Zugverkehr Oberfrankens Bahnhöfe selten barrierefrei

Christopher Michael
Am Bahnhof Marktredwitz können Reisende die beiden mittleren Bahnsteige nur per Treppe erreichen. Foto: imago stock&people

Viele Bahnhalte in der Region weisen noch großen Nachholbedarf auf in Sachen ebenerdigem Zugang zu Bahnsteigen. Besonders im östlichen Teil des Regierungsbezirks ist an vielen Bahnhöfen nur das äußerste Gleis ohne Treppen zu erreichen. Der Sozialverband VdK übt Kritik.

 
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In Bayern sind nicht einmal die Hälfte aller Bahnhöfe barrierefrei. Mitunter sind nur einzelne Bahnsteige per Aufzug erreichbar, in vielen Fällen – vor allem auf den oberfränkischen Bahnstrecken – ist nur das erste Bahngleis direkt am Bahnhofsgebäude ebenerdig: Für Menschen mit eingeschränkter Mobilität eine schwierige Situation. Ein detaillierter Blick auf die Stationsdatenbank der Bayerischen Eisenbahngesellschaft offenbart für die Bahnhöfe der Region eine schlechte Bilanz, was die Barrierefreiheit angeht.

Auf einer Zugfahrt vom Hofer zum Nürnberger Hauptbahnhof kommen die Züge an 29 Bahnhöfen – ob groß, ob klein – vorbei. Nicht an jedem halten die Triebwagen auch an. Manche sind reine Bedarfshalte, andere – wie viele rund um Nürnberg – werden von der dortigen S-Bahn angefahren. Vollständig barrierefrei sind nur die wenigsten von ihnen. Selbst wenn man auf die reine Regionalexpressverbindung mit offiziellen Halten in Marktredwitz, Kirchenlaibach, Pegnitz und Neuhaus blickt, ist das Bild erschreckend. Nur an Start und Ende der Reise können Menschen mit eingeschränkter Mobilität sicher sein, ohne Probleme ihren Zug zu erreichen. Auch der Bayreuther Hauptbahnhof zeigt sich, was Barrierefreiheit angeht, von seiner guten Seite.

Ganz im Gegensatz zu wichtigen Umsteigebahnhöfen in Ost-Oberfranken wie etwa Kirchenlaibach, an dem Reisende aus Marktredwitz auf ihrem Weg nach Bayreuth mitunter umsteigen müssen, oder Neuenmarkt-Wirsberg, der für Bahnfahrer aus dem Landkreis Hof auf ihrem weiteren Weg wichtig ist. Dort sind die Bahnsteige abseits des Bahnhofsgebäudes ebenfalls nur über Treppen zu erreichen. Etwas besser gestaltet sich die Situation im westlichen Oberfranken und den Haßbergen in Unterfranken. Zwischen Ebern und Bamberg gibt es dank eines eingleisigen Betriebs keine Probleme mit der Barrierefreiheit. Und auch die großen Bahnhöfe in Coburg und Lichtenfels sind durchgängig mit Aufzügen für jeden Bahnsteig ausgestattet. Kleine Bahnhöfe wie etwa der in Bad Rodach gewähren laut Stationsdatenbank zumindest einen ebenerdigen Zugang zum Bahnsteig.

Insgesamt gibt es in Bayern 1066 Bahnhöfe und Haltepunkte. Mehr als 500 von ihnen sind nach Angaben des Bauministeriums bereits barrierefrei. Im vergangenen Jahr wurden nach Angaben des bayerischen Verkehrsministeriums 14 Bahnhöfe im Freistaat entsprechend umgebaut, zum Beispiel der im mittelfränkischen Ansbach. In diesem Jahr sollen etwa 30 weitere fertiggestellt werden. Betroffenen geht das jedoch nicht schnell genug.

„Der Ausbau der Bahnhöfe und Haltepunkte ist insgesamt in Bayern sehr spät in Angriff genommen worden und geht weiterhin nur schleppend voran“, kritisiert die Landesvorsitzende des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher.

Mehr als 1,93 Millionen Menschen mit Behinderungen leben nach VdK-Angaben in Bayern, das sind fast 15 Prozent der Bevölkerung (Stand: 2021). Und nicht nur die profitierten von Bahnhöfen mit Fahrstühlen, gut ausgeschilderten Wegen und modernen Toiletten, sagt sie. Ein barrierefreier Bahnhof biete allen Fahrgästen mehr Komfort.

An rechtlichen Grundlagen fehlt es der Interessenvertretung „Selbstbestimmt Leben“ in Deutschland zufolge nicht für den barrierefreien Ausbau des Nah- und Fernverkehrs. Was fehle seien die finanziellen Mittel, deshalb gehe alles nur langsam voran, sagt der Sprecher des Vereins für Barrierefreiheit, Markus Ertl.

„Wegen der Kosten verweisen Deutsche Bahn und bayerische Staatsregierung oft wechselseitig aufeinander, was immer zu Verzögerungen führt“, sagt VdK-Expertin Mascher. Ein weiteres Problem seien die unterschiedlichen Bahnsteighöhen. „Leider passen die Zugtypen oft mit den Bahnsteigtypen nicht zusammen.“ Es sei länderübergreifend versäumt worden, einen gemeinsamen Standard zu schaffen, kritisiert sie diesen Umstand.

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