Tausende sterben jährlich an multiresistenten Keimen Tödliche Keime: Was die Kliniken in der Region gegen die Gefahr tun

Von Elmar Schatz
Der MRSA ist ein weit verbreiteter Keim. Foto: 3M Foto: red

An Krankenhauskeimen sterben in Deutschland jedes Jahr zwischen 12.000 und 15.000 Menschen, so die Süddeutsche Zeitung, die sich auf ein internes Papier des Gesundheitsministeriums beruft; was tun die Kliniken in unserer Region gegen diese Gefahr?

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Auf die Frage, ob im Klinikum Bayreuth Patienten an multiresistenten Keimen gestorben sind, erklärt Dr. Andreas Schwarzkopf, der das Hygienemanagement verantwortet, die Todesursache sei schwer zu ermitteln, da oft multimorbide (mehrfach erkrankte) Patienten betroffen seien. Keinen Todesfall am Klinikum Kulmbach meldet Dr. Thomas Banse, Internist und Mitglied der Hygienekommission des Hauses.

Kliniken machen Schnelltests

Bei Risikopatienten würden Schnelltests gemacht, erklären Banse und Dr. Sven Schimanski, leitender Laborarzt am Klinikum Bayreuth. Risikopatienten sind ältere Menschen aus Seniorenheimen oder Patienten aus der Dialyse. Das sogenannte Screening erfolge nach den Vorgaben des Robert-Koch-Instituts.

Schimanski fände es gut, wenn die Schnelltests bereits vor der Einlieferung ins Krankenhaus gemacht würden, zum Beispiel durch den einweisenden Arzt. Das dürfe allerdings nicht dazu führen, dass ein Kranker mit festgestellten multiresistenten Keimen gar nicht mehr aufgenommen wird - dass ein Krankenhaus mitteilt: Wir haben kein Bett frei.

Fast die Hälfte der Kranken, die das Klinikum Kulmbach aufnimmt, werde untersucht, sagt Banse. Schon in der Notaufnahme werde der Schnelltest vorgenommen, der bereits nach zwei Stunden zeige, ob ein Kranker entsprechende Keime in sich trage. Ist der Patient positiv, wird er isoliert.

600 bis 700 entsprechende Tests pro Monat würden am Klinikum Kulmbach gemacht; allein diese Diagnostik koste 300.000 bis 500.000 Euro pro Jahr, so Banse. Im Klinikum Bayreuth werde ein ebenso hoher Aufwand betrieben, die Kosten seien eher noch höher als in Kulmbach, weil das Haus größer ist, so Schimanski.

Gut zu diagnostizieren seien MRSA-Erreger, schwieriger festzustellen andere multiresistente Keime. Für diese seien Schnelltests noch nicht allgemein verfügbar. so dauere es in diesen Fällen ein bis drei Tage, bis nach dem Abstrich eine Keim-Information vorliege. "Es gibt nicht d e n Test auf alle multiresistenten Erreger", betont Schimanski.

"Die Durchseuchung mit multiresistenten Keimen ist hoch", stellt Banse fest. Zum Glück könnten in der Kulmbacher Notaufnahme die Patienten rasch getestet und gegebenenfalls sofort isoliert werden. Dazu seien kleine Räume geschaffen worden. Die Isolier-Möglichkeiten brauche die Klinik nicht nur für Kranke mit multiresistenten Keimen, notwendig gewesen seien sie zum Beispiel auch bei der jüngsten Grippewelle.

Durchseuchung in Europa unterschiedlich

Die Durchseuchung mit multiresistenten Keimen sei in den einzelnen europäischen Ländern unterschiedlich hoch, erläutert Banse. In Südeuropa liege sie bei bis zu 50 Prozent, in den Niederlanden bei unter fünf Prozent. Dort werden alle Menschen getestet, die in Krankenhäuser kommen.

10-Punkte-Plan von Gesundheitsminister Gröhe

Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) will mit einem Zehn-Punkte-Plan gegen die Gefährdung von Patienten durch multiresistente Keime in Krankenhäusern vorgehen.

Experten gehen davon aus, dass sich das Problem noch verschärft. Einer der Gründe sei, dass die Patienten älter und damit anfälliger würden, heißt es. Zudem nehme die Zahl der komplizierten medizinischen Eingriffe zu - und damit auch die Gefahr eines gefährlichen Verlaufs bei einer Ansteckung. Schließlich werde die Zahl der Erreger weiter steigen, bei denen herkömmliche Therapien nicht mehr anschlagen.

Die Themen Hygiene, Qualitätssicherung und Transparenz würden noch immer nicht mit der nötigen Priorität angegangen, heißt es - laut Süddeutscher Zeitung - in dem Papier des Gesundheitsministeriums.

Minister Gröhe will deshalb Fachleute des Robert-Koch-Instituts stärker in die Kontrolle der Kliniken einbeziehen. Zudem soll geprüft werden, ob die Patienten vor planbaren Krankenhausaufenthalten nicht einem verpflichtenden Test auf multiresistente Keime unterzogen werden müssten.

Die Meldepflichten beim Auftreten von besonders gefährlichen Keimen sollen verschärft werden. Für die Ärzte und das Pflegepersonal im Krankenhaus - aber auch in den Arztpraxen - soll es verpflichtende Fortbildungen geben.

Multiresistente Keime können vor allem für immungeschwächte und frisch operierte Menschen zur Gefahr werden. Am meisten verbreitet ist der Bakterienstamm MRSA, der schwere, zuweilen tödliche Infektionen verursacht. Er ist gegen Antibiotika wie Penicillin unempfindlich. Die Zahlen über die Häufigkeit der Infektionen in Kliniken schwanken: Die Deutsche Gesellschaft für Krankhaushygiene bezifferte die jährlichen Todesfälle zuletzt sogar auf etwa 40.000 und die der Infizierten auf rund eine Million.                                                   

Mit Material des epd

Bilder