Stromtrasse: Streit um Entschädigungen

Von Moritz Kircher
Wie sollen Bauern entschädigt werden, durch deren Felder künftig die Erdkabel führen? Foto: Roland Weihrauch/dpa Foto: red

Bad Berneck, Goldkronach, Weidenberg, Speichersdorf - die Chance, dass sich die Südostlink-Gleichstromtrasse einmal durch den nördlichen und östlichen Landkreis Bayreuth schlängelt, liegt bei 50:50. Denn hier verläuft eine der beiden vorgeschlagenen Trassenvarianten. Viele landwirtschaftliche Flächen wären betroffen. Und die Bauern wollen etwas davon haben. Die Staatsregierung schlägt sich klar auf eine Seite und steht damit einmal mehr im Konflikt mit de1r Bundesnetzagentur.

 
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Unterirdische Stromtrassen sind Neuland - für die Übertragungsnetzbetreiber und für Landwirte. Große Fernleitungen wurden in Deutschland bis dato immer oberirdisch gebaut. Und nach Angaben des Bayreuther Netzbetreibers Tennet hat sich eine Praxis eingebürgert: Wo ein Strommast steht und ein Acker überspannt wird, zahlen die Netzbetreiber eine einmalige Entschädigung. "Das ist ein sehr bewährter Prozess", sagt Thomas Erhardt-Unglaub, der bei Tennet große Leitungsbauprojekte leitet.

Bauern befürchten geringere Erträge

Doch mit Südostlink wird alles anders. Denn die rund hunderte Kilometer lange Gleichstromleitung von Wolmirstedt in Sachsen-Anhalt an den bayerischen Kernkraftwerksstandort Isar bei Landshut soll komplett unterirdisch verlaufen. Also: Keine Strommasten und damit keine Flächen, die dauerhaft der landwirtschaftlichen Nutzung entzogen sind. Also auch kein Fall für Entschädigungen? Weit gefehlt, wenn es nach dem Bayerischen Bauernverband (BBV) geht.

Der fordert nämlich nicht nur eine einmalige Entschädigung, sondern zusätzlich eine Art Strommaut. „Die Netzbetreiber bekommen die Rechte zur Durchleitung und für viele Jahre eine garantierte Rendite", sagte BBV-Präsident Walter Heidl kürzlich im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. "Da ist es aus unserer Sicht nur logisch, dass wir über eine Entschädigung hinaus einen Anteil bekommen." Die Bauern befürchten zudem, dass durch die Wärme der Stromkabel der Boden entlang der Trasse trockener sein wird und der Ertrag sinkt.

Ministerium auf der Seite der Landwirte

Der BBV bekommt Unterstützung aus dem bayerischen Landwirtschaftsministerium. Auf Kurier-Anfrage teilt Minister Helmut Brunner mit, dass er sich in der Regierung "bereits mehrfach für angemessene Entschädigungen der Bauern eingesetzt" habe. Dass der Bauernverband dauerhafte Zahlungen fordert, sei nachvollziehbar, sagt ein Ministeriumssprecher. Die Erdverkabelung könne die Nutzbarkeit und damit den Wert der landwirtschaftlichen Grundstücke längerfristig beeinträchtigen. Und deshalb sei es "ein Gebot der Fairness, die Bauern für die Inanspruchnahme ihrer Flächen angemessen zu entschädigen". Das könnten wiederkehrende Leistungen sein.

Das bayerische Umweltministerium lässt weiter wissen, dass Bundesagrarminister Christian Schmidt eine entsprechende Änderung des Energiewirtschaftsgesetzes bereits beim Bundeswirtschaftsminister eingefordert habe. Der bayerische Landwirtschaftsminister Helmut Brunner unterstütze diese Initiative.

Tennet: Langfristig keine Ertragsverluste für Landwirte

Mehr Geld für die Bauern - warum nicht, wenn sie auf ihren Flächen durch die Erdkabeltrassen einen geringeren Ertrag haben? Der Übertragungsnetzbetreiber Tennet und die Bundesnetzagentur widersprechen. Denn nach Aussagen von Tennet ist Ackerbau über der Kabeltrasse problemlos möglich.

Große Beeinträchtigungen gebe es nur in dem Jahr, in dem die Trasse gebaut wird und allenfalls noch in Folgejahren, bis der Boden über der Leitung wieder in seinem ursprünglichen Zustand ist. Dafür gebe es auch eine Entschädigung, sagt Tennet-Sprecher Markus Lieberknecht. In Norddeutschland hat Tennet für den Festlandanschluss von Offshore-Windparks bereits Erdkabel verlegt. Dort seien langfristig keine Ertragsverlust messbar, sagt Thomas Erhardt-Unglaub.

Bundesnetzagentur: Wiederkehrende Zahlungen ungeeignet

Auch die Bundesnetzagentur spricht sich gegen dauerhafte Entschädigungszahlungen an Landwirte aus. Eine Sprecherin sagt auf Kurier-Anfrage: "Die Bundesnetzagentur hält wiederkehrende Zahlungen für nicht geeignet." Der Gesetzgeber könnte dafür zwar die Grundlage schaffen. "Das würde langfristig aber steigende Strompreise nach sich ziehen." Denn alles, was an Kosten bei den Übertragungsnetzbetreibern entsteht, wird beim Endkunden in den Strompreis eingerechnet.

Die bayerische Staatsregierung und die Bundesnetzagentur vertreten damit einmal mehr komplett entgegengesetzte Positionen. Bereits als die Pläne für zwei große Gleichstromtrassen quer durch Deutschland öffentlich wurden, hatte sich die Bayern, allen voran Ministerpräsident Horst Seehofer, an die Spitze des Protestes gestellt und der Bundesnetzagentur immer wieder vorgeworfen, gegen die Interessen der Bürger zu handeln. Dabei hatte Bayern zuvor im Bundesrat keine Einwände gegen die Leitungsbauprojekte vorgebracht.

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