Integrationsbetrieb arbeitet als Essensversorger im Raum Kulmbach und Bayreuth 1200 Mahlzeiten von der Küche auf den Tisch

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Was einst in den Küchen eines Kinderheims und eines Altenheims begann, hat sich zu einer Großküche für Gemeinschaftsverpflegung entwickelt. Unter dem Motto „Täglich Gutes essen" werden heute Seniorenwohnheime, Schulen, Kindergärten und Kinderhorte sowie der Dienst Essen auf Rädern täglich mit 1200 Essen aus Kulmbach versorgt.

 
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Die Kunden, deren Hunger es zu stillen gilt, sind aus Kulmbach, aus Bayreuth – Graserschule, Herzoghöhe, Realschule II, Heilpädagogisches Zentrum – und aus Hollfeld (Gesamtschule). Die Werkstätten für Menschen mit Behinderung im Kulmbacher Stadtteil Melkendorf und in Bayreuth werden ab Februar beliefert. Da die Essensbestellungen immer mehr wurden, stießen die Küchen an ihre Kapazitätsgrenzen, schildert der Geschäftsführende Vorstand der Diakonie Kulmbach, Karl-Heinz Kuch im Gespräch mit dem Kurier. Die Räume waren zu klein, die Hygienestandards überholt. Eine Erweiterung war dringend notwendig. Bis es soweit war, vergingen gut fünf Jahre.

Im Jahr 2012 wurde schließlich die Diako Oberfranken GmbH gegründet, die nun die neue Großküche als Integrationsbetrieb betreibt. Dahinter stehen die Diakonie Bayreuth und ihre Werkstätten, die Diakonie Kulmbach und die Geschwister-Gummi-Stiftung. In der Menüfaktur sind seit einem Vierteljahr 26 Mitarbeiter beschäftigt, darunter zehn Menschen mit Beeinträchtigungen. Von außen sieht das hellgrüne Flachdachgebäude wie eine gewöhnliche Produktionshalle aus. Funktional eingerichtet ist das fabrikähnliche Gebäude auch im Inneren.

Kuch und die Betriebsleiterin Logistik, Marina Lofink, zeigen den Wareneingang und das Trockenlager und die mit schweren Türen verschlossenen Kühlräume. Der Mensch nimmt einen anderen Weg als die Ware: Der Mensch muss durch eine Hygieneschleuse, setzt sich einen Kopfschutz auf und zieht sich einen Kittel an. Erst dann darf er dahin, wo er mit Lebensmitteln in Berührung kommen könnte. Wenig erinnert an eine Küche, eher sieht es aus wie in einem Labor. Das Prinzip, nach dem hier gearbeitet wird, heißt „cook and chill": „Früher musste das Essen beim Kunden warm ankommen. Es wurde sehr heiß abgefüllt und stand länger. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung empfiehlt aber keine längeren Standzeiten", erläutert Kuch. Daher wird das Essen der Menüfaktur nach der Zubereitung auf zwei Grad heruntergekühlt. Der Vorteil dieser Methode: Vitamine, Farbe und Konsistenz bleiben erhalten. Die Mahlzeiten werden später erst beim Kunden erhitzt und gegart. „Das bietet uns vielfältige Möglichkeiten", sagt Kuch. „Wir können so etwas kochen, das teils erst am übernächsten Tag gegessen wird." Das so zubereitete und überwiegend kalt ausgelieferte Essen ist bis zu 96 Stunden haltbar.

Thomas Günther, Betriebsleiter Produktion, erklärt, warum planvolles Arbeiten so wichtig ist: „Wir haben fünf Produktionstage, an denen wir für sieben Tage Essen zubereiten müssen." Und das will gut organisiert sein. So wird am Montag gekocht, was am Mittwoch oder Donnerstag gegessen wird. Oder am Dienstag schon das Matjes zubereitet, das am Freitag auf dem Esstisch stehen soll. Das nimmt den Zeitdruck und entzerrt die Arbeitsschritte.

Die Gemeinschaftsverpflegung aus Kulmbach ist beliebt. Vielleicht, weil sie eben nicht nach Großküche schmeckt. „Die Brühe setzen wir selbst an", sagt Thomas Günther dazu, „und die Soßen machen wir auch selbst." Der Italiener Conte Sante ist der Mann für den Geschmack. Der Koch war früher im Golf-Club in Thurnau beschäftigt. „Wir legen Wert auf qualitativ gutes Essen", beschreibt Kuch die Strategie des Betriebes. „Das bedeutet, dass wir zum Beispiel bei den Zutaten genau hinschauen." Die sollen frisch und möglichst aus der Region sein. So kommen die Kartoffeln aus Hof und das Gemüse aus Bamberg.

Riesige Mengen werden eingekauft und verarbeitet. „Wir hatten durchaus einige Anlaufschwierigkeiten", gibt Kuch zu. Der logistische Aufwand sei gewaltig. „Doch inzwischen haben wir das ganz gut im Griff." Die Software für die Bestellungen arbeitet nun so, wie es sein soll. Was wohin geht, das weiß die Mitarbeiterin am besten, die nach der Portionierung die Etiketten auf die Behälter klebt. „Dabei sollte möglichst wenig schief gehen", sagt Thomas Günther. Zwei Kühllastwagen bringen das Essen einen Tag vorher. Sollte ein Fahrer sich mal verspäten oder eine Panne haben, ist die Auslieferung so nicht gefährdet. Die Transporteure bringen die leeren Behälter wieder mit, laden sie ab und Helfer räumen sie in die Geschirrspülanlage. Wer von den hier arbeitenden Menschen beeinträchtigt sein könnte, ist von außen nicht sichtbar. Und das sei gut so, findet Kuch.

Um den Integrationsbetrieb zu gründen, wurden zwei Millionen Euro investiert. Die GmbH erhält von vielen Seiten finanzielle Unterstützung. Der gemeinnützige Betrieb darf keinen Gewinn erarbeiten. „Man kann eine Großküche auch liebevoll betreiben", ist Kuch überzeugt. Das Grundstück umfasst 1200 Quadratmeter. „Der Strom wird durch Solarzellen auf dem Dach der Halle und des Carports selbst produziert", sagt Marina Lofink. Die Kunden werden regelmäßig befragt und dürfen ihre Vorschläge einbringen. Damit ihnen das, was täglich auf den Tisch kommt, noch besser schmeckt.

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