„Dann können wir zusperren“ Verbot verkaufsoffener Sonntage?

Das Gespräch führte Stefan Linß
Verkaufsoffene Sonntage locken stets zahlreiche Menschen in die Kulmbacher Innenstadt. Dürften sie nicht mehr stattfinden, würde Händlern dieser Umsatz fehlen. Foto: Gabriele Fölsche

Christoph Hofmann vom Händlerverein „Unser Kulmbach“ hält gar nichts von der Gewerkschaftsklage gegen die verkaufsoffenen Sonntage. Er spricht von einem „Todesstoß“.

 
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Der Streit um die verkaufsoffenen Sonntage geht weiter. Die Gewerkschaft Verdi will die Stadt Kulmbach verklagen, unsere Zeitung berichtete. Beide Parteien stehen sich recht unversöhnlich gegenüber. Dabei haben alle nach eigener Auskunft das Wohl der Beschäftigten im heimischen Handel im Sinn.

Bei dem Austausch der Argumente sind die Betroffenen aus der Geschäftswelt bislang noch nicht zu Wort gekommen. Wir haben deshalb nachgefragt bei Christoph Hofmann. Der Vorsitzende des Händlervereins „Unser Kulmbach“ kann das Vorgehen der Gewerkschaft nicht nachvollziehen.

Herr Hofmann, was sagen Sie zu dem Streit um die verkaufsoffenen Sonntage?

Prinzipiell ist es jedem Inhaber ja selbst überlassen, ob aufgemacht wird oder nicht. Ich persönlich halte Paul Lehmann (den Verdi-Gewerkschaftssekretär, d. Red.) für borniert. Vor Jahren haben ihm bei einer Versammlung verschiedene Verkäuferinnen gesagt, es macht ihnen Spaß, an dem verkaufsoffenen Sonntag zu arbeiten. Weil Leute kommen, viele Bekannte im Geschäft sind und weil sie danach unter der Woche einen Tag frei bekommen.

Da gehen die Vorstellungen wohl auseinander?

Um menschlich zu bleiben, sollten wir auch sehen, dass hinter jedem kleinen Ladengeschäft auch ein Mensch steht. Für ihn wird es immer schwieriger, Geld zu verdienen. Diesen Punkt verliert die Gewerkschaft leider aus den Augen. Sie sollte mehr über ihren Tellerrand hinausblicken.

Was meinen Sie damit?

Wenn die Gewerkschaft den Innenstädten mit der Klage gegen die verkaufsoffenen Sonntage den Todesstoß gibt, dann geht es eben noch schneller. Dann können wir unsere Innenstädte zusperren. Es gibt andere Bereiche, in denen die Gewerkschaft die Arbeitnehmerinnen schützen müsste. Verdi sollte sich an die großen Konzerne heranwagen.

 

Die Corona-Krise hat viele kleine Geschäfte vor Existenzprobleme gestellt. Ist der verkaufsoffene Sonntag der erhoffte Umsatzbringer? Wie ist denn die Stimmung bei den Gewerbetreibenden?

Die verkaufsoffenen Sonntage reißen es ja nicht mehr raus. Es ist viel verloren gegangen. Immerhin kommen die Leute am verkaufsoffenen Sonntag wieder zum Bummeln und gehen überhaupt mal in ihre Stadt rein.

Und wie hat sich das bei den Umsätzen bemerkbar gemacht?

Insgesamt sind die Umsätze genauso wenig da. Überragend war es am verkaufsoffenen Sonntag nicht. Die meisten haben ein Eis gegessen und ein Paar Bratwürste und geschaut, welche Läden überhaupt noch da sind. Die Kunden bestellen deswegen nicht weniger im Internet, nur weil in Kulmbach verkaufsoffener Sonntag ist. Das ist nicht mehr so wie früher. Wir können dem Verbraucher nicht vorschreiben, wo er einzukaufen hat. Wenn die Kunden der Meinung sind, ihnen reichen die zwei Zentren Kreuzstein und Albert-Ruckdeschel-Straße, dann brauchen wir eben den kleinteiligen Handel nicht mehr. Das lässt sich nicht verhindern.

Was heißt das für den Stadtkern?

Die Innenstädte werden schön. Es kommt jetzt der Spielplatz und ein Volleyballfeld. Die Leute decken ihren täglichen Bedarf bei den Einkäufen außerhalb. Die Innenstadt wird vom Einkaufsraum zum Erholungsraum.

Aber es gibt ja zum Beispiel eine ganze Reihe von Modeläden.

Viele Leute sagen, sie haben angeblich ja keine Auswahl in Kulmbach. Und wenn sie was suchen, dann müssen sie nach Bayreuth fahren. In Bayreuth gibt es aber auch nichts mehr – und so geht es weiter. Der Untersteinacher fährt nach Kulmbach, der Kulmbacher nach Bayreuth, der Bayreuther nach Nürnberg, der Nürnberger nach München und der Münchner dann gleich nach New York.

Die Streitpunkte

Paul Lehmann, der Verdi-Gewerkschaftssekretär aus dem Fachbereich Handel, hat eine Klage gegen die Stadt Kulmbach angekündigt. Verdi sieht mit den verkaufsoffenen Sonntagen den Sonntagsschutz missachtet. Die Sonntagsöffnung der Läden dürfe laut Gesetz nur ein Anhängsel einer größeren Veranstaltung sein. Ob in Kulmbach der Frühlingsmarkt auf dem EKU-Platz die Anforderung erfüllt, das wird von Verdi bezweifelt. Die Gewerkschaft fordert andere Möglichkeiten, den Handel zu unterstützen.

„Die Beschäftigten im Handel brauchen ihren Sonntag als Tag der Ruhe“, sagte Paul Lehmann. Die Stadt Kulmbach betont, dass sie sich an alle rechtlichen Vorgaben gehalten hat. Oberbürgermeister Ingo Lehmann sieht die gesetzlichen Anforderungen aus dem Ladenschlussgesetz erfüllt. Die Stadt hält an den verkaufsoffenen Sonntagen fest, weil sie Besucher in die Stadt bringen und den Händlern nicht unerhebliche Umsätze bescheren. Es gehe ums Überleben für die Einzelhändler und damit um die Arbeitsplätze aller Mitarbeiter, sagte der Oberbürgermeister. Ohnehin seien maximal vier verkaufsoffene Sonntage im Jahr erlaubt.

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