Zwölfjähriger Karateka träumt von Olympia

Von Sonny Adam
Kushein Abbas lernt Karate seit er sieben Jahre alt ist. Der Junge aus einer Asylbewerberfamilie besitzt großes Talent, das sein Trainer Henry Landeck fördert. Zwei bayerische Titel hat Kushein schon geholt - jetzt warten die Deutschen Meisterschaften auf ihn. Foto: Sonny Adam Foto: red

Ein zwölf Jahre alter Asylbewerber kämpft sich durchs Leben: Khusein Abbas trainiert seit zwei Jahren im Karatezentrum Kulmbach – und ist so gut, dass er im Frühling sogar bei den Deutschen Meisterschaften antreten will. Doch das reicht ihm noch nicht.

 
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Abends, wenn andere Kinder in seinem Alter vor dem Fernseher sitzen oder Klassenkameraden Whatsapp-Nachrichten schicken, macht sich der zwölfjährige Khusein Abbas auf den Weg von Neuenmarkt nach Kulmbach. Im Winter, wenn es um diese Zeit schon dunkel ist, begleitet ihn seine Mutteer Svetlana. Im Sommer fährt er alleine mit dem Zug zum Bahnhof und läuft dann ins Karatezentrum in der E.C.-Baumann-Straße, im Winter begleitet ihn seine Mutter Svetlana und wartet neben dem Trainingsraum solange, bis er mit dem Training fertig ist. Angst hat der Zwölfjährige nicht. Er kann ja Karate.

Training unter lauter Schwarzgurten

Voller Begeisterung zieht Khusein Abbas zwei Mal pro Woche den weißen Karateanzug über. „Da hinten ist er“, lacht Mutter Svetlana stolz und schaut durch ein Glasfenster in den Trainingsraum. Khusein Abbas ist mit Abstand der Kleinste und der Jüngste. Denn er trainiert in der Erwachsenengruppe – mit lauter Schwarzgurten. „Er will gut werden“, sagt seine Mutter. Sie kennt den Ehrgeiz ihres Sprösslings.

Zwei Meistertitel auf Landesebene

Doch Khusein Abbas hat in den zwei Jahren, in denen er in Deutschland ist, schon beachtliche Erfolge eingeheimst. Er hat zwei Bayerische Meistertitel geholt. Und er hat so gut Deutsch gelernt, dass er von der Mittelschule Neuenmarkt-Wirsberg direkt ans Markgraf-Georg-Friedrich-Gymnasium gewechselt ist. „In der Schule geht es ganz gut. Ich habe Einser, Zweier und Dreier – keine anderen Noten“, sagt Khusein Abbas.

Der Zwölfjährige ist fest entschlossen, in Deutschland einer von den ganz Guten zu werden. Nicht nur schulisch, sondern überhaupt. Ehrgeiz ist für ihn selbstverständlich. „Ich habe jetzt den zweiten braunen Gurt, es gibt drei braune“, erklärt Khusein Abbas. Zwei Mal pro Woche trainiert er im Karatenzentrum von Henry Landeck in Kulmbach. Doch bis er selbst den schwarzen Gurt absolvieren kann, das wird noch etwas dauern. Denn frühestens mit 16 Jahren kann man den schwarzen Gürtel bekommen. Vorher nicht – egal, welche Leistung man bringt.

Im Alter von sieben Jahren angefangen

Schon in der Ukraine hat er mit Karate angefangen. „In der Ukraine habe ich drei Mal pro Woche trainiert – immer zweieinhalb Stunden. Und da war ich erst sieben Jahre“, erzählt Khusein Abbas. Dass er ohne Deutsch zu können in Kulmbach gleich mittrainieren konnte, liegt daran, dass alle Kommandos auf Japanisch gegeben werden. Das Training hat Khusein sogar geholfen, sich zu integrieren. „Wir betreiben das original japanische Shotokan Karate – in der Ukraine hat Khusein Abbas einen ähnlichen Stil gelernt“, sagt Trainer Henry Landeck. Landeck ist stolz auf den zwölfjährigen Asylbewerber. „Er hat wirklich Talent“, sagt Landeck.

2016 Start bei den Deutschen Meisterschaften

Tatsächlich trainiert Khusein Abbas schon seit letztem Jahr im Bayerischen Landeskader. „Im Frühling möchte ich bei den Deutschen Meisterschaften kämpfen“, sagt Khusein Abbas selbstbewusst. Nur fünf oder sechs Karatekämpfer dürfen mitfahren. Der Zwölfjährige ist einer davon. Der Traum, den Khusein Abbas träumt, geht allerdings noch weiter. „Ich würde so gerne 2020 bei Olympia mitmachen. Dann wäre ich 18 Jahre“, sagt er und hofft, für Deutschland starten zu können.

Eine Entscheidung über den Asylantrag der Familie steht allerdings noch aus. Seine Mutter Svetlana, eine Ukrainerin, kam mit vier Kindern – Khusein ist der jüngste – alleine nach Deutschland. Sie hat sich von Khuseins Vater, einem Araber, getrennt. Zuletzt lebte die Familie in Jemen. Vor dem Bürgerkrieg in der Ukraine floh die Familie in die Bundesrepublik.

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