Untreue-Urteil: Drei Jahre Gefängnis

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Eine Bankkauffrau spekulierte mit Geld von Sparkonten. Dabei entstand ein Vermögensschaden in Höhe von 1,2 Millionen Euro. Dafür steht sie seit Dienstag vor Gericht. Symbolfoto: dpa Foto: red

Viereinhalb Jahre Haft hat Staatsanwalt Bernhard Böxler für die Bankkauffrau, die heimlich mit Kundengeldern an der Börse spekuliert hat, gefordert. Ihr Verteidiger, Rechtsanwalt Wolfgang Schwemmer, wollte einen Freispruch für sie erwirken. Damit ist er am Freitag gescheitert: Die Große Strafkammer des Landgerichts Bayreuths verurteilte die 41-Jährige zu drei Jahren Gefängnis.  

 
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Nach den Worten von Vorsitzendem Richter Michael Eckstein hat sich die Bankfachwirtin der Untreue und des Computerbetrugs schuldig gemacht. Die ehemalige Mitarbeiterin der Kulmbacher Bank hatte im Lauf der Verhandlung die Taten weitgehend zugegeben. Sie hätte in der Bank vermutlich Karriere gemacht, wenn nicht ihr Hang zum Spekulieren dazwischen gekommen wäre.

Ihre Leistungen seien so gut gewesen, so Eckstein, dass sie Auszubildende betreuen durfte. Aber der Neue Markt und die Börse wurden ihre Stolpersteine. Ende der neunziger Jahre sei eine Zeit gewesen, wo sogar an Stammtischen über Aktien gesprochen wurde, so Eckstein. Als Bankangestellte sei die Angeklagte noch näher an allem dran gewesen. Sie hatte erste Erfolge, doch die hohen Gewinne verflüchtigten sich wieder. Trotzdem habe sie das nicht abgeschreckt, sondern sie habe weitergemacht. "Sie kam auf den unseligen Gedanken, sich an den Geldern anderer zu bedienen", sagte Eckstein. Weil die eigenen und die Gelder der Familie längst weg gewesen seien. Außerdem machte sie auf Überweisungsscheinen falsche Angaben und fälschte Auszüge von Sparkonten.

Die Hemmschwelle, sich an den Sparkonten von vornehmlich älteren und vermögenden Kunden zu vergreifen, sei im Jahr 2009 gefallen, hatte der Staatsanwalt zuvor bemerkt. "Das war ein Dammbruch, weil die Hürde, einmal eingerissen, dann auf Dauer gefallen war." Nachdem sie die eigenen Verwandten ausgebeutet habe, sei sie dazu übergegangen, andere auszunehmen

Vertrauen anderer für hochriskante Börsengeschäfte missbraucht

Obwohl sie vom Fach war, habe sich die Angeklagte immer tiefer reingeritten. Sie habe mehr und mehr Geld gebraucht und in immer kürzeren Abständen das Geld von Kunden für ihre risikoreichen Börsengeschäfte missbraucht. Der Schaden, der in den vier Jahren entstand, in denen die Untreue nachzuweisen ist, beläuft sich auf 1,2 Millionen Euro. In einigen Einzelfällen sei ein Vermögensverlust großen Ausmaßes entstanden. Noch immer seien rund 500.000 Euro offen, deren Begleichung in den Sternen stehe, so Böxler.

Kommt zur Untreue noch Computerbetrug?

Zu jeder Zeit sei ihr bewusst gewesen, was sie getan habe, da sie die Konten gezielt ausgewählt habe. Die Auszüge habe sie auf "Abholer" umgestellt, so dass sie bei ihr landeten. Im Falle einer Nachfrage hatte sie mit Tippex manipulierte Kopien der Auszüge angefertigt. Sie habe solange es ging, ihre Taten verschleiert, was ihr auch durch Rückbuchungen gelungen sei. Überweisungen habe sie zum Teil mit falschen Unterschriften versehen oder angegeben, sie erfolgten im Auftrag des Kunden. Böxler wertete die falsch eingegebenen Kontodaten als Computerbetrug. Dieser war ursprünglich nicht angeklagt. Schwerwiegender sei der Treuebruch gegenüber der Bank und den Kunden, den die 41-Jährige als stellvertretende Bereichsleiterin Privatkunden und frühere Filialleiterin begangen habe. Ihr Spielhang sei nicht so stark gewesen, dass sie nicht mehr gewusst habe, was sie tue.

Das Schwurgericht stimmte bei dieser Einschätzung mit dem Vertreter der Staatsanwaltschaft überein. Das Motiv der als zuverlässig geltenden und im Kollegenkreis geschätzten Frau erschloss sich dem Gericht nicht. "Es war wohl die Gier, die Spielleidenschaft und die Lust am Spiel", sagte Eckstein, "und die Annahme, man könnte dabei was verdienen." Trotz ihres Geständnisses und ihrer Reue, ihrer straflosen Vergangenheit und der langen Verfahrensdauer könne kein Urteil unter drei Jahren verhängt werden. Dafür habe es sich um zu viele vorsätzliche Einzeltaten und eine zu hohe Schadenssumme gehandelt. Auch seien nicht in allen der 41 Fälle Rückzahlungen erfolgt. Wenn er eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren auf Bewährung aussprechen würde, müsse er mit einer Revision durch die Staatsanwaltschaft oder den Bundesgerichtshof rechnen, sagte Eckstein. "Das Urteil wäre geringer nicht haltbar."

Die Frau muss jetzt nicht nur ins Gefängnis, sondern mit einer massiven Schuldenlast weiterleben. Sie kann frühestens nach der Verbüßung von zwei Dritteln der Strafe entlassen werden.

Aus Geld noch mehr Geld machen

Ob Verteidiger Schwemmer gegen das Urteil vorgehen wird, darauf wollte er sich am Freitag noch nicht festlegen. Für seine Mandantin sei Geld nur ein Arbeitsmittel gewesen, dass sie auch verwendete, um ihr Eigenvermögen zu vermehren, hatte er in seinem Plädoyer gesagt. "Sie hat die Relation zum Geld verloren und ist dem Reiz des Glücksspiels erlegen. Wer hat sich am Neuen Markt damals nicht auch schon mal verzockt?"

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