Gemeinde verschickt dennoch Gebührenbescheide an Teil der Hausbesitzer 560 Wasseruhren nicht geeicht

Von Peter Engelbrecht
Dieter Sachs zeigt den Brief der Gemeindewerke Neuenmarkt zu den umstrittenen Wasserbescheiden. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Die Gemeindewerke Neuenmarkt haben nun an einen Teil der Hausbesitzer, deren Wasseruhren durch Versäumnisse der Kommune seit Jahren nicht geeicht waren, Gebührenbescheide verschickt. Betroffene bezeichnen das Vorgehen als „rechtswidrig“.

 
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Die Gemeindewerke hatten den Gebührenabrechnungen einen einseitigen Brief beigefügt, der unserer Zeitung vorliegt. Die nicht mehr geeichten Wasseruhren seien inzwischen ausgetauscht und zur Überprüfung an eine staatlich anerkannte Prüfstelle für Messgeräte für Wasser übersandt worden, hieß es in dem Schreiben an einen der Hausbesitzer, das keine Unterschrift trägt. Der konkrete Wasserzähler habe die „Befundprüfung bestanden“, der Prüfschein könne im Rathaus Neuenmarkt eingesehen werden.

Nun stehe einer Verwendung der Messwerte für das Erstellen des Gebührenbescheides vom 1. April 2015 bis 31. März 2016 nichts entgegen. „Abschließend dürfen wir uns nochmals bei Ihnen für das Versäumnis, den turnusgemäßen Austausch ihres Wasserzählers vornehmen zu lassen, sowie die dadurch verzögerte Gebührenabrechnung entschuldigen“, hieß es abschließend.

Zweiter Bürgermeister entschuldigt sich

Für Wasser, Abwasser und erneuerbare Energien in Neuenmarkt sind die Gemeindewerke zuständig. Der Vorsitzende des Werkausschusses ist Bürgermeister Siegfried Decker. Sowohl Decker als auch Verwaltungsleiter Sven Schirner befinden sich bis zum 20. Juni im Urlaub. Zweiter Bürgermeister Alexander Wunderlich bezifferte die Zahl der nicht geeichten Wasseruhren in der Gemeinde auf 560. Aktuell geprüft worden seien rund 130 Wasseruhren, gut 100 davon hätten die Prüfung bestanden. Bei einer Rücksprache habe das Landratsamt Kulmbach signalisiert, dass die Gebührenbescheide derjenigen Wasseruhren, die die Prüfung bestanden haben, auch Bestand hätten. „Die Uhren waren nicht geeicht, haben aber dennoch den Verbrauch korrekt angezeigt“, sagte Wunderlich. Für die Wasseruhren, die bei der Prüfung durchgefallen waren, gebe es derzeit keine Lösung. Wie lange es dauern werde, alle nicht geeichten Wasseruhren zu prüfen, sei unklar. Die Aufarbeitung der Angelegenheit liege in den Händen von Bürgermeister Decker. „Es hat mehrere Fehlerquellen gegeben“, räumte Wunderlich ein. Er sprach von einem Versäumnis, „ich entschuldige mich bei allen Betroffenen.“

Klage beim Verwaltungsgericht?

Dieter Sachs, dessen Wasseruhr 18 Jahre nicht geeicht war und inzwischen ausgetauscht wurde, sprach von einem eindeutigen Verstoß gegen das Mess- und Eichgesetz. Die Gemeinde verwende entgegen dessen Vorschriften die abgelesenen Werte der seit Jahren abgelaufenen Wasseruhren und begründe dies mit einer bestandenen Befundprüfung. Dabei handle die Gemeinde ordnungswidrig, lautete sein Vorwurf. Er und weitere Betroffene erwägen nun, die Gebührenbescheide durch das Verwaltungsgericht in Bayreuth überprüfen zu lassen.

Es komme immer wieder einmal vor, dass Messgeräte ungeeicht verwendet werden, was Auflagen und Ordnungswidrigkeitsverfahren nach sich ziehen könne, teilte das Bayerische Landesamt für Maß und Gewicht in München mit. Das Verwenden ungeeichter Messgeräte sei eine Ordnungswidrigkeit. Die Verantwortung für die Richtigkeit der Abrechnung der Wasserkosten trage das Versorgungsunternehmen. Im Eichrecht würden keine Regelungen über Einspruchsfristen von Abrechnungen getroffen. Dies müsse privatrechtlich geklärt werden. Um Missstände zu vermeiden, sollten sich Kommunen frühzeitig einen Überblick über die Wasserzähler und deren Eichfristen verschaffen und rechtzeitig den Zählerwechsel in die Wege zu leiten. Vom Landratsamt Kulmbach war gestern keine Stellungnahme zu erhalten.

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