Stäubli Connectors kennt sich aber nicht nur mit schweren Dingen aus Werkzeuge, die 60 Tonnen wiegen

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Da möchte man dann doch gern mal dabei sein und Mäuschen spielen. Denn Heinz Maisel, bei Stäubli in Bayreuth verantwortlich für den Bereich Connectors, kann in die Zukunft schauen. Nicht, weil er eine Glaskugel hätte, sondern weil er und seine Mitarbeiter schon sehr früh eingeweiht sind, wenn die namhaften Autohersteller ihre neuen Modelle planen.

 
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„Wir wissen spätestens drei Jahre vorher, welches neue Auto wann auf den Markt kommt“, sagt Maisel, und: „Einige unserer Leute haben jetzt schon Kontakt zu Daimler-Mitarbeitern, die sich bereits mit der übernächsten S-Klasse beschäftigen, die erst nach 2020 Premiere feiern wird.“

Kein Wunder, dass Werkzeugwechselsysteme ein zunehmend wichtiges Standbein für Connectors sind, einer von drei Stäubli-Bereichen neben Textilmaschinen und Industrierobotern in dem Schweizer Konzern und am Standort Bayreuth, an dem insgesamt rund 500 Mitarbeiter arbeiten. Davon allein 230 im Bereich Connectors – vor vier Jahren waren es noch gut 70 weniger.

„70 Prozent der Automodelle in Deutschland werden mit unseren Werkzeug-Wechselsystemen gebaut“, sagt Maisel mit hörbarem Stolz. VW, Audi, BMW, Daimler – alles seine Kunden. Außerdem wurde der Export deutlich verstärkt. In den Autofabriken in China liege der Marktanteil bereits bei 60 Prozent, man mache zunehmend auch Geschäfte mit den dort heimischen Herstellern. Stark sei man mittlerweile auch in Mexiko, außerdem gebe es erste Erfolge in Japan unter anderem mit Nissan als Kunden. Und auch den US-Markt haben sie bei Stäubli im Visier, die dortigen großen Hersteller sind natürlich interessante potenzielle Kunden. Die deutschen Hersteller begleitet Stäubli bereits in diesem riesigen Markt. „Gerade rüsten wir die Maschinen in der BMW-Fabrik in Spartanburg für die Produktion des neuen X3 aus“, sagt Maisel. Auch der kommende Audi A8 sei ein Projekt, an dem man aktuell mitarbeite.

Werkzeugwechselsysteme sollen ausgebaut werden

Ein Bereich, den Stäubli Connectors ausbauen will, sind Werkzeugwechselsysteme für Spritzgießmaschinen. „Unsere Analysen haben gezeigt, dass es sich jetzt lohnt, hier zu investieren“, sagt Maisel. Ein Grund: In der Autoindustrie verfestigt sich der Trend zu immer mehr Nischenprodukten und Derivaten der Grundmodelle. Mit der Folge, dass es auch bei den Bauteilen zu mehr Vielfalt bei zugleich kleineren Stückzahlen kommt. Der Nachteil für den Zulieferer, der zum Beispiel Kunststoffstoßstangen für einen großen Hersteller spritzt, sind deutlich häufigere Werkzeugwechsel. „Und der kann schon mal bis zu sechs Stunden dauern“, sagt Maisel, und ergänzt: „Mit unseren Wechselsystemen sind Rüstzeiten von fünf Minuten möglich.“ Da bekommt das Sprichwort „Zeit ist Geld“ eine ganz neue Dimension.

Doch damit ist für Maisel das Ende der Fahnenstange noch lange nicht erreicht. Derzeit arbeiten seine Mitarbeiter nämlich an der Vision des vollautomatischen Werkzeugwechsels – Stichwort Industrie 4.0. Dabei sollen satellitengesteuerte Wagen schon vor einem anstehenden Werkzeugwechsel ins Lager fahren, das anschließend benötigte Werkzeug aufladen, es zur Spritzgießmaschine fahren, gegen das vorherige Werkzeug austauschen und dieses wieder ins Lager fahren. Und das alles völlig selbstständig. Und als wäre das alles nicht schon genug, lässt Maisel dann auch noch fallen, dass ein solches Werkzeug bis zu 60 Tonnen wiegen kann. Der Wagen muss also kurzzeitig bis zu 120 Tonnen tragen können – das Gewicht dreier großer Lkw. Zukunftsmusik? Schon im Herbst will Stäubli das System der Öffentlichkeit präsentieren.

Basisgeschäft sind Kupplungssysteme für die Industrie

Das Basisgeschäft von Stäubli Connectors sind weiterhin Kupplungssysteme für die Industrie, die Verbindungen unter anderem an Maschinen schaffen. Von der Monokupplung für zehn Euro bis zu hochkomplexen Kupplungen mit 100 Anschlüssen zugleich, die dann 5000 Euro pro Stück kosten können, ist alles möglich. Im Schnitt hat eine solche Kupplung laut Maisel rund 20 Anschlüsse, durch die dann Druckluft, Kühlwasser, chemische Medien, Gase oder auch Strom fließen können. Und: „Bei Sonderanwendungen sind wir hier weltweit die Nummer 1“, sagt Maisel.

Grundsätzlich gehe der Trend hin zum kompletten Systemanbieter, hier helfe unter anderem die enge Zusammenarbeit mit der Robotersparte im gleichen Haus sowie Zulieferern und Partnern, die im Umkreis von bis zu 250 Kilometern um Bayreuth sitzen. Hier kosten komplette Anlagen des Öfteren einen sechsstelligen Betrag, bis zu 500 000 Euro sind drin.

Konkrete Umsatzzahlen will Maisel nicht nennen, aber immerhin lässt er sich entlocken, dass die Erlöse seit Jahren im zweistelligen Prozentbereich zulegen. Da ist es kein Wunder, dass die vor knapp fünf Jahren eingeweihte Montagehalle sehr gut ausgelastet ist. „Wir arbeiten hier sehr effizient“, sagt Maisel. Das damals mit der Bayreuther Fraunhofer-Projektgruppe Prozessinnovation entwickelte Konzept wurde intern noch optimiert. Heute laufen bis zu 200 Aufträge am Tag durch die Halle, 2015 wurden gut 24 000 Aufträge bearbeitet, die zu 18 000 Kunden-Sendungen führten.

Bereits bis Mittedes Jahres ausgebucht

„Wir sind sehr gut ausgelastet“, sagt Maisel, Lage und Aussichten seien gut. Bis Mitte des Jahres sei die Montage bereits wieder komplett ausgebucht. Und so ist weiteres Wachstum – auch bei der Zahl der Mitarbeiter – programmiert. Ist es nicht schwer, Fachkräfte und Nachwuchs zu finden? „Eigentlich nicht“, sagt Maisel und führt neben den attraktiven Arbeitsplätzen als einen wichtigen Grund das Engagement als Sponsor beim Basketball-Bundesligisten Medi Bayreuth an: „Vor allem junge Leute sprechen uns darauf an und fragen dann zum Beispiel nach Praktika. Das hilft uns sehr.“

Für Maisel ist es keine Frage, dass man bei Stäubli Connectors ein erfülltes Arbeitsleben hat. Schließlich hat er hier einst selber als Lehrling angefangen und sich bis zum Chef hochgearbeitet. Zum Jahreswechsel wird das genau 50 Jahre her sein, Ende 2017 zieht er sich aus dem operativen Geschäft zurück. Ganz muss das Unternehmen dann zwar nicht auf seine Erfahrung verzichten. Aber die angedachte Beratertätigkeit wird ihm deutlich mehr Zeit für seine Hobbys lassen: Wohnmobil-Reisen und Mountainbike fahren.

Das Unternehmen

Stäubli ist ein weltweit tätiger Maschinenbaukonzern mit Sitz in Freienbach in der Schweiz. Mit rund 4600 Mitarbeitern macht das Unternehmen in den drei Bereichen Textilmaschinen, Kupplungssysteme und Industrieroboter einen Jahresumsatz von über einer Milliarde Schweizer Franken. Alle drei Divisionen mit je einem eigenen Geschäftsführer sind auch am deutschen Standort in Bayreuth vertreten. Hier arbeiten rund 500 Menschen für das Unternehmen, davon 230 im größten Bereich Connectors. Der administrative Bereich ist zudem in einer Holding für das Deutschlandgeschäft ebenfalls in Bayreuth angesiedelt.⋌sts

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