Vom Schlamm die Nase voll Den Schirndingern stinkt’s gewaltig

Herbert Scharf
Die üblen Gerüche bei der Klärschlamm-Trocknung kämen nur von einer falschen Anwendung, erklärte der Hersteller der Anlage im Gemeinderat. Foto: /Nicolas Armer, dpa

Nach wie vor verbreitet die Klärschlammtrocknung in der ehemaligen Porzellanfabrik ekelhaften Geruch. Jetzt will der Hersteller die Anlage übernehmen. Im Marktgemeinderat verspricht er Besserung.

 
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Schirnding - Das Thema beschäftigt die Schirndinger bereits seit Dezember des vergangenen Jahres: Auf dem Gelände der ehemaligen Porzellanfabrik hat eine Klärschlamm-Trocknungsanlage ihren Betrieb aufgenommen. Der damit verbundene Gestank sorgt für erheblichen Ärger (wir berichteten). Am Donnerstagabend stand der Betrieb im Fabrikweg auf der Tagesordnung der Marktgemeinderatssitzung. Dass die Sache längst über die Gemeindegrenze hinweggeschwappt ist, zeigte die Anwesenheit von Landrat Peter Berek, aber auch von mehr als einem Dutzend Anwohnern, die seit Monaten unter der Geruchsbelästigung leiden. Auch ein Vertreter der Herstellerfirma, Gerhard Burkhardt, stand Rede und Antwort.

„Brisantes Thema“

Bürgermeisterin Karin Fleischer erinnerte an einen Ortstermin in der vergangenen Woche zu dem „brisanten Thema“, bei der Vertreter des Gemeinderats und des Landratsamtes in der Anlage mit dem Betreiber sprachen. Ausführlich ging sie auf die Entwicklung der Firmenansiedlung auf dem Gelände der früheren Porzellanfabrik ein. Im Jahr 2013 wurde dort der Betrieb eingestellt. Schon während der Insolvenz habe die Kommune Verbindungen zu einem Investor mit einem guten Konzept gehabt. Leider sei das Vorhaben gescheitert. Ein anderer Käufer erwarb die Immobilie.

Nun versuchte die Marktgemeinde, einzusteigen. Leider habe die Regierung von Oberfranken die Pläne mit Hinweis auf die Haushaltslage abgelehnt. Bevor das Landratsamt die Klärschlammtrocknung genehmigte habe sich die Gemeinde, ebenso wie Fleischer persönlich, mehrmals erkundigt, ob es zu Geruchsbelästigungen kommen könne. Das sei stets verneint worden. Die Realität sah und sieht anders aus. Regelmäßig, manchmal täglich, hätten die Schirndinger mit einer starken Geruchsbelästigung zu tun. Die Gemeinde stand nach ersten Beschwerden in engem Kontakt mit dem Betreiber, dem Hersteller der Anlage und dem Landratsamt mit dem Ziel, den penetranten Gestank abzustellen.

Immer wieder vertröstet

Leider wurde man immer wieder vertröstet, Nachbesserungen seien versprochen worden. Ohne Erfolg. Fleischer: „Seit einem halben Jahr kämpfen wir nun darum, dass diese immense Beeinträchtigung ein Ende nimmt.“ Die Lebensqualität der Bürger sei durch die Pandemie ohnehin schon eingeschränkt. Anwohner, zuletzt auch der Elternbeirat des Kindergartens „Fuchsbau“, bitten um Abstellung des Gestanks. Die Bürgermeisterin: „Auch mir persönlich stinkt es gewaltig. Es muss eine schnelle Lösung her.“

Gerhard Burkhardt von der Firma Energie- und Gebäudetechnik in Mühlhausen sprach von einer „schwierigen Situation“ in Schirnding. Und er ließ keinen Zweifel daran, dass es nicht an seiner Anlage, sondern an dem Betreiber liege, der den Klärschlamm trockne. Die Anlage funktioniere anderswo einwandfrei. Der Betreiber habe die Anlage gekauft, sei aber mit dem Betrieb für die Trocknung des Klärschlamms „heillos überfordert“. Während andere Anlagen der Firma reibungslos liefen, sei das in Schirnding nicht der Fall, erklärte der Firmenvertreter. Leider handle es sich um einen schwierigen Kunden, der nicht immer das tue, was er sage.

Deshalb habe er, Burkhardt, sich entschlossen, die Anlage ab 1. Juni erst einmal in eigener Verantwortung zu betreiben. Dem habe inzwischen auch der Besitzer zugestimmt. Als erste Maßnahme werde der angelieferte Klärschlamm – in der Vergangenheit sei es nicht immer die beste Qualität gewesen – unter dem Dach einer Halle gelagert. Die Halle müsse noch gebaut werden.

Probleme mit dem Wasser

In der Vergangenheit seien leider auch Schlämme verarbeitet worden, die nicht erlaubt waren, erklärte Burkhardt. Dazu komme, dass der Betreiber erhebliche Probleme mit dem Wasser hatte. So konnten sich Bakterien bilden, die teils zum Himmel stanken. Die rechtliche Situation, sagte der Hersteller, sei nicht einfach. Bisher seien allen Beteiligten die Hände gebunden gewesen, eben weil der Mann Besitzer der Immobilie am Wallenstein-Radweg sei. Nun habe er Einsehen gezeigt.

Landrat Peter Berek versicherte, dass die Anlage vor dem Betrieb nach dem Immissionsschutzgesetz geprüft worden sei. Die Rechtslage sei nicht einfach. Die Erlaubnis könne man nicht einfach entziehen. Mehrfach sei er selbst vor Ort gewesen, wenn es Klagen gab. Nun sei man froh, dass der Hersteller die Arbeit übernehme. Wenn das angelaufen sei, biete sich ein Tag der offenen Tür an, bei dem die Anlage vorgestellt werde. Wegen der Pandemie verzögerte sich auch eine Messung durch ein Spezialbüro.

Kritische Nachfragen

Die Gemeinderatsmitglieder sparten nicht mit kritischen Nachfragen: Warum überhaupt eine Genehmigung erteilt werde, wenn der Betreiber nicht in der Lage sei, die Anlage zu beherrschen? Warum die Luftverschmutzung über Monate hinweg nicht eingestellt werden konnte, warum man die Voraussetzungen für solche Genehmigungen nicht nachbessern könne? Ein Marktgemeinderat hatte sich sogar die Mühe gemacht, seine Fragen und Stellungnahme in Gedichtform vorzutragen. Hier verwies Berek auf das Bundes-Immissionsschutzgesetz.

Nach langer Diskussion einigte man sich schließlich darauf, sich nach den ersten Wochen, in denen die Herstellerfirma die Anlage selbst betrieben hat, erneut zu treffen.

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