Stadt weiß nicht, wie viele der Bäume in der Herzogmühle unter Schutz standen Erstaufnahme: Das Rätsel um die gefällten Bäume

Von Katharina Wojczenko
So sah es nach der Baumfällung für die geplante Erstaufnahmeeinrichtung in der Herzogmühle aus. Foto: Ronald Wittek Foto: red

Die Bäume an der Herzogmühle sind gefällt. Ob die Erstaufnahmeeinrichtung für Flüchtlinge dort gebaut wird, ist mittlerweile unklar. Dass die Rodungen in diesem Maß nötig waren, bezweifeln die Anwohner. Fest steht: Ein Teil der Bäume fiel unter die Baumschutzverordnung. Viel mehr rückt die Stadt auch auf Nachfrage von Stadträtin Sabine Steininger nicht heraus. Die Antwort ist etwas für Luchsaugen.

 
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Die Fraktionsvorsitzende von Grünen und Unabhängigen wollte genau wissen, wie viele der gefällten Bäume als schützenswert galten – und wann und wo Ersatz gepflanzt wird. Über die Antwort, die dem Kurier vorliegt, ist Steininger alles andere als erfreut: Sie besteht aus einer winzigen Karte, die man nur mit Lupe entziffern kann, sagt die Stadträtin. Da ist Nachzählen in der Tat schwierig. Den Plan im Maßstab von 1:500 hat das Hochbauamt erstellt.

„Ich hätte mich gefreut, wenn mir die Stadtverwaltung einfach die Anzahl der Bäume genannt hätte“, sagt Steininger. Normalerweise seien in solchen Plänen die betroffenen Bäume mit einem X markiert. In der Karte stehen aber nur die Durchmesser der Stämme. Das Problem: „Der ist nicht allein ausschlaggebend.“

Baureferent kann den Plan auch nicht lesen

Denn die laut Baumschutzverordnung sind Baumart sowie Zahl der Stämme ein wichtiger Faktor. Davon steht aber nichts in dem Plan. Baureferent Hans-Dieter Striedl räumt auf Kurier-Nachfrage ein, dass er ihn selbst nicht entziffern kann. „Ich habe auch keine Lust, mich hinzusetzen und Bäume zu zählen.“ Auch würde nicht für jeden gefällten Baum ein neuer gepflanzt.

Vorab bekannt sei ihm die konkrete Zahl auch nicht gewesen. Die Rodungsarbeiten hätten unter „ziemlichem Zeitdruck“ passieren müssen. Im Umweltamt kennt man die Zahl auch nicht – und verweist auf den Plan des Hochbauamts. Immerhin sieht das Umweltamt keine Gefahr, dass der gerodete Hang abrutscht, weiß Steininger nun. Was die Ersatzpflanzung für diese unbekannte Zahl von Bäumen betrifft: Die sei vorgesehen gewesen, als die Stadt Bauherrin war, steht in der Antwort. In welchem Umfang, steht nicht darin.

Nachpflanzen? Muss jetzt der Freistaat, sagt die Stadt

Jetzt müsse das mit der neuen Bauherrin der Erstaufnahmeeinrichtung abgestimmt werden, also dem Freistaat. „Ich erwarte, dass die Stadt alles tut, damit der Freistaat als neuer Bauherr die Ersatzpflanzungen vornimmt, die seitens der Stadt notwendig geworden wären“, fordert Steininger. Hintergrund ihrer Anfrage sind die Beschwerden von Anwohnern in der Melanchthonstraße.

Richard Augustin, Sprecher der Anwohner, hatte im Kurier die schlechte Informationspolitik der Stadt vor den Rodungsarbeiten kritisiert. Auch sei das Umweltamt vor der Aktion nicht informiert gewesen. Dem widerspricht die Stadt. Als Antwort auf die Frage nach der künftigen Beteiligung der Bürger aussehen soll, bleibt die Stadt beim Pflichtprogramm, das jedes Bauvorhaben vorsieht.

Enttäuschend, findet Steininger. „Auch wenn rein rechtlich nichts anderes möglich ist, sollte die Stadt versuchen, zwischen den Interessen des Bauherrn und den Bürger zu vermitteln.“ Ein erstes Gespräch mit Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe, Baureferent Striedl und Anwohner-Sprecher Augustin fand diesen Freitag statt. Augustin: „Wäre das vor der Fällung passiert, hätte man sich viele Konflikte ersparen können.“

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