Auswirkungen auf den Bereich Kunststoff bei Scherdel hat die Übernahme nicht. „Da bleibt alles, wie es ist. Wir wollen diese Abteilung möglichst nah an die Produktion angedockt lassen“, sagt Bach. Auch die Beschäftigten bei Wiesauplast müssen sich laut dem geschäftsführenden Gesellschafter keine Sorgen machen. Im Gegenteil: „Wir werden den bestehenden Kundenstamm und das aktuelle Teileportfolio von Wiesauplast nicht etwa vernachlässigen, sondern weiter ausbauen.“
Die Geschäftsführung von „Scherdel-Wiesauplast“, so der künftige Name, übernimmt Wolfgang Beer. Er wohnt in Wiesau und hat bislang das Strategieprojekt Kunststoff-Metall in der Scherdel-Gruppe geleitet. Zuvor war er unter anderem bei Wiesauplast in leitenden Positionen tätig. „Wiesauplast wird innerhalb der Scherdel-Gruppe als Kunststoff-Technologie-Center und Leitwerk fungieren“, sagt er laut der Pressemitteilung.
Win-win-Situation
Auch Beer sieht in der Unternehmensübernahme für beide Seiten große Vorteile. „Mit dem Zusammenschluss baut die Scherdel-Gruppe ihre Kompetenzen im Bereich Kunststoff deutlich aus. Und Wiesauplast profitiert von der internationalen Ausrichtung, von den neuen Marktzugängen und der Finanzkraft von Scherdel.“
Wie viel Scherdel in die Übernahme von Wiesauplast investiert hat, wollte Bach auf Nachfrage nicht mitteilen. Wie berichtet, hat das Marktredwitzer Unternehmen erst vor wenigen Tagen ein vier Hektar großes Grundstück im neuen interkommunalen Gewerbegebiet Plärrer zwischen Thiersheim und Wunsiedel übernommen. Für Scherdel ist dies eine Optionsfläche für den Fall, dass schnell weitere Produktionskapazitäten aufgebaut werden müssen. Der Frankenpost sagte der geschäftsführende Gesellschafter Marcus Bach, dass die Scherdel-Gruppe immer wieder größere Projektanfragen von Kunden erhalte. Um dann handlungsfähig zu sein, habe sich das Unternehmen die Fläche gesichert.
Mehr als 6500 Mitarbeiter
Die Scherdel-Gruppe ist ein Marktredwitzer Familienunternehmen mit mehr als 130-jähriger Tradition in vierter Generation. Mit mehr als 6000 Mitarbeitern erwirtschaftet Scherdel mit 42 produzierenden Werken an 32 Standorten in zwölf Ländern einen Umsatz von rund 700 Millionen Euro. In den Geschäftsbereichen Automotive, Pharma und Industrie ist das oberfränkische Unternehmen in der Metallumformung, der Fügetechnik, der Baugruppenmontage, im Maschinen- und Werkzeugbau sowie in der Oberflächentechnik, der Forschung und Produktentwicklung tätig. Scherdel ist ein sogenannter Hidden Champion und gilt bei verschiedenen dynamisch hoch beanspruchten Federn als Weltmarktführer.
Wiesauplast wurde 1958 gegründet und gehört seit 1997 zur Indus Holding AG in Bergisch Gladbach. Mit gut 500 Mitarbeitern erwirtschaftet das Unternehmen aktuell einen Umsatz von rund 50 Millionen Euro im Jahr. Neben dem Hauptsitz in Wiesau gehören ein Produktionsstandort in San José Iturbide in Mexiko, die ebenfalls in Wiesau ansässige Elektronikfertigung MID-TRONIC und ein Vertriebsbüro in Detroit/USA zur Wiesauplast-Gruppe. Es werden hochpräzise technische Kunststoffteile vorwiegend für die Automobilindustrie gefertigt, ebenso ist ein leistungsfähiger Formenbau integriert.
Laut einer Mitteilung von Scherdel war auch die regionale Nähe zwischen Marktredwitz und Wiesau, aber auch in Mexiko, wo das Wiesauplast-Werk nur zweieinhalb Stunden Fahrzeit vom Scherdel- Standort in Silao entfernt ist, ein entscheidender Faktor für die Übernahme.