Wie die Wirtschaft über eine mögliche Senkung der Gewerbesteuer denkt und wer davon profitiert Bayreuth: Hält die Stadt ihr Steuerversprechen?

Von Frank Schmälzle
Sinkt die Gewerbesteuer von 390 auf 370 Prozent? Darüber muss der Stadtrat entscheiden. Foto. Wittek Foto: red

Versprechen muss man halten. Oder doch nicht, wenn viel Geld dahinter steckt? Darum geht es, wenn der Stadtrat über den Haushalt 2015 berät. Die Fraktionen der FDP/DU und der CSU fordern: Die Gewerbesteuer muss wieder gesenkt werden. Weil die Stadt das Geld dazu hat. Und weil man Versprechen halten muss. Darauf pocht auch die Wirtschaft. Doch ein Universitätsprofessor zweifelt daran, dass eine niedrigere Gewerbesteuer Betrieben wirklich helfen würde.

 
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Die Wirtschaft will die Steuersenkung: „Eine Steuersenkung wäre ein gutes Zeichen für die Wirtschaft und ein wichtiges Signal der Stadt“, sagt der Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer für Oberfranken, Thomas Koller. Und: „Es stünde der Stadt gut zu Gesicht, wenn sie ihr Versprechen halten würde.“ 2010, als die Steuereinnahmen wegen der Finanzkrise einbrachen, beschloss der Stadtrat, die Gewerbesteuer zu erhöhen. Unter der Bedingung, sie wieder zu senken, sobald sich die Einnahmen erholt haben. Tatsächlich hat die Stadt im vergangenen Jahr 77 Millionen Euro an Gewerbesteuer eingenommen – das liegt nach Angaben aus dem Rathaus auf Rekordniveau.CSU-Stadtrat und Bürgermeister Thomas Ebersberger sagt: „Wann, wenn nicht jetzt, wollen wir die Steuer wieder senken?“

Handwerkskammer-Chef Koller differenziert. Er will eine Steuersenkung - aber nicht mit der Brechstange. „Wir brauchen auch eine leistungsfähige Infrastruktur in der Stadt.“ Zum Beispiel eine Berufsschule, die den Anforderungen moderner Betriebe gerecht wird. Wenn für dieses und ähnliche Projekte, die der Wirtschaft nutzen, Geld in den Haushalt einfließt, sei das ebenso wertvoll wie eine Steuersenkung. Nur eben: Ein Signal für die Betriebe muss es sein.

„Aus Sicht des Bayreuther IHK-Gremiums wäre es konsequent, die Steuererhöhung jetzt, in wirtschaftlich deutlich besseren Zeiten, wieder zurückzunehmen“, sagt auch der Vizepräsident der Industrie- und Handelskammer, Oliver Gießübel. Die Gewerbesteuer entziehe den Unternehmen Liquidität. Und dieses Geld stünde für Investitionen nicht mehr zur Verfügung. „Außerdem wäre eine Rücknahme der Erhöhung ein Zeichen des Vertrauens und der Verlässlichkeit.“

Der Universitätsprofessor unterscheidet: Aber entlastet eine Senkung der Gewerbesteuer die Unternehmen wirklich? Sebastian Schanz, Professor für Betriebswirtschaftliche Steuerlehre an der Universität Bayreuth, sagt: „Unter einem Hebesatz von 400 Prozent ist die Gewerbesteuer nur in Ausnahmefällen eine zusätzlich Belastung.“ Denn: Für Unternehmer verringert sich die Höhe ihrer Einkommenssteuer um den Betrag der Gewerbesteuer. Sie müssen nicht zweimal zahlen. Das heißt: Solange Bayreuth unter 400 Prozent bleibt, schneidet sich die Stadt mit der Gewerbesteuer allenfalls ein größeres Stück vom Steuerkuchen ab. Der Rest geht über die Einkommenssteuer an Bund und Land. Mehr noch: Bei einem Hebesatz von 380 bis 400 Prozent ergebe sich eine zusätzliche Entlastung, sagt Schanz. Das liegt am Solidaritätszuschlag. Der Hebesatz in Bayreuth beträgt 390 Prozent.

Stimmt nur zum Teil, kontert Thomas Hacker. Wer keine Einkommenssteuer zahlt, kann die Gewerbesteuer auch nicht abziehen. Einkommenssteuer, sagt der Steuerberater und Fraktionsvorsitzende der FDP/DU im Stadtrat, fällt für Inhaber von Einzelfirmen oder Gesellschafter von Personengesellschaften an.  Aber nicht für Kapitalgesellschaften, nicht für die vielen GmbHs und UGs. Für die wird 15 Prozent Körperschaftssteuer fällig, zusätzlich zur Gewerbesteuer und ohne Abzugsmöglichkeit. Und für diese Betriebe wäre eine Senkung der Gewerbesteuer eine spürbare Entlastung.

Profitieren würden Handwerksbetriebe: Von den rund 800 Handwerkern in Stadt und Landkreis Bayreuth firmieren etwa 150 als Kapitalgesellschaften, ihnen käme eine niedrigere Gewerbesteuer direkt zugute. Noch größer wäre die Gruppe an Industrie-, Handels- und Dienstleistungsunternehmen, der eine Steuersenkung zugute käme: Zwei von drei Betrieben, die bei der IHK Oberfranken organisiert sind, sind Kapitalgesellschaften.

Doch nicht nur für sie wäre eine niedrigere Gewerbesteuer ein Vorteil: Die Gewerbesteuer, sagt Hacker, hat Fehler im System. Zum Beispiel, dass sie auch auf Posten in der Gewinn- und Verlustrechnung erhoben wird, die eigentlich Ausgaben sind. Etwa auf Mieten und Leasingraten. Absurd: „Betriebe müssen Steuern auf ihre Kosten zahlen“, sagt Hacker. „Das trifft zum Beispiel den Einzelhandel in der Innenstadt, der ohnehin schon mit schmalen Margen zu kämpfen hat.“

Stadt pocht auf Genehmigungsfährigkeit: Ob sich Bayreuth eine solche Steuersenkung leisten kann? Der, der es am besten beurteilen kann, darf es nicht sagen. Michael Rubenbauer ist Finanzreferent der Stadt und will sich nicht in die Kompetenzen des Stadtrates einmischen. „Ob die Steuer gesenkt wird, ist allein eine politische Entscheidung. Jedenfalls so lange, wie ein solcher Schritt die Genehmigungsfähigkeit des Haushaltes durch die Regierung von Oberfranken nicht gefährdet.“ Darum wird es gehen, wenn der Stadtrat über den Haushalt berät. Und darum, was ein Versprechen wert ist.

Info: Der Gewerbesteuerhebesatz in Bayreuth liegt aktuell bei 390 Prozent, CSU und FDP/DU wollen ihn auf 370 senken. Auch die Stadt Bamberg erhebt Gewerbersteuer in  Höhe von 390 Prozent. In Coburg verlangt die Stadt Unternehmen 300 Prozent ab, in Hof sind es 400.

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