Volker Strübing: Werde von der Liebe lesen

Von Michael Weiser
War 2013 Stadtschreiber: Volker Strübing. Foto: Ronald Wittek/Archiv Foto: red

Er räumte mehrmals bei der deutschen Poetry-Slam-Meisterschaft ab, ist Filmemacher, Reisender, war 2013 Bayreuther Stadtschreiber. Volker Strübing (44) wurde so zu Bayreuths liebstem Geschichtenerzähler. Ein Kollege ist er auch noch,  sozusagen, seit er mit Redakteuren des Nordbayerischen Kuriers beim Hate Slam auf der Bühne stand. Am 3. Februar kommt er zurück: zum „Best of Kurier-Leser“ beim Festival „Leselust“. Wir sprachen über Bayreuth, Brotalität, den Umschwung der Stimmung und ein Railmovie, das leider nie gedreht werden wird.

 
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Auch schon wieder eine Zeit her, dass du Stadtschreiber in Bayreuth warst – genau vor drei Jahren hat dein Job in Bayreuth angefangen. Hat dir das so etwas wie einen Durchbruch gebracht?

Volker Strübing: Der Durchbruch war’s definitiv nicht, aber es war auch kein Rückschritt. Es war einfach ne tolle Zeit, ich war fünf Monate raus aus meiner gewohnten Welt. Und dabei habe ich eine schöne Stadt und einen seltsamen Landstrich und viele Leute kennengelernt. Das war toll.

"Die fränkische Schweiz würde ich gerne angucken"

Und am Anfang hast du dich fast nicht trennen können von Oberfranken. Zuletzt hast du dich etwas rar gemacht.

Strübing: Ja, das lässt nach. Ich hab’s noch nicht mal geschafft, dort Urlaub zu machen, obwohl ich mir das vorgenommen hatte, in Bayreuth, oder in der fränkischen Schweiz, die ich gerne mal angucken würde. Ich habe noch Kontakt zu ein paar Leuten, zum Beispiel zu dir, und zwei, drei Mal im Jahr bin ich ja schon noch da. In ein paar Tagen zum Beispiel beim Hate Slam und bei der Eröffnung der Bayerischen Slam-Meisterschaften, die heuer in Bayreuth stattfinden.

Richtig, beim „Leselust“-Abend mit dem Besten von Kurier und Lesern. Unser gemeinsamer Auftritt am 3. Februar. Worauf können sich die Zuhörer freuen?

Strübing: Da schon genug Hass gelesen wird, werde ich eher von der Liebe lesen. Ach, ick weeß es noch nicht. Ich hab einen ganzen Stapel Geschichten, auf der Fahrt im Zug werde ich die durchschauen, die endgültige Entscheidung werde ich fällen, wenn ich da bin. Vielleicht passiert ja noch was, eine Geschichte, die ich noch gar nicht kenne. Und vielleicht singe ich noch ein Lied, mal schauen.

Mancher hofft auf seinen Leserbrief

Was ist eigentlich so lustig an einem Hate Slam?

Strübing: Wahrscheinlich kennen alle diese Arten von Texten. Viele Leserbriefe, viele Kommentare aus dem Internet, bei Facebook, in Foren sind unmöglich zu lesen, ohne dass man sehr schlechte Laune kriegt und an der Menschheit verzweifelt. Aber entziehen kann man sich dem auch nicht. Und wahrscheinlich ist es interessant zu sehen, wie Menschen damit umgehen, auf denen rumgehackt wird. Als wenn Angeklagte ihre eigene Anklageschrift vorlesen, allerdings mit Augenzwinkern.

So hab ich’s noch gar nicht betrachtet. Ist da Sadismus dabei?

Strübing: Sadismus, Masochismus, ach, keine Ahnung. Der eine oder andere hofft wahrscheinlich einfach darauf, dass sein Leserbrief vorgelesen wird.

"Ein Roadmovie? Ich weiß nicht, ob das spannend wäre."

Eines deiner Hobbys ist es, bescheuerte Firmennamen zu sammeln, vor allem von Friseuren.

Strübing: Da bin ich nicht der einzige. Gerade bei Friseurnamen ist ja bekannt, dass die durch besonders originelle Wortspiele auffallen. Die merk ich mir kaum noch, ab und zu überraschen sie mich dann aber doch noch. Optiker und Bäcker gehen auch immer mehr in die Richtung. Einer zum Beispiel, ein Bäcker – der wirbt damit, dass sein Brot „brotal gut“ sei. Das finde ich ziemlich gut.

Du bist ein literarischer Nomade, der einen Gutteil seines Lebens im Zug verbringt. Wann kommt dein persönlicher Roadmovie in die Kinos?

Strübing: Ach du grüne Neune. Ich pendele ja nur zur Arbeit, nur dass die Arbeit halt jeden Tag woanders ist. Ich liebe das Zugfahren, auf der anderen Seite komme ich aber gar nicht dazu, mir die Orte anzuschauen. Ich fahre hin, habe einen Auftritt. Gut. Viel mehr ist da ja nicht. Und das würde eher ein Railmovie werden. Ich weiß nicht, ob das so spannend wäre. So in der Bahn...

"Noch keinen Weg, damit umzugehen"

Auch da kann man viel erleben, oder?

Strübing: Das stimmt schon. Wenn ich irgendwo hinfahre, dann gleich wieder weg bin, dann bleibt der Kontakt zu den Menschen aber eher oberflächlich. Man kann verschiedene Biere durchprobieren, es gibt Anekdoten, man hört Gesprächen zu...

Und bekommst du dabei mit, ob sich gerade, unter dem Eindruck zum Beispiel der Flüchtlingskrise, die Stimmung in Deutschland verändert?

Strübing: Ja, definitiv. Ganz besonders merkt man’s online, sobald man sich Medien zu Gemüte führt, oder wenn man in der Bahn Gespräche hört, oder nach dem Auftritt in der Kneipe. Dass es irgendwie kippt, dass von keiner Seite aus mehr eine Diskussion möglich scheint. Dass man an Orten, wo man’s nicht gedacht hätte, Sachen hört, die man vor zehn Jahren für unmöglich gehalten hätte. Ich weiß nicht, ob ich dazu was machen werde, ich habe noch keinen Weg gefunden, damit umzugehen.

INFO: Volker Strübing und das Team des Kurier sind bei Leselust am 3. Februar im Zentrum zu erleben, Beginn ist um 20 Uhr. Volker Strübing war 2013 nicht nur Bayreuther Stadtschreiber, sondern schrieb auch als Kolumnist des Kuriers eine ganze Menge lesenswerter Texte. Dieser hier sei besonders empfohlen: Volker Strübing zur Wahl der Miss Volksfest.

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