Untreue-Prozess: Michael Krause möchte trotz verschärfter Haftbedingungen auf Beerdigung seiner Großmutter Ex-NKD-Chef am Tiefpunkt

Von Manfred Scherer
Dass Michael Krause Fußballfan ist, zeigte sich auch, als er für die NKD mit dem - mittlerweile aus der 1. Bundesliga abgegstiegenen 1. FC Nürnberg einen Sponsorenvertrag abschloss. Das Foto zeigt Krause (Mitte) bei der Präsentation des Clubtrikots mit dem Schriftzug des Bindlacher Textildiscounters zusammen mit dem damaligen FCN Finanzvorstand Ralf Woy (links) und Sportvorstand Martin Bader. Sollten die verschärften U-Haft-Bedingungen für Krause aufrecht erhalten bleiben, könnte der Gefangene während des Fußball-WM keine Spiele sehen. Foto: Archiv/dpa Foto: red

Seit fast einem Jahr sitzt er wegen des Verdachts schwerer Untreue in Untersuchungshaft. Jetzt dürfte der ehemalige NKD-Geschäftsführer an einem weiteren Tiefpunkt angelangt sein: Vergangene Woche ist seine Großmutter verstorben. Fast gleichzeitig wurden gegen Krause verschärfte U-Haftbedingungen angeordnet – wegen eines noch nicht bekannten Verstoßes gegen die Anstaltsordnung.

 
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Den für Dienstag angesetzten Prozesstag im Untreueverfahren gegen den psychisch angeschlagenen Angeklagten setzte die 3. Strafkammer auf Antrag von Krauses Verteidiger Volker Beermann aus. Krause möchte demzufolge am kommenden Samstag unter Polizeibewachung an der Beerdigung seiner Oma teilnehmen. Beermann sagte: „Seine Großmutter war für ihn eine ganz enge Bezugsperson. Sie hat seine Erziehung mit übernommen.“

Aus einem weiteren Antrag Beermanns ergibt sich, dass der 38-jährige ehemalige „Manager des Jahres“ – Krause beging seinen Geburtstag vergangene Woche in der Haft – im Untersuchungsgefängnis in Hof offenbar gegen die Anstaltsordnung verstoßen hat: Beermann zufolge wurde gegen Krause am vergangenen Freitag eine Disziplinarmaßnahme verhängt, die 24-stündigen Verschluss, also eine Art Einzelhaft, Einkaufssperre und – kurz vor Beginn der Fußball WM – die Wegnahme seines Fernsehgeräts vorsieht. Was Fußballfan Krause diesmal angestellt haben soll, ist noch nicht bekannt. Vor Wochen war bekannt worden, dass Krause im Knast illegal mit einem Handy telefoniert hatte und überdies einen 70-seitigen Kassiber aus der Haft herausschmuggeln hatte lassen. Der Kassiber, angeblich mit detaillierten Anweisungen und Bezahlungsmodalitäten für mögliche Entlastungszeugen, war von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt worden. Die Entscheidung über die Verlesung des Kassibers im Prozess steht noch aus.

Wie mehrfach berichtet, soll Krause zusammen mit dem mitangeklagten Prokuristen Uwe K. den Bindlacher Textildiscounter NKD um 3,7 Millionen Euro geschädigt haben. Das Geld soll im Jahr 2012 über die Hongkonger NKD-Tochter Sunfortune als Beraterhonorar an eine Firma in Zypern geflossen sein. Inhaber der zypriotischen Firma „Zarando“ soll Michael J. sein, ein alter Freund Krauses.

Die Hofer Wirtschaftsstaatsanwaltschaft beschuldigt Krause, er habe die Millionenzahlungen unberechtigt veranlasst, für das Geld habe es keine Gegenleistung gegeben. Seit Krauses Verhaftung am 11. Juli 2013 jagen die Hofer Staatsanwälte dem Geld hinterher. Verschiedenen Personen aus Krauses Umfeld stehen in Verdacht, das Geld versteckt zu haben. Sogar Krauses Verteidiger Beermann und Krauses Ehefrau stehen neben „Zarando“-Chef Michael J. auf der Liste in einem parallel laufenden Verfahren wegen Verdachts der Geldwäsche. Die „Zarando“ sieht die Staatsanwaltschaft als Scheinfirma an.

Krause selbst hat den Untreuevorwurf scharf zurückgewiesen. Über vier Verhandlungstage hinweg hatte Krause seine nicht ganz zwei Jahre als NKD-Chef bis ins kleinste Detail Revue passieren lassen und dabei sein Image als Macher poliert: Er habe bei seinem Eintritt als Geschäftsführer der NKD eine bedrohliche Ergebnislücke von 70 bis 80 Millionen Euro vorgefunden. Mit einem strikten Spar- und Modernisierungskurs will Krause die Lücke um 55 Millionen verkleinert haben. Um den Textildiscounter wieder gänzlich aus den roten Zahlen zu bekommen, habe er schließlich zum Mittel der Industriespionage gegriffen. Die 3,7 Millionen Euro seien für „Sonderwissen“ über Herstellerpreise gezahlt worden. Mit diesem Wissen hätten die NKD-Einkäufer die Einkaufspreise für eine ganze Jahreskollektion um 20 Prozent drücken können. Krauses Problem: Das geheime „Sonderwissen“ habe vernichtet werden müssen. Es gibt also keinen physischen Beweis für die eingekauften Informationen. Krause erklärte zudem, er habe den damaligen NKD-Eigentümer Claas Daun über alle wichtigen Geschäfte und Strategien auf dem Laufenden gehalten – auch und vor allem über den Kauf des „Sonderwissens“. Multimillionär Daun hatte dies in seiner Zeugenbefragung vor dem Landgericht bestritten. Daun, der die NKD bald nach Krauses Entlassung für einen nie öffentlich genannten Preis weiterverkaufte, will von dem Verschwinden der 3,7 Millionen erst durch einen anonymen Brief erfahren haben. Ebenso anonym war die Anzeige, die im Frühjahr 2013 zu den Untreueermittlungen geführt hatte.

Wichtigster Zeuge für den Spionageeinsatz in Asiens Textilfabriken wäre Krauses Jugendfreund Michael J. Dem will Krause die Abwicklung der Spionageoperation anvertraut haben. Michael J., von der Staatsanwaltschaft der Geldwäsche beschuldigt, befindet sich aber offenbar auf der Flucht. Auf eine Anfrage des Krause-Verteidigers Beermann, ob und wann Michael J. als Zeuge gehört werde, hatte der Gerichtsvorsitzende Siegbert Übelmesser vergangene Woche geantwortet, der Aufenthaltsort von J. sei ihm nicht bekannt. Der Richter gab die Frage an Staatsanwalt Uwe Demuth weiter. Laut Johannes Zimmermann, dem Hauptverteidiger des mitangeklagten Prokuristen Uwe K., sagte Demuth, eine ladungsfähige Adresse von Michael J. sei der Staatsanwaltschaft nicht bekannt.

Der Prozess geht am Mittwoch weiter. Staatsanwälte und Verteidiger wollen zum mehrtätigen Monolog Krauses Fragen stellen.

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