Ein unwiderstehlicher Klang Georg Hagen hat ihnen fast ein Jahr seines Lebens gewidmet: Oldtimer-Traktoren

Von Sarah Bernhard
 Foto: red

Wenn es Georg Hagen langweilig ist, geht er in seine Garage, Leben retten. Neun hat er bereits gerettet, 4000 Stunden seines Lebens hat ihn das gekostet. 4000 Stunden, oder fünfeinhalb Monate, in denen der 54-Jährige Rost von Blechen geputzt, Getriebe zerlegt, lackiert und nach fehlenden Zahnrädchen gesucht hat. 4000 Stunden, in denen Georg Hagen ausgemusterte Schlepper in stolze Traktoren zurückverwandelt hat.

 
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Und alles wegen dieses Klangs. Dem Klang des Lanz D 9506, mit liegendem Glühkopfmotor und zehn Litern Hubraum. „Wenn dieser Motor zum Laufen kommt, schlägt mein Herz höher“, sagt Georg Hagen, der seit fünf Jahren Vorsitzender der Altenploser Traktorfreunde ist. Und für den Geruch von verbranntem Diesel in der Luft. „Den Geruch kenne ich aus meiner Kindheit, wenn mein Vater in der Garage den Traktor angemacht hat und ich drauf saß.“

Er selbst hat keinen Lanz D 9506. Dafür einen Fendt F15 H6, einen Porsche Standard 218 H – und sieben weitere Traktoren. „Das ist normal in der Branche.“ Dabei hat er jahrelang lieber an Motorrädern herumgeschraubt. „Aber dann habe ich vor 15 Jahren das Traktortreffen in Fleckl besucht.“ Und dort den Lanz D 9506 gehört.

Fast jedes Jahr zum Winteranfang kauft sich der gelernte Betriebsschlosser seitdem einen alten Schlepper, sucht im Internet und auf Flohmärkten nach Ersatzteilen oder formt sie selbst. Winterabend für Winterabend arbeiten er und seine zwei Söhne Stefan (23) und Sebastian (19) dann in ihrer Eckersdorfer Garage daran, die halb zerfallenen Traktoren wieder zum Laufen zu bringen – und sie wieder wie neu aussehen zu lassen. Auch das ist ein Grund für die Liebe zum Traktor. „Die Technik ist noch begreifbar“, sagt Georg Hagen. Bei den heutigen Traktoren hingegen brauche man schon eine Fachausbildung.

Irgendwann am Ende des Winters kommt dann dieser Abend, an dem es nur noch Kleinigkeiten zu tun gibt. „Man schraubt bis in die Nacht, weil man fertig werden will. Das ist, wie an Heiligabend Geschenke auszupacken.“ Es ist das Gefühl, etwas Großes erreicht zu haben. Und die Vorfreude auf den neuen Klang des Motors.

Der Vorsitzende der Traktorfreunde Altenplos ist mit seiner Leidenschaft nicht alleine: Das Geschäft mit Oldtimer-Traktoren boomt. Alleine in der Region gibt es fünf Traktorclubs, während vor neun Jahren 45 Traktorfahrer zum jährlichen Treffen nach Altenplos kamen, sind es heute 230. „Und es ist nicht zu spüren, dass das weniger wird oder Halt macht“, sagt Georg Hagen.

Auch seine beiden Söhne und seinen Schwiegervater hat er schon infiziert. „Es ist schön, dass man gleich sieht, was man fertigbringt“, sagt sein Sohn Sebastian. Seit einiger Zeit fahren die drei im Sommer immer zu dritt zu den Traktor-Treffen der Region. Natürlich jeder mit einem eigenen Traktor. Langweilig sei das keinesfalls, sagt Georg Hagen. „Wenn ich mit 20 Kilometern pro Stunde fahre, sehe ich Sachen, die ich sonst nicht sehe.“

Rund 15 Treffen im Jahr besucht der Traktor-Fan, macht noch mal 1500 Stunden Lebenszeit, zwei Monate, die fürs Hobby draufgehen. „Es mag Menschen geben, die sagen: Der ist verrückt“, sagt Georg Hagen. Andererseits: „Würde ich Fußball spielen, wäre ich jeden Sonntag weg.“

Seine Frau Sabine (50) sieht das ähnlich: „Bevor er ins Wirtshaus geht, ist es mir lieber, er sitzt in der Garage.“ Früher sei es sogar eher ein Vorteil gewesen, dass die drei Männer jedes Wochenende am Schrauben waren. „Da konnte ich wenigstens in Ruhe die Hausarbeit machen.“

Georg Hagen schraubt aber nicht nur für sich: Im Verein restaurieren sie auch alte Landmaschinen. „Es ist unsere Aufgabe, der Jugend die alte Technik nahezubringen“, sagt Georg Hagen. Dafür pflügt, eggt und sät er beim jährlichen Traktortreffen des Vereins auch mal mit Methoden aus den 50er Jahren. „Das macht schon Sinn, solange man es nicht übertreibt.“

Mit dem Schleppersammeln aufhören, das würde Georg Hagen nur, wenn er ein ähnliches Hobby finden würde. „Autos oder Laster restaurieren, das wäre vorstellbar.“ Bei allem anderen würde der Motorklang fehlen.

Info: Das nächste Altenploser Traktortreffen mit Dreschfest findet am 8. September statt.

Foto: Wittek

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