Artenvielfalt Bauern fühlen sich als Prügelknaben

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Die Zahl der Honigbienen nimmt wieder zu, sagt Bio-Imker Anton Herzing, Vorsitzender des Imkervereins Creußen. Und dazu trügen auch gut ausgebildete junge Landwirte bei. Foto: Archiv/Ralf Münch Quelle: Unbekannt

BAYREUTH. Er ist spürbar angefressen. Harald Köppel, Geschäftsführer des Bayerischen Bauernverbands (BBV) in Bayreuth, fühlt die Landwirte durch das Volksbegehren für Artenvielfalt zu Unrecht an den Pranger gestellt. Weil es nicht die Sache einer „kleinen Gruppe“ sei, die Umwelt zu erhalten. Das sei ein Thema, das alle angeht.

 
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Was er nicht verstehen kann: „Nur wir sind das Ziel der Organisatoren. Naturschutz ist immer prima, wenn man ihn nicht selbst gestalten, wenn man sich selbst nicht ändern muss.“ Was viele Landwirte und Waldbauern längst getan hätten. Durch mehr Blühflächen, durch die Umstellung auf Zwischenfrucht-Anbau, durch die Bepflanzung von Feldrändern und manches mehr. All das zähle in der öffentlichen Wahrnehmung „praktisch nichts“.

Er wundere sich schon über die „breiten Unterstützerkreise“. Denn letztlich werde dadurch nicht nur das Ansehen der Landwirte geschädigt, sondern auch deren wirtschaftlicher Erfolg.

"Kampfbeleuchtung" tötet Insekten

Klar, „auch wir tragen zu bestimmten Problemen bei. Aber eben nicht allein.“ Und, auch klar, da gehe noch mehr in der Branche auf dem Weg zu ökologischem Handeln. Aber das betreffe eben nicht nur die Landwirte, sondern alle Bürger. In den Gärten von Neubaugebieten finde man viel Rasen, viele Büsche, viele Steine – aber kaum etwas, das blüht. Nicht zu vergessen die „Kampfbeleuchtung“, mit der so mancher Hauseigentümer sein Anwesen in der Nacht erstrahlen lasse.

Köppel verweist auf Untersuchungen: „30 Prozent der Insekten verlieren an diesen Lampen ihr Leben, davon spricht keiner, wenn vom Insektensterben die Rede ist“. Und müsse jeder zweimal im Jahr in den Urlaub fliegen? Könnte nicht so mancher stolze Autobesitzer von seinem SUV auf ein kleineres Fahrzeug umsteigen?

Und wer eine Quote vorgeben wolle, wie viele landwirtschaftliche Betriebe kurz- und mittelfristig auf Bio umsteigen müssen, schade schlicht jenen, „die sich da über 20 Jahre hinweg eine Existenz aufgebaut haben“. Denn: Weder in den Hofläden noch bei den Bauernmärkten bilden sich lange Warteschlangen, sagt Köppel, „es fehlt einfach an Abnehmern, um da noch mehr Anbieter auf den Markt zu bringen“. Der Verbraucher könne viel über sein Kaufverhalten regeln, „schöne Worte allein helfen da nicht“.

Was die Kommunen tun könnten

Und auch die Kommunen könnten ihren Beitrag zum Thema Artenvielfalt leisten. Indem sie zum Beispiel Blumen an Wegrändern länger stehen lassen. Oder indem sie in öffentlichen Parkflächen mehr Blumen und weniger Rasen favorisieren. Köppel betont noch einmal: „Ja, auch wir können noch mehr tun – aber nicht nur wir.“ Die Ziele des Volksbegehrens seien „gut gemeint“, aber die Umsetzung solle auf dem Rücken einer kleinen Bevölkerungsgruppe erfolgen. Und das sei „unfair und schäbig“. Zumal ja etwa die Zahl der Honigbienen wieder zunehme.

Was auch Bioimker Anton Herzing, Vorsitzender des Imkervereins Creußen, bestätigt. Auch er steht grundsätzlich hinter dem, was das Volksbegehren erreichen will. Aber: „Wir müssen und können wirklich stolz sein auf unsere Landwirte, ohne sie gäbe es unsere schöne Fränkische Schweiz in dieser Form nicht.“ Gerade der Nachwuchs agiere da in der Regel vorbildlich, sei bestens ausgebildet und trage sehr wohl seinen Teil bei zu blühenden Landschaften, in denen sich auch Insekten wieder verstärkt wohlfühlen, bei.

"Man muss davon leben können"

Gudrun Brendel-Fischer ist nicht nur Landtagsabgeordnete, sondern auch Bezirksvorsitzende der Obst- und Gartenbauvereine. Auch sie hat ihre Probleme mit dem Volksbegehren. Zu „70 bis 80 Prozent“ stehe sie hinter dessen Ansinnen. Aber: „Ich kann das nicht unterschreiben.“ Nicht nur, weil es sehr wohl genug Honigbienen gebe. Sondern auch, weil die zeitlichen Vorgaben für einen Umbau der Landwirtschaft völlig unrealistisch seien, „weil ein rein biologischer Landbau nicht funktionieren wird“. Auch könne man Privatpersonen schlecht vorschreiben, wie sie ihren Garten zu gestalten haben. Und: „Erwerbsgärtner brauchen Torf für ihre kleinen Pflanzen, manches lässt sich einfach nicht von heute auf morgen ändern“. Die meisten landwirtschaftlichen Betreibe würden „vorbildlich geführt, aber man muss halt auch davon leben können“.

Ökolandbau: Tendenz steigend

Georg Dumpert, stellvertretender Leiter des Amtes für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF), hält sich zum Inhalt des Volksbegehrens bedeckt. „Von der Sache her gibt es nichts zu kritisieren, das ist ein demokratisches Instrument, als Behörde können und dürfen wir da aber keine Bewertung abgeben.“ Aber mit Zahlen könne das Amt dienen. Und die besagen, dass Waldbesitzer wie Landwirte schon jetzt „eine Menge leisten“ für eine ökologische, eine naturnahe Bewirtschaftung ihrer Flächen. Dafür gebe es ja auch Förderprogramme. Wie das Kulturlandschaftsprogramm (Kulap) oder das Vertragsnaturschutzprogramm (VNP). Mit ausgezeichneter Resonanz, sagt Dumpert: „73 Prozent der Landwirte in Stadt und Landkreis Bayreuth machen da mit.“ Und: Immerhin sieben Prozent aller Landwirte betrieben auf ihren Flächen ökologischen Landbau. Mit steigender Tendenz. Da geht es um 4000 von insgesamt 52 000 Hektar. Die sich wiederum in 31.000 Hektar Acker- und 21.000 Hektar Grünflächen aufteilen. Ob konventionelle oder Bio-Landwirtschaft: „Alle haben durch die Bank eine sehr gute Ausbildung.“  

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