Symphoniker: Zu jeder Schandtat bereit

Von Michael Weiser
Ín Bayreuth hat er seine Visitenkarte schon abgegeben: Jakob Hrusa, designierte Chefdirigent der Bamberger Symphoniker. Foto: Archiv/Andreas Harbach Foto: red

Die Bamberger Symphoniker denken über den Begriff des Konzerts nach, wollen mit einem Vorspiel Wagners auf ein Werk von Charles Ives antworten und versprechen Hilfe für Bayreuths Kulturfreunde während der Zeit der Stadthallenschließung. "Wir sind zu jeder Schandtat bereit", versprach Intendant Marcus Axt bei der Vorstellung des Programms 2016/2017 unter dem neuen Chefdirigenten Jakub Hrusa. Axt äußerte sich alarmiert angesichts des Stockens der Stadthallenplanung. 

 
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Es ist eher selten, dass Bayreuth bei einer Pressekonferenz in Bamberg eine solch wichtige Rolle spielt wie gestern im Foyer der Konzerthalle an der Regnitz. Bei der Vorstellung des Spielzeitprogramms 2016/2017 der Bamberger Symphoniker sich Intendant Marcus Axt alarmiert ob der Entwicklungen beim Projekt Stadthalle. „Wir beobachten das mit großer Sorge“, sagte Axt und betonte, wie wichtig die Kultur für eine Stadt mit „einer solchen Musiktradition sei“.

Nicht zuletzt durch immer weiter perfektionierte CD-Aufnahmen haben sich die Hörgewohnheiten so verfeinert, dass es zunehmend schwierig sei, die Menschen in die alte Stadthalle mit ihrer mäßigen Akustik zu locken. „Die Ansprüche sind so gestiegen, dass eine Reaktion darauf unabdingbar ist.“ Was die Zeit des Umbaus betreffe, wenn die Stadthalle geschlossen sei, versprach Axt: „Wir sind zu jeder Schandtat bereit.“ Und auf die Nachfrage von Wilfried Laudel, dem Vorsitzenden der Kulturfreunde, ob die Bamberger auch Programme mit kleinerer Besetzung anbieten könnten: „Gerne, wir warten nur auf Anfragen aus Bayreuth.“

Mit Antwort ist der Ruf verhallt

Bereitschaft beweisen die Bamberger auch in anderer Hinsicht. Man wolle man weiter über den Begriff des Konzertes nachdenken, sagte Axt. „Was ist eigentlich ein Konzert im 21. Jahrhundert?“. Diese Frage sei entscheidend bei der Erarbeitung des neuen Programms gewesen, sagte Axt. So werden die Bamberger zu bestimmten Gelegenheiten die Musikstücke eines Konzertabends ineinander übergehen lassen, so zum Beispiel beim Konzert am 21. Januar Charles Ives’ „Unanswered Question“ in das Vorspiel zu Richard Wagners „Lohengrin“. „Ohn’ Antwort ist der Ruf verhallt“: Das wird man also in Zukunft in Bamberg nicht mehr behaupten können. Bereits in der dritten Saison spielen die Bamberger ihre Encore-Stücke, Werke zeitgenössischer Komponisten, die quasi für Zugaben in Auftrag gegeben wurden. Die ersten Encore-Stücke aus Bamberg werden mittlerweile auch von anderen Orchestern nachgespielt.

(Quelle Youtube)

Lisa Batiashvili ist Portraitkünstlerin

„Aufbrüche“: So lautet das Motto der Symphoniker für die kommende Spielzeit, die im September mit Jakub Hruša als neuem Chefdirigenten beginnt. Womit die Bamberger natürlich nicht zu verstehen geben wollen, dass sie selbst in den vergangenen Jahren verharrt hätten, etwa auf den Lorbeeren, die sie in der Ära von Jonathan Nott gesammelt haben. Nein, es geht darum: Die Bamberger möchten verstärkt Werke präsentieren, die in ihrer Zeit Neues wagten oder die sich einem Aufbruch, einem Ortswechsel des Komponisten verdanken. Und das eben verbunden auch mit einem Wechsel ihrer Chefs und damit dem Aufbruch in ein neues Kapitel. Nach 16 Jahren wechselt Jonathan Nott nach Genf, Hruša hingegen entschied sich gegen eine Anstellung in Kopenhagen und wird im Sommer endgültig nach Bamberg ziehen.

(Quelle: Youtube)

Schon jetzt probt der 34-jährige, in Brno geborene Maestro mit seinem künftigen Orchester. „Eine tolle Atmosphäre, mehr als ich kann man sich gar nicht auf eine neue Aufgabe freuen“, sagte der Chefdirigent, der bei der Programm-Pressekonferenz neben Axt Platz genommen hatte. Hruša will neben dem Bamberger Hausheiligen Gustav Mahler auch andere böhmische Komponisten pflegen. Jan Vaclav Vorišek (1791 bis 1825) etwa, den Beethoven selbst als meisterlichen Kollegen geschätzt habe. Der große Beethoven übrigens ist im neuen Programm so etwas wie Tabellenführer: Mit fünf Symphonien ist er der meistgespielte Komponist. Auch Brahms findet sich, „es gibt kaum eine bessere Möglichkeit, die Virtuosität eines Orchesters zu trainieren“, sagte Hruša. Für Aufbrüche stehen auch Werke von Edgard Varèse, Claude Debussy, Igor Strawinsky und Olivier Messiaen.

Abo-Konzert mit Überraschung

Portrait-Künstlerin der kommenden Saison ist Lisa Batiashvilli. Zu den Gastkünstlern zählen die Ehrendirigenten Christoph Eschenbach und Herbert Blomstedt. Zur Feier seines 90. Geburtstags will Blomstedt Anton Bruckners 5. Symphonie dirigieren – unter anderem in der Kirche des Barockklosters St. Florian nahe Linz, in der sich Bruckners Grabstätte befindet. Mit Blomberg reisen die Symphoniker zu Beginn der Saison auch zum 14. Mal nach Japan und zum ersten Mal nach Korea, das damit als 63. Land in der Liste des meistgereisten bayerischen Orchesters auftaucht.

In den kommenden Wochen gibt Jonathan Nott sozusagen seine Abschiedstournee. Bevor er mit Bruckners monumentaler 8. Symphonie im Dom den Schlusspunkt setzt, wird er am 8. und am 9. Juni ein letztes Abokonzert leiten, mit Werken von Richard Strauss, Purcell und Ligeti. „Und einer Überraschung“, versprach Axt. Für diese Konzerte gibt es noch Karten, anders als für das Konzert im Dom.

INFO: Karten gibt es unter Telefon 0951 / 980 82 20; Telefax: 0951 /980 82 30 oder per E-Mail an info@bvd-ticket.de

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