Welterbestätte: Mehr als Tourismusmagnet

Von Anne Müller

Weltkulturerbe schafft Identität – weil einen stolz macht, was da vor der Haustür steht. Weltkulturerbe verbindet. Weil Gäste kommen, die das Weltkulturerbe anschauen wollen. Und weil diese Stätten für die universelle Sprache der Kultur stehen. Maria Böhmer sprach beim Kulturgespräch in Schloss Fantaisie zum Thema Welterbestätten. Und betonte die versöhnende Kraft alter Bauten.

 
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Internationales Flair schon im Foyer des Schlosses: Dort begrüßte der jordanische Chor Al Quafila die Gäste. Es spielte dann das Ensemble des Central Conservatory of Music in Beijing, es folgte das Quartett Nunc. Das Festival Junger Künstler machte es möglich, sind doch all die genannten Sänger und Musiker beim Festival aktiv. Auch Intendantin Sissy Thammer war da und bedankte sich pflichtschuldigst bei Staatsministerin Maria Böhmer (CDU). Schließlich kommt von Böhmers Behörde, dem Auswärtigen Amt, der Löwenanteil der Festival-Förderung.

Eines der prächtigsten Opernhäuser

Maria Böhmer ist Bundestagskollegin von Gastgeber Hartmut Koschyk. Als Staatsministerin im Auswärtigen Amt ist sie unter anderem Sonderbeauftragte für die Unesco-Welterbestätten, zu denen seit 2012 Jahren das Markgräfliche Opernhaus in Bayreuth zählt, erbaut von Markgraf Friedrich und seiner Gattin Wilhelmine.

Ein Juwel, das nicht nur einer Stadt oder Epoche gehört, sondern – im besten Sinne der ganzen Welt. „Ein Opernhaus, das wohl fast so groß als das Berliner Opernhaus und als eines der größten und prächtigsten Opernhäuser in der Welt berufen ist“, schrieb der Romantiker Wilhelm Heinrich Wackenroder schließlich vorausschauend schon im Jahre 1793, gerade mal 45 Jahre nach der Einweihung. Das Markgräfliche Opernhaus sei deshalb Welterbe, weil es als einziger unveränderter Theaterbau des Barock erhalten sei, sagte Böhmer. „Junge Menschen haben hier die Möglichkeit, die Vergangenheit an dem Ort zu erleben, an dem sie leben.“ In der Tradition des Welterbes stehe auch Schloss Fantaisie, wegen seiner markgräflichen Bauherrn. Aber auch, „weil hier ein Ort für Kultur geschaffen wurde“. Böhmer hätte hinzufügen können, dass Richard Wagner gleich nebenan für ein halbes Jahr logierte.

Welterbestätten ziehen nicht nur Touristen an - sondern auch Filmemacher. Hier ein Ausschnitt aus dem Film "Farinelli", der im Markgräflichen Opernhaus in Bayreuth gedreht wurde. Quelle: Youtube

Gut fürs Heimatgefühl

Rokoko-Pracht als Rahmen für Musik und Oper ist eine Sache, die touristischen Hoffnungen der Stadt Bayreuth auf die Wiedereröffnung des Theaters im nächsten Jahr eine andere. Böhmers Anliegen aber war ein anderes. Mit den Welterbestätten, gleich ob Naturerbe oder Kulturerbe, gehe nicht nur Profit einher, sondern vor allem eine Verpflichtung. „Es ist Geschenk und Aufgabe zugleich“, sagte Böhmer. Man gehe einen Generationenvertrag ein, weil man aus der Vergangenheit etwas erhalten habe, das für die Zukunft erhalten werden müsse: „damit die Generationen der Zukunft damit auch noch ein Heimatgefühl verbinden“.

Warum man sich um Ruinen kümmert

Innerhalb ihrer Arbeit, fuhr sie fort, gebe es des öfteren Gespräche mit Zündstoff. Sie wurde beispielsweise gefragt, warum sie sich um Ruinen kümmere, wo es doch so viele Menschen gebe, die heimatlos und entwurzelt seien und Hilfe benötigten. „Meine Antwort war: Ohne ein solches materielles und immaterielles Erbe gibt es kein Heimatgefühl, und um Frieden geistig und moralisch zu verankern, muss es Stätten geben, an denen man festhalten und Wurzeln schlagen kann.“ Böhmer nannte die Verheerungen, die Bürgerkrieg und IS-Terror in Palmyra, Mossul und Aleppo an alten Gebäuden und damit an der Seele der Menschen angerichtet habe. Der Schutz solcher Stätten und damit der kulturellen Identität seien so wichtig wie nie zuvor. „Zukunft braucht Verankerung in Werten, und die Welterbestätten sind solche Werte.“

Ein Erasmus-Programm für Kultur

Die Politikerin regte an, dass sich mehr junge Menschen mit den Welterbestätten ihrer Heimat intensiv auseinandersetzen sollten. Auch eine Art „Erasmus-Programm Kultur“ könne sie sich gut vorstellen: Darin könnten junge Menschen mit unterschiedlichen Hintergründen die gemeinsamen kulturellen Wurzeln kennenlernen. „Wir können begeistert sein, dass wir hier so viele alte und junge Welterbestätten haben. Sorgen wir alle miteinander dafür, dass sie geschützt werden und ihre große versöhnende Kraft noch lange ausstrahlen können.“

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