16-jähriges Talent auf zwei Rädern

Von Andreas Gewinner

Als Nicolai Widmann vor fünf Jahren bei der Trial-WM die tollkühnen Männer mit ihren wilden Zweirädern sah, wie sie meterhohe Wände hochsprangen, steile Hindernisse überwanden, ohne die Balance zu verlieren, da stand für ihn fest: "Das will ich auch mal ausprobieren." Heute gehört er zu den Ausnahmetalenten im Trialsport im MSC Gefrees und ist Deutscher Jugendcup-Meister.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Der 16-Jährige wirkt drahtig, fokussiert, zielbewusst. Einer, der weiß, was er will. Trialfahren ist kein Mannschaftssport. "Man ist auf sich selber angewiesen", stellt Nicolai sachlich fest. Ein junger Mann und seine 125er in unbekanntem Gelände, im Wettkampf nie wissend, was für ein Hindernis hinter der nächsten Kurve, hinter dem nächsten Baum lauert. "Das Geile an dem Sport ist das Adrenalin", sagt Nicolai.

Die Familie steht hinter ihm

Mit zwölf Jahren hat er mit dem Sport angefangen, "ziemlich spät", wie er selbst sagt. Sein Bruder ist auch Trial gefahren, sein Vater ist begeisterter Motorradfahrer. Und sein Großonkel, nebenbei bemerkt, der bekannte Bayreuther Festwirt. Die Familie unterstützt ihn. Mit Geld. Trial fahren ist kein billiger Sport. Nicolai hat zwei Motorräder (eine 125er, eine 300er), die Schutzausrüstung - darunter Rücken- und Knieprotektoren - kostet. Seine Familie unterstützt ihn mit Zeit. Wenn es in der Saison jedes zweite Wochenende auf einen Wettkampf oder auf einen Lehrgang geht. Freitags gleich nach der Schule los, erst am Sonntagabend wieder daheim.

Nicolai trainiert drei- bis viermal in der Woche zwei bis drei Stunden. Dazu kommen zwei bis drei Stunden je Woche Wartung der Maschine (waschen, Vergaser zerlegen, Vergaser zusammenbauen). Und Joggen für die körperliche Fitness. Trialfahrer sitzen nicht auf ihrem Motorrad, sie stehen die allermeiste Zeit. "Es sieht von außen nicht anstregend aus, aber man braucht Kondition." Und rasche Auffassungsgabe. Denn die Strecke und damit die Hindernisse sind unbekannt. Anhalten und lange überlegen geht nicht. Man braucht Körpergefühl. Ein guter Trialfahrer kann seine Maschine im Stand in der Balance halten. Die Füße auf dem Boden geben Punktabzug. Muss ein guter Trialfahrer in steilem Gelände doch mal rückwärts absteigen, landet er wie eine Katze auf den Füßen. Ganz ohne Verletzungen geht es trotzdem nicht. "Schürfwunden hatte ich schon, und dieses Jahr musste eine Wunde am Bein genäht werden", erzählt Nicolai, aber einen ernsten Unfall hatte er noch nicht.

Runterschalten für die Schule

Doch es gibt auch noch ein Leben abseits des Sports. Nicolai hat eine Freundin. Sie wusste von Anfang von seinem Hobby und wie wichtig es ihm ist. Nicolai besucht die Jacob-Ellrod-Realschule. Und macht dieses Jahr seinen Abschluss. "Da musste ich ein bisschen runterschalten mit dem Sport. Nach den Prüfungen wird wieder durchgestartet", sagt Nicolai. Er bezeichnet sich als "Zweier-Schüler", ist zufrieden mit seinen Noten. Und hat auch für die Zeit nach der Schule klare Ziele: Fachabitur an der FOS in Bayreuth, dann zur Polizei. "Und ich möchte den Sport so lange machen, wie es geht."

Uwe Liebig ist seit vielen Jahren Vorsitzender von Nicolais Heimatverein, dem MSC Gefrees. Er hat viele, auch Erfolg versprechende Trialfahrer kommen und gehen sehen. Die Fluktuation ist hoch. "Wenn alle, die wir in den letzten 20 Jahren großgezogen  haben, noch fahren würden, hätten wir rund 30 Fahrer", seufzt Liebig. Nicolai Widmann ist für ihn eine Ausnahmeerscheinung: "Er ist von Haus aus ein großes Talent. Und er hat Ehrgeiz und Trainingsfleiß. Das haben wir in der Kombination und Konsequenz in den letzten Jahren nicht gehabt."

Nicolai Widmann und viele weitere Trialfahrer kann man am 28./29. Mai im Rahmen der Trial-WM in Gefrees anslässlich des 650-jährigen Stadtjubiläums in Aktion erleben. Mehr Infos gibt es hier

Bilder