Steuerverschwendungen in Millionenhöhe

Die Bildkombo zeigt (im Uhrzeigersinn von oben links) die JVA Aichach, das Freilichtmuseum Glentleiten, das Staatstheater am Münchner Gärtnerplatz und das Chemikum der Universität Erlangen-Nürnberg. Alle Einrichtungen kritisiert der Landesverband Bayern vom Bund der Steuerzahler am 06.10.2016 in seinem "Schwarzbuch 2016" wegen Kostensteigerungen bei Baumaßnahmen. Fotos: Hildenbrand/Jansen/Kneffel/Karmann/dpa Foto: red

Steuerverschwendung als Straftatbestand - das fordert der Bund der Steuerzahler Bayern. Der Verband weist im Schwarzbuch 2016 einmal mehr auf Steuerverschwendungen in Millionenhöhe hin.

 
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Unrentable Investitionen, Kostensteigerungen bei Bauprojekten: In Bayern sind nach Ansicht des Bundes der Steuerzahler auch im laufenden Jahr wieder zig Millionen Euro Steuergelder verschleudert worden. Das geht aus dem Schwarzbuch 2016 hervor, das am Donnerstag in München vorgestellt wurde. Es beweise, «dass die Verschwendung von Steuergeldern an der Tagesordnung» sei, sagte die Vizepräsidentin des Steuerzahlerbundes Bayern, Maria Ritch.

Der alljährlich wiederkehrenden Verschwendung kann nach Ansicht des Verbandes nur mit juristischen Mitteln Einhalt geboten werden: Steuerverschwendung müsse als Straftatbestand der «Haushaltsuntreue» geahndet werden, betonte Ritch. Wer die Grundsätze der Sparsamkeit missachte, müsse «genauso zur Rechenschaft gezogen werden wie jemand, der Steuern hinterzieht».

Nur die Spitze des Eisbergs

In seiner Veröffentlichung listete der Verband zehn bayerische Verschwendungsfälle auf, dies sei aber nur «die Spitze des Eisbergs». Als besonders «gravierendes Beispiel» bezeichnete Ritch die Sanierung des Staatstheaters am Gärtnerplatz in München. Statt der 2010 genehmigten 70,7 Millionen Euro beliefen sich die Gesamtkosten inzwischen auf rund 97 Millionen Euro. Höhere Baupreise, erschwerte Abbrucharbeiten und Schadstoffentsorgung hatten den Bau verteuert.

Auch der Neubau des Chemikums an der Universität Erlangen-Nürnberg, die Erweiterung des NS-Dokumentationszentrums Obersalzberg, der Neubau am Freilichtmuseum Glentleiten in Oberbayern, der Bau eines neuen Versorgungszentrums im Frauengefängnis Aichach und Ausschussreisen des Landtags werden als negative Beispiele zulasten der Steuerzahler genannt. Besondere Kritik erntet auch ein Hackerangriff auf die EDV-Abteilung der Stadtverwaltung Dettelbach.

Bauvorhaben vorher besser koordinieren

«Man muss mit öffentlichen Geldern fairer umgehen», sagte Ritch. Dazu gehöre beispielsweise, Bauvorhaben im Vorfeld besser zu koordinieren und einen Puffer für eventuelle Mehrkosten einzurechnen. «Aber manche Politiker machen das bewusst nicht aus Angst, sie kriegen das Projekt nicht genehmigt.» Die SPD-Landtagsfraktion forderte am Donnerstag mehr Personal in der Bauverwaltung, um Bauvorhaben besser zu planen und zu überwachen.

Insgesamt sei die Situation in Bayern vergleichbar mit anderen Bundesländern. «Die Verschwendungsmentalität zieht sich durch die Bundesrepublik», sagte Ritch. Mit fremdem Geld gehe man weniger sparsam und verantwortungsloser um als mit dem eigenen. Laut Verband versickern so jedes Jahr Steuergelder, die an anderer Stelle dringend gebraucht würden.

Zehn Beispiele in Bayern:

FREILICHTMUSEUM «GLENTLEITEN»: Das neue Eingangsgebäude für die oberbayerische Bildungseinrichtung droht mit rund 13,5 Millionen Euro deutlich teurer zu werden als die geplanten 7,5 Millionen Euro.

NEUBAU CHEMIKUM AN DER UNIVERSITÄT ERLANGEN-NÜRNBERG: Der Umbau an der Naturwissenschaftlichen Fakultät läuft aus dem Ruder, soll mehr als 108 Millionen Euro kosten. 2008 wurde das Gesamtbudget auf 80 Millionen Euro taxiert. Noch immer gibt es Lüftungsprobleme.

NS-DOKUMENTATIONSZENTRUM OBERSALZBERG: Die Erweiterung der alten Bunkeranlage soll nun schon 21,3 Millionen Euro kosten, statt der ursprünglich geplanten 14,3 Millionen Euro.

STAATSTHEATER AM GÄRTNERPLATZ IN MÜNCHEN: 2010 wurden 70,7 Millionen Euro genehmigt - nun liegen die Kosten bei rund 97 Millionen Euro.

JUSTIZVOLLZUGSANSTALT AICHACH: Schlecht verlegte Fliesen durch eine spanische Firma sollen nicht nur den Kostenplan von 18 auf 21 Millionen Euro angehoben haben, sondern führten auch zu einem laufenden Rechtsstreit mit ungewissem Ausgang.

FERNWÄRMEPROJEKT DER STADT ZWIESEL: Das neue Hackschnitzelheizwerk in der 10 000-Einwohner-Stadt im Landkreis Regen sei unrentabel und bescherte zwischen 2011 und 2015 mehr als eine Millionen Euro Verlust.

GEMEINDE POING: Knapp zwei Millionen Euro Fördergelder sind wegen falscher Angaben zu Mitarbeitern ausgezahlt worden. Die Verantwortliche wurde wegen schweren Betrugs verurteilt, das Geld ist aber wohl futsch.

REISEN LANDTAGSAUSSCHÜSSE: Der Steuerzahlerbund findet, dass die heutigen Kommunikationsmöglichkeiten keine Ausschussreisen ins Ausland notwendig machen.

HACKERANGRIFF STADTVERWALTUNG DETTELBACH: Die Attacke auf die EDV-Abteilung im unterfränkischen Landkreis Kitzingen kostete rund 100 000 Euro - 490 Euro «Lösegeld» und der Rest zur technischen Wiederherstellung der gehackten Datenbank.

ILZTALBAHN-ANSCHLUSSBUSLINIE: Die Zuglinie von Passau nach Waldkirchen wurde Ende der 1980er Jahre reaktiviert. Seither fahren aber im Schnitt nur 2,3 Gäste pro Fahrt mit dem Anschlussbus. Ein jährlicher Verlust von 70 000 Euro für den Landkreis Freyung-Grafenau.

dpa

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