Uni nimmt von der Leyens Doktorarbeit genauer unter die Lupe

Haltlose Anschuldigungen, Schlamperei oder Täuschung? Nach Bekanntwerden der Plagiatsvorwürfe gegen die Doktorarbeit von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ist nun die Medizinische Hochschule Hannover am Zug. Wie diese am Montag mitteilte, weitete die Uni die Überprüfung der Arbeit aus. Von Kanzlerin Angela Merkel (CDU) gab es zunächst keine Reaktion, die SPD äußerte sich abwartend.

 
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Die Hochschule teilte auf Anfrage mit, dass die Ergebnisse einer von der Ministerin selbst angestoßenen Vorprüfung seit Sonntag der Hochschulleitung vorlägen. Diese habe nun entschieden, eine "förmliche Untersuchung" oder "Hauptprüfung" durch eine fünfköpfige Kommission einzuleiten. Die Hochschule betonte: "Die Einleitung einer Hauptprüfung lässt keinen Rückschluss auf das mögliche Ergebnis des Verfahrens zu." Die Schwelle zur Einleitung einer solchen Prüfung sei "grundsätzlich niedrig".

Nach Ansicht von zwei Juraprofessoren sind die Plagiatsvorwürfe gravierend. Er halte die "Mängel für schwerwiegender" als im Fall der deswegen zurückgetretenen früheren Bundesbildungsministerin Annette Schavan (CDU), sagte der Berliner Juraprofessor Gerhard Dannemann der "Süddeutschen Zeitung" (Montagsausgabe).

Dannemann gehört zum Team der Internetplattform Vroniplag Wiki, die die Arbeit untersucht. Demnach hat die Ministerin und stellvertretende CDU-Vorsitzende in ihrer medizinischen Doktorarbeit aus dem Jahr 1990 fremde Texte ohne saubere Kennzeichnung übernommen. Zudem seien weitere Fehler gefunden worden.

Dannemann sagte weiter: "Die Häufigkeit und leichte Vermeidbarkeit der Fehler spricht für grobes Schlampen." Er sprach von einem "Muster in der Arbeitsweise". Auch der Plagiatsexperte Volker Rieble bewertet das Vorgehen von der Leyens als "eindeutiges Plagiat".

Rückdeckung erhielt von der Leyen von CDU-Politikern. Parteivize Thomas Strobl sagte der "Rheinischen Post" vom Montag: "Im Moment steht anderes im Mittelpunkt als irgendwelche Plagiatsvorwürfe." Der Mittelstands-Politiker Christian von Stetten mahnte im selben Blatt, dass auch für die Ministerin die Unschuldsvermutung gelte. SPD-Vize Ralf Stegner sprach in Berlin von "schwerwiegenden Behauptungen" und riet dazu, "die Ergebnisse der unabhängigen Überprüfung abzuwarten".

Von der Leyen hatte die Plagiatsvorwürfe am Wochenende zurückgewiesen. Nach ihren Angaben hatte sie die Medizinische Hochschule Hannover bereits im August um eine Prüfung ihrer Arbeit gebeten, nachdem sie auf die Vorwürfe aufmerksam gemacht worden sei.

Diese so genannte Vorprüfung unternahm nach Angaben der Hochschule eine Ombudsperson. Deren nun vorliegender Bericht enthalte aber "keine abschließenden Wertungen zu geäußerten Vorwürfen". Deswegen steht nun eine förmliche Untersuchung an. Inhalt dessen sei in der Regel zunächst die Detailprüfung aller im Raum stehender Vorwürfe durch die Kommissionsmitglieder und deren Einzelbewertungen sowie im zweiten Schritt eine Gesamtbewertung, teilte die Hochschule mit. Die Kommission besteht den Angaben zufolge aus fünf Mitgliedern, darunter auch ein Rechtsexperte.

Über Plagiatsvorwürfe waren in den vergangenen Jahren mehrere Politiker gestürzt, unter anderem Schavan und der frühere CSU-Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg. In anderen Fällen waren die Vorwürfe in Prüfungen durch die jeweiligen Hochschulen entkräftet worden - so beim heutigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) und bei Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU).

AFP

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