Stadtteil Glocke bekommt neue Siedlung: Die Reaktionen liegen zwischen Begeisterung und Skepsis 300 neue Wohnungen für Bayreuth

Von Frank Schmälzle
Die Gebäude der Spedition Wedlich werden bereits abgerissen: Sie machen Platz für ein neues Wohngebiet. Foto: Andreas Harbach Foto: red

300 neue Wohnungen für Bayreuth: Auf dem ehemaligen Firmengelände der Spedition Wedlich in der Glocke entsteht ein neues Wohngebiet. Der Bauausschuss hat jetzt die Weichen dafür gestellt, dass voraussichtlich ab Jahresbeginn 2017 gebaut werden kann. Im Rathaus rechnet man mit einer Bauzeit von knapp zwei Jahren. Aber: Ist die Planung überdimensioniert? Setzt sie sich über Interessen der Bürger hinweg?

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Die Begeisterung:CSU-Stadtrat Harald Rehm ist begeistert: 300 zusätzliche Wohnungen auf einer Fläche von 5,2 Hektar – „das tut der Stadt gut“. Über die Hälfte der Wohnungen werden zwei Zimmer haben, sagt Baureferent Hans-Dieter Striedl. Denn die seien auf dem Bayreuther Wohnungsmarkt am besten unterzubringen. Aber: Es gibt auch 17 Vier-Zimmer-Wohnungen für Familien. Unter der Wohnanlage mit viergeschossigen Gebäuden an den Außenseiten und dreigeschossigen im Inneren, ist eine Tiefgarage geplant. Auch im Plan: Grünanlagen und Reihenhäuser. Striedl spricht von einer „relativ hohen Verdichtung“. Die Stadt geht mit dieser Planung über die sonst übliche Grundstücksausnutzung hinaus.

Auch wenn im Bauausschuss niemand grundsätzlich gegen das Bauvorhaben der Düsseldorfer Gerch Group spricht. Rehms Begeisterung teilen nicht alle. Widerstand regt sich aus der Verwaltung selbst. „Das Umweltamt ist nach wie vor der Auffassung, dass die Ausweisung eines allgemeinen Wohngebietes in dem weitgehend von Gewerbegebiets- und Industriegebietsflächen umschlossenen Bereich problematisch und nicht sinnvoll ist“ , heißt es in den Stellungnahmen, die bei der öffentlichen Auslegung der Pläne zusammen kamen. Das größte Problem: der Lärmschutz. „Das kriegen wir in den Griff“, sagt Stadtbaureferent Striedl. In zwei Schritten: Wenn das benachbarte Gelände der abgebrannten Gießerei Burkhardt wieder genutzt wird, will die Stadt in dessen südlichem Teil nur sogenannte nicht störende Betriebe zu lassen. Und: „Wir muten diesem Gebiet eine um drei Dezibel höhere Lärmbelastung zu, als sie für ein normales Wohngebiet gilt.“ Damit bleibe die Stadt aber immer noch um zwei Dezibel unter dem Richtwert, der für Mischgebiete gilt. Auch in Mischgebieten ist Wohnen zulässig. Zum Vergleich: Nach Angaben des Bundesumweltministerium empfinden Menschen zehn Dezibel mehr als eine Verdopplung der Lautstärke.

 

Die Skepsis: So recht kann es sich SPD-Fraktionsvorsitzender Thomas Bauske noch nicht vorstellen. Auf der einen Seite sind 300 Wohnungen ohne Zweifel ein Fortschritt. „Aber auf der anderen Seite ist das viel Wohnraum auf wenig Fläche. Man muss abwarten, wie das wirkt.“ Er drängt darauf, dass eine Empfehlung der Stadtverwaltung an den Bauherrn zur Auflage wird. Die Flachdächer müssen begrünt werden, sagt Bauske. Und bekommt dafür eine Mehrheit im Bauausschuss. Auch weil er darauf hinweist, dass begrünte Dächer dabei helfen, Niederschlagswasser zurückzuhalten. Die gesamte Entwässerung soll mit Kanälen auf dem Grundstück selbst stattfinden, ein zunächst geplantes Regenrückhaltebecken kommt nicht.

Mit seinem zweiten Kritikpunkt setzt sich Bauske allerdings nicht durch. Ein Anwohner hatte die Stadt aufgefordert, die Planung zu ändern, damit alte und stadtbildprägende Bäume stehen bleiben können. Er schreibt an die Verwaltung: „Diese Bäume stellen für uns eine gewisse Lebensqualität dar.“ Baureferent Striedl sagt: Es geht nicht anders, die Bäume müssen weg. Aber dafür gibt es Ersatzpflanzungen in dem neuen Wohngebiet. Und: Unter dem Strich gewinne die Umwelt, weil jetzt versiegelte Flächen wieder grün werden. „Übrigens – was die Dichte des neuen Baugebietes angeht: Gleich nebenan in der Hölderlinanlage sind die Häuser noch höher und stehen mindestens ebenso dicht aneinander, sagt Striedl. „Es ist schade, dass über Einwände von Bürgern einfach so hinweg gegangen wird“, sagt Bauske. „Tun wir nicht“, antwortet Striedl.

Das Ergebnis: Trotz der Meinungsverschiedenheiten über Bäume und Baudichte: Der Änderung des Bebauungsplanes haben alle Mitglieder des Bauausschusses nach ihrer Beratung am Dienstag zugestimmt. Mit der Maßgabe, dass die Flachdächer begrünt werden müssen. Ob es dabei bleibt, muss jetzt noch der Stadtrat entscheiden.

Bilder