Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) will die bereits geplante Reform für eine bessere Bekämpfung des Rechtsextremismus beschleunigen. In der ZDF-Sendung "Was nun?" sagte er, sein Ministerium prüfe Verbote von sechs rechtsextremen Gruppierungen. Namen nannte er nicht. Vereine, die sich gegen die Verfassung richten, können in Deutschland verboten werden. Bei Gruppierungen, die in mehr als einem Bundesland aktiv sind, ist der Bundesinnenminister zuständig.
Die Bedrohungslage durch rechten Terror bezeichnete Seehofer erneut als äußerst hoch. "Bedrohungslage "hoch" heißt, genauso wie beim islamistischen Terror, dass mit einem Anschlag jederzeit gerechnet werden muss", sagte er.
In Halle bekundeten am Freitagabend Hunderte Bürger mit einer Lichteraktion vor der Synagoge ihre Solidarität mit der jüdischen Gemeinde. Etliche Menschen vor dem Gotteshaus hielten brennende Kerzen in den Händen.
Nach dem Terroranschlag werden in Sachsen-Anhalt alle jüdischen Einrichtungen und zwei große Moscheen von der Polizei bewacht. Vor all diesen Gebäuden stehe bis auf Weiteres rund um die Uhr mindestens ein Streifenwagen, sagte Landesinnenminister Holger Stahlknecht (CDU) am Freitag der Deutschen Presse-Agentur.
In der Debatte um Konsequenzen aus der Bluttat forderte die CDU-Vorsitzende Annegret Kramp-Karrenbauer schärfere Sicherheitsgesetze für Deutschland. Die Sicherheitsbehörden und Nachrichtendienste bräuchten unter anderem längere DNA-Speicherfristen. "Hier wird unser Land und seine Grundordnung von innen angegriffen", sagte Kramp-Karrenbauer dem Berliner "Tagesspiegel". Familienministerin Franziska Giffey (SPD) kündigte an, dass sie die Mittel für die Arbeit gegen Antisemitismus aufstocken möchte.
Heftig diskutiert wird auch über Vorwürfe aus der CSU gegen AfD-Politiker, diese würden sich als "geistige Brandstifter" für rechtsextremistische Gewalttaten betätigen. Der AfD-Vorsitzende Jörg Meuthen wies die Anschuldigungen zurück und hielt Seehofer sowie Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (beide CSU) vor, die Tat parteipolitisch zu instrumentalisieren.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, warf der AfD dagegen vor, Stimmung gegen Juden zu machen. "Die AfD hat sehr viele judenfeindliche Positionen", sagte er im ZDF-"Morgenmagazin". Als Beispiel nannte er die Forderung nach einem Verbot des rituellen Schächtens.
Nach Erkenntnissen der Sicherheitsbehörden hatte B. bei seinem Angriff auf die Synagoge vier Schusswaffen und mehrere Sprengsätze bei sich. Ermittler fanden in Wohnräumen des Tatverdächtigen einen 3D-Drucker, was den Verdacht untermauert, er habe seine Waffen selbst hergestellt.
Wie "Zeit Online" berichtete, bereitete B. seine Taten spätestens seit dem Frühsommer vor. Die vorläufige Auswertung der Geldbewegungen seines Sparkassen-Kontos ergab demnach, dass er Teile des Zubehörs für seine Waffen im Internet kaufte. Unter anderem soll er im Mai Material für einen 3D-Drucker erworben haben.
In einem Zimmer des 27-Jährigen wurden mehrere Zettel mit der Aufschrift "Niete" gefunden. Die Behörden vermuten, B. habe mit den Durchsuchungen gerechnet und damit die Polizei verhöhnen wollen.
Das mutmaßliche Tätervideo: Protokoll des Attentats in Halle