausschank lange nur ein Festwirt. Der Bierausstoß war schon damals mit 469 Hektolitern ordentlich.

Im Jahr 1952 fiel die Bierwoche wegen einer Kinderlähmungsepidemie noch ein einziges Mal aus. Und seitdem wird in Kulmbach jedes Jahr das Bier gefeiert. Nach dem Abriss der EKU-Brauerei zog das Bierfest 1973 auf den heutigen Zentralparkplatz um. Wegen des Baus der Tiefgarage im Jahr 1980, die inzwischen dringend sanierte werden muss, wurde der Haupteingang des Bierstadls um 90 Grad gedreht.

Mit Biermarken, der besonderen Kulmbacher Währung, kann beim Fest seit den fünfziger Jahren bezahlt werden. „Die ersten Marken waren aus Blech“, erinnert sich Olbrich. Sie wurden ursprünglich als Zahlungsmittel an die Mitarbeiter der Brauereien verteilt. Bald wurden die Freibiermarken zur heiß gehandelten Ware. Die Mönchshofbräu habe ihre Marken im Vier-Jahres-Rhythmus herausgegeben, so Olbrich. „Wenn man welche übrig hatte, konnte man sie in vier Jahren wieder verwenden.“

Das Bier wird von Beginn an in Ein-Liter-Krügen ausgegeben. Die Besonderheit: Erst 1976 wurden die Tonkrüge durch Glaskrüge ersetzt. Weil diese ein beliebtes Andenken waren, kamen immer mehr im Laufe einer Bierfestwoche abhanden. Oder sie gingen kaputt: Im Jahr 1993 entstand deshalb ein Schaden in Höhe von 30 000 Mark. Als Gegenmaßnahme führte die Kulmbacher Brauerei ein Krugpfand ein.

Der Gerstensaft fließt mehr den je: Im Jahr 1987 meldeten die Bierfestorganisatoren einen Rekordausschank von 1700 Hektolitern. Der Bierpreis lag damals bei 5,80 Mark. Überboten wurde diese Menge noch im Jahr 1991, als 1710 Hektoliter in neun Tagen getrunken wurden. Weizen und Radler gab es lange Jahre nicht auf dem Fest, das dem reinen Biergenuss frönte. Alkoholfreies oder alkoholreduziertes Bier kam erst Ende der achtziger Jahre auf.

Von Anfang an kommen Regierungspräsidenten und Minister zur Bierwoche. Schauspieler Gustl Bayrhammer, Radsportler Dietrich Thurau und Modeschöpfer Heinz Oestergaard gehörten zu den Gästen. Und natürlich Kulmbachs prominentester Sohn, Thomas Gottschalk, dem 1987 die Kulmbacher Stadtmedaille verliehen wird.

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