Wortführer des Bürgerbegehrens von 2010: „Das rechne ich durch" 4,3 Millionen-Euro-Umgehung für den Berg

Von Christina Knorz
Bürgermeister Gerald Kolb zeigt den Plan für die Umgehungsstraße am Bindlacher Berg. Foto: Wittek Foto: red

Der Bindlacher Gemeinderat hat am Montagabend einstimmig für eine Umgehungsstraße am Bindlacher Berg gestimmt. Sie soll 4,3 Millionen Euro kosten. Im Herbst 2010 hatte ein Bürgerbegehren die Pläne für eine große Umgehungsstraße vom Tisch gewischt. Dennoch sieht Bürgermeister Gerald Kolb den Bau als Einlösen eines "Versprechens", das man den  Bürgern am Bindlacher Berg gegeben hatte.

 
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Alle Plätze waren besetzt. So viele Bürger waren in den letzten zwei Jahren zu keiner Gemeinderatssitzung gekommen. Die Möglichkeit sich während der Bürgerviertelstunde zu Wort zu melden, nahm jedoch keiner wahr. Hauptpunkt des Interesses: Tagesordnungspunkt vier, der Ausbau der Kreisstraße am Bindlacher Berg.

Bürgermeister Gerald Kolb gab den Ton der Aussprache vor. Es gehe darum, ein Versprechen einzulösen, das den Berg-Anwohnern in den 90ern gemacht worden sei – die Verkehrsberuhigung der Goldkronacher Straße. „Wenn wir die Umgehung vom Landkreis gefördert bekommen, sollten wir das den Bürgern unseres größten Ortsteils zugute kommen lassen."

Zwei Varianten lagen auf dem Tisch: Nach Variante 1 würde die Goldkronacher Straße als Kreisstraße saniert, also als Durchgangsstraße bestehen bleiben. Der Status als Kreisstraße schließe Verkehrsberuhigung aus, sagte Ingenieur Josef Wolf. Er bezifferte die Kosten für diese Variante auf 4,4 Millionen Euro. Teuer mache es vor allem die Erneuerung der Betonpiste. Die Straße besteht aus 30 Zentimeter dicken Betonplatten, Erbe des amerikanischen Stützpunkts am Berg.

Die Umgehung des Wohngebiets als Variante 2 rechnete Ingenieur Wolf mit 4,3 Millionen Euro. „Die Kalkulation ist keine Augenwischerei", sagte Bürgermeister Kolb. „Dass die beiden Varianten fast kostengleich sind, hat uns alle überrascht."

Fraktionsübergreifend sprachen sich alle Räte für die Umgehung aus. Auch die CSW stimmte für die Umgehung. Vor zweieinhalb Jahren hatten sich Werner Fuchs und Rosemarie Schmidt noch dagegen ausgesprochen. Seine Äußerungen von damals täten ihm nicht leid, sagte Werner Fuchs dem Kurier. „Wir sind keine aber Feinde des Berges." Jetzt unterstützen sie die Umgehung, da sich die Vorzeichen geändert hätten. Die Sanierung der Goldkronacher Straße durch das Gewerbegebiet werde jetzt gefördert und liege nicht allein bei der Gemeinde. „Das ist finanziell ein gravierender Unterschied", sagte Fuchs.

Für CSU-Fraktionsvorsitzenden Berthold Just ist die Umgehung die einzig sinnvolle Lösung. „Der Verkehr muss raus aus dem Wohngebiet." Schließlich sei die Verkehrsberuhigung seit Ende der 90er Jahre im Bebauungsplan vorgesehen. Just: „Den Bürgern versprochen ist versprochen."

Auch die Wahlgemeinschaft und Fraktionsgemeinschaft aus SPD und Bergliste stehen hinter der Umgehung. Das Wichtigste sei jedoch, dass die Bürger das Vorhaben verstünden, sagte Fraktionsvorsitzender Werner Hereth (SPD). „Wenn die Gemeinde jetzt nichts tut, kann uns das Landratsamt Auflagen zur Sanierung der Kreisstraße machen und dann haben wir überhaupt nichts mehr mitzubestimmen."

Einmütig sprachen sich auch die Vorsitzenden der sich einst widersprechenden Lager Bürgerverein Bindlacher Berg und Bergliste aus. "Die kleine Umgehungsstraße ist die bessere Lösung", sagten Roland Meier (Bergliste) und Manuel Teufel (Bürgerverein) auf Nachfrage. So bekomme das Gewerbegebiet eine ordentliche Anbindung und das Wohngebiet seine Verkehrsberuhigung. "Ich wünsche mir, dass die ehemaligen Gegner in sich gehen", sagte Meier. Sollte es zu einem zweiten Bürgerbegehren kommen und auch die kleine Umgehung abgelehnt werden, könne das für die Gemeinde teuer werden. "Die Goldkronacher Straße ist jetzt schon kaputt. Wenn wir die Sanierung hinauszögern, bleibt die Gemeinde hinterher alleine auf den Kosten sitzen. Jetzt wird das Projekt noch gefördert", sagte Teufel. "Wer das aufs Spiel setzt, schneidet der Gemeinde ins Fleisch."

Skeptisch verließ Werner Prietz die Gemeinderatssitzung. „Ich bin enttäuscht von den Gemeinderäten. Sie haben die Kosten nicht kritisch hinterfragt, sondern einfach hingenommen", sagte der Initiator des Bürgerbegehrens 2010 nach der Sitzung zum Kurier. Er wolle die Sache jetzt mal durchrechnen.

Das Landratsamt hatte von der Gemeinde eine Stellungnahme zur Sanierung der Kreisstraße gefordert. "Landrat Hermann Hübner kann die Fördermittel nur für 2014 absehen", sagte Bürgermeister Kolb. Um die Förderung sicher zu haben, müsste ein Antrag bis Anfang September eingereicht sein.

Zum Hintergrund: 80 Prozent der Bindlacher Wähler hatten sich beim Bürgerbegehren im Oktober 2010 gegen den Bau der Umgehungsstraße am Bindlacher Berg ausgesprochen. Damals stimmte man über die sogenannte große Umgehung ab, die sowohl das Wohn- als auch das Gewerbegebiet umfahren hätte. Die Umgehungsstraße hätte eine Länge von 2,9 Kilometern gehabt. Das Ingenieurbüro Wolf & Schneider bezifferte die Kosten damals auf rund 3,7 Millionen Euro. Die Gemeinde hätte davon 2,2 Millionen Euro selbst aufbringen müssen, 1,5 Millionen wären auf den Landkreis Bayreuth entfallen. Die Initiatoren des Bürgerbegehrens hatten mit der hohen Finanzlast und Naturschutzgründen argumentiert. Die Wahlbeteiligung lag bei 51,2 Prozent. 

Die Umgehung am Bindlacher Berg wird seit Mitte der 90er Jahre im Gemeinderat diskutiert, als man den Umbau des Bergs plante. 1992 waren die amerikanischen Truppen abgezogen und das ehemalige Sondergebiet wieder an die Gemeinde zurückgefallen. Die Verkehrsberuhigung der Goldkronacher Straße ist im Bebauungsplan von 1999 bereits vorgesehen. Die jetzt diskutierte kleine Umgehungsstraße wurde bereits 2001/2002 in den  Flächennutzungsplan aufgenommen.

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