Verteidigung rügt Geheimhaltung eines möglichen Entlastungszeugen - Angeklagter darf aus U-Haft zur Beerdigung Staatsanwalt in der Defensive

Von Manfred Scherer
Staatsanwalt Uwe Demuth (rechts neben seinem Kollegen Peter Glocker) sieht sich im NKD-Prozess mit schweren Vorwürfen konfontiert. Die Verteidigung meint, Demuth wolle mit aller Gewalt eine Verurteilung erreichen und habe einen wichtigen Entlastungszeugen vorenthalten. Das Foto stammt aus dem Prozess um die IHK Akademie im Jahr 2010. Foto: Archiv/Engelbrecht Foto: red

Hat die Staatsanwaltschaft Hof im NKD-Untreuefall einseitig ermittelt und absichtlich den Aufenthaltsort eines möglichen Entlastungszeugen verschwiegen? Diesen Vorwurf erheben die Verteidiger des angeklagten Ex-Geschäftsführers Michael Krause. Krause erzielte bei Gericht indes einen Teilerfolg: Er durfte am vergangenen Samstag in Begleitung zweier zivil gekleideter Polizisten an der Beerdigung seiner Großmutter teilnehmen. Auch die gegen Krause verhängten verschärften Disziplinarmaßnahmen – Fernsehverbot, 24-stündiger Einschluss mit einer halben Stunde Hofgang und Einkaufsverbot – hat die Strafkammer  aufgehoben.

 
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Krauses Verteidiger  wollen mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde die Ablösung des zuständigen Staatsanwalt Uwe Demuth erreichen. Demuths Chef, der Leitende Oberstaatsanwalt Gerhard Schmitt, prüft die Beschwerde zurzeit. Bis Schmitt eine Entscheidung getroffen hat, ist der Prozess unterbrochen.

Dass Staatsanwalt Demuth derart in die Defensive gerät, geht auf die Verhaftung eines Mannes zurück, der in dem Strafverfahren gegen den ehemaligen NKD-Geschäftsführer Krause eine zentrale Figur ist: Michael J. ist angeblich Inhaber einer zypriotischen Beratungsfirma namens „Zarando“. Sie soll die letzte bekannte Empfängerin der 3,7 Millionen Euro sein, die laut Anklage durch Krause und den Prokuristen Uwe K. veruntreut wurden. Pikant: Michael J. ist ein alter Freund des Hauptangeklagten Krause – die beiden Michaels haben zur gleichen Zeit Management an der Universität Bradford in Großbritannien studiert.

Die Hofer Staatsanwaltschaft glaubt, dass Michael J. Helfershelfer seines angeklagten Schulfreundes war, um die verschwundenen 3,7 Millionen aus der NKD herauszuschleusen und ließ nach J. wegen des Verdachts der Geldwäsche international fahnden.

Krause dagegen behauptet, Michael J. sei sein Vertrauensmann gewesen, um die Bilanzen der NKD mit einer ungewöhnlichen Maßnahme aus den roten Zahlen zu bringen: Michael J. habe für ihn auf geheimen Wegen Kontakt zu Spezialisten aufgenommen, die dem damaligen NKD-Geschäftsführer entscheidende Informationen über die Preiskalkulationen diverser Textilhersteller in Asien besorgt hätten. Die Spionage habe millionenschwere Wettbewerbsvorteile gebracht, habe aber mit den 3,7 Millionen bezahlt werden müssen.

Wie mehrfach berichtet, soll es zum Vertrag mit den angeblichen Spionen gehört haben, die eingekauften Preisinformationen zu vernichten, so dass die Verteidigung nicht über Beweise für die behauptete Gegenleistung verfügt. Vor diesem Hintergrund sieht die Verteidigung Michael J. als wichtigen Entlastungszeugen an, der möglicherweise mehr und detaillierter über das angebliche Spionagegeschäft berichten könnte.

Über das Bemühen, Michael J. in den Zeugenstand zu bringen, erheben die Verteidiger nun den Verdacht der „mangelnden Objektivität“ gegen Staatsanwalt Demuth. Der hatte gegen Michael J. einen Haftbefehl beantragt. Mitte Mai soll der Mann in Dubai verhaftet worden sein. Noch beim Prozesstermin am 4. Juni hatte der Staatsanwalt auf Frage des Vorsitzenden Richters Siegbert Übelmesser nach dem Aufenthaltsort des Zeugen geantwortet, eine ladungsfähige Adresse von Michael J. sei ihm nicht bekannt.

Tobias Liebau, einer der drei Krause-Verteidiger, führte am gestrigen 15. Verhandlungstag weitere Argumente für eine Ablösung Demuths ins Feld: Die von dem Ankläger beantragte Telefonüberwachung des Hauptverteidigers Volker Beermann sei unbegründet. Demuth habe überdies hinter dem Rücken der Verteidigung mit Anwälten der NKD Kontakt gepflegt und die Inhalte von entsprechenden Emails gelöscht.

Die zuständige 3. Strafkammer legte den Ablösungsantrag der Verteidiger als Dienstaufsichtsbeschwerde dem Chef der Hofer Staatsanwaltschaft vor.

Das Verfahren wird erst in der kommenden Woche fortgesetzt.

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