Was passiert, wenn sich die Kripo für einen Rauschgiftfall neun Monate Zeit nehmen kann 1,5 Kilo Crystal für Kulmbach

Von Manfred Scherer
Drei Männer aus dem Raum Kulmbach stehen wegen Drogenschmuggels vor dem Landgericht in Bayreuth. Foto: Archiv, dpa Foto: red

Kein normaler Crystal-Speed-Prozess am Landgericht seit Montag: Es geht um die Menge von eineinhalb Kilo, die ein Kulmbacher (26) aus Tschechien einführte. Der Prozess zeigt, was passiert, wenn die Kripo mit Spezialaufgaben, die KPI/Z, sich eines Falls annimmt - und dabei auch ein wenig Glück hat. 

 
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Das passiert: Die Kripo fasst zwei mutmaßliche Geldgeber, einen 32-jährigen Kulmbacher und einen 38-Jährigen aus einem Ort im Landkreis. Auf das Trio kam die Polizei im April vergangenen Jahres nach der Festnahme einer Frau. Dogenverdacht. Die Kulmbacherin packte aus, verriet ihren Lieferanten. Der wiederum wurde in Verbindung gebracht mit dem 32-Jährigen. Er handelte angeblich in großem Stil mit Crystal, der gefährlichen Aufputschdroge aus Tschechien. Der Mann war polizeibekannt. Der Raum Kulmbach sei "sein Land".

Smiley-Aufkleber auf dem Drogenversteck

Woher kamen die Drogen des 32-Jährigen? Die KPI/Z-Beamten nannten ihren Fall "Road Runner". Der Name sollte passen, denn der 32-Jährige schien nicht zu fassen. Er wurde überwacht, sein Telefon angezapft. Der Mann verhielt sich konspirativ. Er deponierte Rauschgift für seine Abnehmer an öffentlichen Orten, Parkbänken, Spielplätzen, ließ es mal im nicht versperrten Auto liegen. Oder Kunden durften es sich aus einer Tupperbox mit einem Smiley-Aufkleber in seiner Garage holen. Seine Abnehmer, so ein Kriminalhauptkommissar der KPI/Z als Zeuge vor Gericht, war ein kleiner, ausgesuchter Personenkreis. Die Zahlungen für das Crystal wurden in Briefkuverts gesteckt und in den Briefkasten an der Wohnung der Eltern hinterlegt. 

Kommissar Zufall hilft den Fahndern

Anfang Oktober 2014 endlich eine heiße Spur: In der Überwachung der Fahnder tauchte der 26-Jährige als Kontaktmann des 32-Jährigen auf. Der Mann war bis dahin ein unbeschriebenes Blatt. Wenig später kam der dritte Mann ins Spiel, als der 32-Jährige sich mit ihm konspirativ trifft - mutmaßlich zu einer Drogenübergabe. Am 22. Oktober 2014 half der KPI/Z dann der Kommissar Zufall: Der 26-Jährige rief auf der Rückfahrt von einer Fahrt nach Tschechien seine Mutter an. Und die KPI/Z-Abhörspezialisten spitzen die Ohren und grinsten, als sie hörten, wie die Mutter sich bei ihrem Sohn darüber beschwerte, dass er schon wieder den Familienwagen der Eltern benutzte, anstatt seinen - viel auffälligeren - Audi A 6. Sowohl der Familienwagen als auch der Audi bekamen versteckte Sender.

Wie das Projekt "Road Runner" ins Ziel kam

Das Projekt "Road Runner" ist am 10. Januar 2015 im Ziel: Der 26-Jährige kommt aus Tschechien zurück, mit 150 Gramm Crystal im Gepäck. Der Drogenhund findet es unter einer Ablage in der Mittelkonsole. Den 38-Jährigen locken die KPI/Z-Beamten mit dem Auto und dem Handy des ersten Verdächtigen an - auch er wird festgenommen. Und auch der 32-Jährige.

Einer macht den Kronzeugen, ein anderer fühlt sich reingeritten

Der Drogenkurier packte aus: Er gestand zwölf Fälle des Schmuggels zwischen Januar 2013 und  Januar 2015, nannte eine Gesamtmenge von 1,5 Kilo. Von neun der Fahrten wusste die Kripo nichts - dafür kriegt der Mann sicher Kronzeugenvergünstigungen. Der 26-Jährige belastete aber auch die Mitangeklagten als Mittäter und Geldgeber.

Und hier beginnen die Probleme für das Gericht unter Vorsitz von Michael Eckstein. Nicht so sehr im Fall des 32-Jährigen, der gesteht, nur die eigenen Ankaufsmengen etwas schönt und dem 26-Jährigen unterstellt, er habe weit mehr eingekauft und andere Abnehmer nicht verraten. Im Fall des 38-jährigen Angeklagten wird es strittig: Dessen Verteidiger Alexander Schmidtgall wendet sich vehement gegen den Vorwurf des  Schmuggels und des Drogenhandels. Sein Mandant will immer auf Kommission bezogen haben und nicht verkauft haben. Der 38-Jährige zahlte mit Crystal für Gefälligkeiten. Er hat keinen Führerschein, musste jeden Tag zur Arbeit gefahren werden. Er lud seine Freunde zum Drogenkonsum ein und will nichts verlangt haben. Unterstützung bekam der 38-Jährige von dem 32-Jährigen: Man habe sich nicht gekannt, der 38-Jährige habe nicht konkret gewusst, woher die Drogen kamen.

Übrigens: Alle drei Angeklagten reklamieren, selbst süchtig zu sein und gedealt zu haben, um ihre Sucht zu finanzieren.

Der Prozess wird am Freitag fortgesetzt.