Stier mit Namen „Sensation“ bei Besamungsstation im Dienst 98.000 Euro: Hainbronner Bulle ohne Hörner erzielt Spitzenpreis

Von Ralf Münch
Die Familie Schmidt aus Hainbronn verkauft einen Zuchtbullen bei der Bundesfleckviehschau in Miesbach für 98.000 Euro. Das ist der vierthöchste Preis, für den jemals ein Bulle verkauft wurde. Foto: red

"Im Grunde genommen ist es wie ein Sechser im Lotto", sagt Gerhard Schmidt aus Hainbronn bei Pegnitz. Dabei steht der  Züchter vor seinem Stall und freut sich. Denn er hat bei der Bundesfleckviehschau in Miesbach einen Zuchtbullen verkauft. Für 98.000 Euro. Und das, obwohl dem teuren Tier etwas fehlt.

 
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Der Preis ist heiß. Der Bulle aus Hainbronn ist das viertteuerste Tier, das jemals bei so einer Viehschau verkauft wurde. Gerhard Schmidt nennt es seinen Lebenszweck, seine Ambition, Stiere zu züchten. „Ich habe damit angefangen, als ich 17 Jahre alt war“, sagt er. Das war vor 40 Jahren. Zunächst verkaufte er damals Zuchtbullen als Kälber. Seit zwei Jahren zieht er die Kälber selbst auf und verkauft sie dann als ausgewachsene Tiere.

Mnache stellen sich einen Porsche vor die Haustür. Andere leisten sich ein Eigenheim. Und wieder andere investieren ins Tier - in einen potenten Stier. Im Fall von Schmidts Bullen "Sensation" bekam die Besamungsstation Neustadt an der Aisch den Zuschlag. Die Züchter wollten den Bullen, um mit ausgesuchten Kühen weitere Nachkommen zu zeugen. „Bei solch einer Schau sind nur Vertreter von Besamungsstationen. Denn die Preise, die dort geboten werden, können sich Landwirte nicht leisten. Es wurden im Durchschnitt 40.000 Euro geboten“, sagt Schmidt.

Ziel: Hornlose Tiere

Der Landwirt aus Hainbronn hat sich seit zehn Jahren darauf spezialisiert, hornlose Kühe und Bullen zu züchten. Das hat mehrere Gründe. Etwa den Tierschutz. Denn üblicherweise werden Kühe und Bullen mit Hörnern geboren. Und damit besteht bei Auseinandersetzungen zwischen den Tieren immer die Gefahr, dass sich die Tiere verletzen. Auf der Wiese kann ein schwächeres Tier zur Not weglaufen. Im Stall geht das nicht.

Zum anderen besteht auch für den Landwirt große Verletzungsgefahr, wenn er sich, wie Schmidt sagt, zwischen lauter Hörnern aufhält und ein Tier einmal keine Lust auf seine Gesellschaft hat. Deshalb werden dem Vieh üblicherweise die Hörner entfernt. „Das ist so, wie wenn man einem Menschen einen Zahn zieht. Das tut dem Patienten kurz weh, ist aber auch schnell wieder vorbei. Aber es gibt jetzt große Diskussionen darüber, ob sich das mit dem Tierschutz vereinbaren lässt. Und ich kann mir schon vorstellen, dass es irgendwann komplett verboten wird“, erklärt der Züchter.

Urmenschen kannten Rinder ohne Hörner

Die hornlosen Tiere gibt es schon seit Jahrtausenden. Die Neandertaler stellten in ihren Zeichnungen auf Höhlenwänden Tiere ohne Hörner dar. Irgendwann kamen dann Stiere mit Hörnern und hatten deswegen die Tiere ohne Kopfschmuck vertrieben.

Heute treibt die Zucht der hornlosen Bullen die Preise hoch. „Bei diesem Bullen werden bei den Nachkommen immer nur hornlose Männchen oder Weibchen herauskommen“, sagt Schmidt weiter. Das wissen er, und auch die Bieter aus einem einfachen Grund so genau. Niemand will die Katze im Sack oder den Bullen im Stall auf gut Glück kaufen.

"Sensation" hat gute Gene

Früher war es ein Glücksspiel, dass sich solch ein Tier, für das man viele Tausend Euro bezahlt, hinsichtlich der Nachkommenschaft rentiert. Heutzutage macht es die Wissenschaft möglich, das bereits im Vorfeld zu wissen. Denn seit einigen Jahren gibt es die „genomische Selektion“. Dabei werden Blutproben der Tiere an Gen Control, eine Laborfirma in Grub, geschickt. Die untersuchen das Erbgut und können dann Rückschlüsse auf die „Qualität“ des Genmaterials ziehen. „Sensation“, wie die neuen Besitzer den hornlosen Hainbronner Bullen jetzt nennen, hat sehr gute Gene.

Bulle wird nie einer Kuh begegnen

Spaß wird die „Sensation“ deshalb trotzdem nie mit einer Kuh haben. Die Züchter überlassen nichts dem Zufall und so bleibt es bei künstlicher Befruchtung. Den Kaufpreis von 98.000 hat Schmidt auch nicht auf dem Konto: „Zuerst bleibt der Bulle sechs Wochen in Quarantäne, um auszuschließen, dass er Krankheiten einschleppt. Dann wird sein Samen untersucht, eingefroren, wieder aufgetaut und wieder untersucht. Erst, wenn alles passt, dann bekomme ich das Geld. Wenn nicht alles in Ordnung ist, dann bekomme ich den Bullen wieder zurück“, so Schmidt.

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