Ihre Komplizin und ehemalige Mitangeklagte, die Indonesierin Siti Aisyah, ist sogar schon zurück in der Heimat. Die 27-Jährige kam auf Bitten ihrer Regierung bereits Mitte März durch eine Art Gnadenerlass auf freien Fuß. Begründet wurde dies von Malaysia mit einem übergeordneten Interesse an guten Beziehungen zum großen Nachbarn. In beiden Fällen bedeutet dies keinen Freispruch - aber nach mehr als zwei Jahren Angst vor dem so gut wie sicheren Todesurteil dürfte das den Frauen einigermaßen egal sein.
Dass sie die Attentäterinnen waren, steht außer Zweifel. Ihnen kam nun jedoch zugute, dass sie von Anfang behaupteten, keine Ahnung davon gehabt zu haben, was sie eigentlich machten. Angeblich wurden sie von Männern, die sie für Japaner oder Chinesen hielten, für eine TV-Sendung nach Art der "Versteckten Kamera" angeworben. Der vermeintliche Spaß: einem fremden Mann Babyöl ins Gesicht zu schmieren. Dass es Gift war, wollen sie nicht einmal geahnt haben. Besonders glaubwürdig war das nicht. Aber es reichte allen Seiten für eine halbwegs gesichtswahrende Lösung aus.
Das Interesse an Aufklärung war auch in Malaysia zuletzt nicht mehr allzu groß. So wird man wahrscheinlich nie erfahren, wie genau und von wem der Mord am ältesten Sohn des langjährigen Machthabers Kim Jong Il (1941-2011) geplant wurde. Nach früheren Ermittlungen der malaysischen Polizei war Drahtzieher ein nordkoreanischer Geheimdienstler namens Hong Song Hac (35). Zusammen mit den drei anderen Agenten am Flughafen wird er nun mit Interpol-Haftbefehlen gesucht. Die Chance, dass diese je vollstreckt werden, ist klein.
Nordkorea weist alle Vorwürfe seit jeher zurück. Zum Urteil gegen die Vietnamesin gab es aus Pjöngjang am Montag kein einziges Wort. Der Giftmord an Kim Jong Uns Halbbruder war dort noch nie ein großes Thema - und schon gar nicht, seit der Diktator ein besonderes Verhältnis zu US-Präsident Donald Trump bis hin zu zwei Gipfeltreffen aufgebaut hat. Umso zufriedener ist man nun jedoch in Indonesien und Vietnam mit dem Ausgang des Verfahrens.
Am zufriedensten war am Montag jedoch mit Sicherheit Doan selbst - verständlicherweise, auch wenn sie immer noch Handschellen tragen musste. "Ich bin glücklich", sagte die Vietnamesin in die Kameras. "Das ist ein faires Urteil. Danke an alle, die für mich gebetet haben." Dabei hatte sie - zum ersten Mal in diesem Prozess überhaupt - ein Lächeln auf dem Gesicht. Es war allerdings eher leise.