Tom Odhiambo gibt auf Einladung der Uni und der Stadt Gastspiel als Autor Bayreuth durch die Brille eines Afrikaners

Von Michael Weiser
Stiller Beobachter vorm Kraftraum: Tom Odhiambo gastiert für einige Wochen in Bayreuth. Foto: Weiser Foto: red

Vergangenes Jahr gab es mit Volker Strübing den ersten Bayreuther Stadtschreiber überhaupt, 2014 folgt der erste internationale Autor: Tom Odhiambo (41) aus Kenia wird einige Wochenlang seine Eindrücke von Bayreuth und seinen Menschen niederschreiben.

 
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Tom Odhiambo isst Salat von einem großen Teller, trinkt grünen Tee, beobachtet das WM-Fußballspiel zwischen Brasilien und Mexiko im Fernsehen und stellt fast unablässig Fragen. Wie viele deutsche Trainer bei der WM vertreten seien, wie viele Menschen in Bayreuth wohnten, was man vom Vormarsch der Islamisten im Irak halte. Man könnte sagen, Odhiambo schaufelt Informationen in sich hinein, mit einem Eifer, der selbst den Salat von seinem Riesenteller in Minutenschnelle verschwinden lassen würde.  

Das liegt sicher daran, dass Odhiambo Journalist ist. Wahrscheinlich aber auch daran, dass man eine gewisse Zeit benötigt, um sich vom Treiben einer Millionenstadt auf den geruhsamen Gang der Dinge in einer Stadt wie Bayreuth umzustellen, etwas mehr Zeit noch, sich in einem anderen Land, einem anderen Kontinent einzurichten, zumal, wenn man sich mit den meisten Menschen dort lediglich auf Englisch unterhalten kann. Odhiambo kommt aus Kenias Hauptstadt Nairobi und steht gerade vor dieser Herausforderung. Allerdings hat er nicht viel Zeit.

Nur einige Wochen lang bleibt er in Bayreuth, auf Einladung des Instituts für Afrika-Studien der Universität Bayreuth. Er wird am akademischen Leben der Uni teilnehmen, eine Lesung halten, wird auch für den Nordbayerischen Kurier seine Eindrücke niederschreiben. Seine Hauptaufgabe aber ist: diese Eindrücke erst einmal sammeln. Und er verspricht: Er werde Bayreuth durch seine ganz eigene afrikanische Brille betrachten.

In seiner Heimat hat sich Odhiambo, verheiratet, Vater von zwei Kindern, einen Namen gemacht. Als kritischer, manchmal auch bissiger Kommentator der Politik in Kenia. Als Rezensent von Büchern, als Kulturberichterstatter, als Lehrer an der Universität. Er wird auch Berichte schreiben, für einige der Zeitungen und Magazine, für die er in Nairobi arbeitet. Bayreuth am Vorabend der Wagner-Festspiele 2014, Bayreuth im Jahr der Fußball-WM, Bayreuth als familienfreundliche Stadt. Irgendwann wird er auch die Baustellen entdeckt haben, die an Haus Wahnfried beispielsweise. Man darf gespannt sein, was er darüber denkt. 

Dem Kenianer gefallen die vielen Bäume in der Stadt, der Hofgarten: "Das ist doch wunderbar." Aufgefallen sind ihm die vielen jungen Pärchen mit Kindern, Kleinfamilien, die in überraschender Anzahl über die Straßen flanieren. "Das bin ich aus Nairobi nicht gewohnt."

Seit rund einer Woche ist Odhiambo nun in Bayreuth, und man muss sagen: Er hat bislang Glück gehabt. Der Sommer 2014 präsentiert sich von seiner besten Seite. Sehr interessant sei es in Bayreuth, sagt der Besucher aus Nairobi. Was ihn besonders freut: "Die Tage dauern viel länger." In Kenia ist zu der Zeit, in man hierzulande als frühen Abend bezeichnet, schon die Nacht angebrochen. Und: "Es ist schön warm hier. Wie bei mir zu Hause." An diese Sache wenigstens muss er sich in diesem schönen Sommer hier nicht erst gewöhnen.

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