Kein Wunschkonzert: „Die Geschwister-Gummi-Stiftung ist in vielen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe tätig. Diese Erfahrungen und Kompetenz fließt da mit ein“, bekundet Steffen Grampp, Sachgebietsleiter im Amt für Jugend und Familie im Landratsamt Kulmbach. Auch Christoph Berner spricht von einer ausgezeichneten Zusammenarbeit mit dem Amtsgericht und einem ganz besonderen Zugang der Fachkräfte zu den Jugendlichen. Für die Organisation und die Kontrolle der Arbeitsstunden ist dann Ines Haenlein zuständig. Eltern der jugendlichen Straftäterinnen sind nicht zwingend einbezogen. Manchmal, wenn diese etwa den Erfolg der Arbeitsstunden gefährden, findet Industriekauffrau sogar deutliche Worte: „Wenn ein Jugendlicher oder eine Jugendliche zu oft den Einsatzort wechseln will und die Eltern vorsprechen, mache ich schon mal klar: Das ist hier kein Wunschkonzert.“
In Ausnahmefällen – wenn also nachvollziehbare Gründe das Ableisten der Stunden verzögern – kann Ines Haenlein eine Fristverlängerung beim Amtsgericht für die Jugendlichen beantragen. Das liegt auch daran, weil hinter dem Begriff keine Strafe im herkömmlichen Sinn. Steffen Grampp erklärt: „Die Verhängung von Arbeitsstunden verfolgt erzieherischen und keinen strafenden Gedanken.“ Eine unerwünschte Tat solle mit einer sozialen Leistung für die Gesellschaft ausgeglichen „und der Jugendliche mithilfe der Arbeitsstunden zum Nachdenken und Reflektieren angeregt werden“.
Pädagogischer Anspruch: Der Leiter der Jugendwerkstatt, Peter Engelhardt, ist überzeugt, dass viele Jugendliche während der Straftat sehr wohl wissen, welche Folgen die hat. „Es geht darum, zu lernen, dafür gerade zu stehen.“ Der Verzicht auf Freizeit sei für viele Jugendliche eine spürbare Form der Sanktionierung. Hinzu komme die Erfahrung einer geregelter, tagesstrukturierender Tätigkeit, so der Direktor am Amtsgericht Kulmbach.
Oft hat die Maßnahme Erfolg: Viele der erstmals straffällig gewordenen Jugendlichen werden anschließend nicht mehr auffällig. „Es sind vor allem auch die ehrlichen Gespräche mit uns, die für beide Seiten wertvoll sein können“, weiß Christine Kohl. Sie erinnert sich zum Beispiel an einen Jugendlichen, der eine Ausbildung zum Landschaftsgärtner absolvierte und straffällig geworden war. „Ich habe viel mit ihm über das, was er getan hat, diskutiert, dann aber auch über Politik und die Corona-Impfung und vieles mehr. Ich war erstaunt, wie interessiert er an allem ist und seine Meinung einbringen möchte.“
Wenn sich während der Maßnahme herausstellt, dass die Jugendlichen aus sehr schwierigen Lebensumständen nicht mehr eigenständig herausfinden, können sie Unterstützung im Projekt „Respekt“ der Jugendwerkstatt erhalten. In einigen Fällen führte dies auch zu einer Ausbildung oder einer Beschäftigung in der Jugendwerkstatt. Zu Beginn der Corona-Pandemie hat sich ein Rückgang bei der Zahl der Arbeitsstunden eingestellt. So wurde zuletzt eine Vielzahl von Ordnungswidrigkeiten oder Verstöße gegen infektionsschutzrechtliche Bestimmungen etwa mit Bußgeldern belegt, so Grampp. Mitarbeiter in gemeinnützige Einrichtungen, die Bedarf an Tätigkeiten aus Arbeitsstunden haben, sollten den Jugendlichen offen und aufgeschlossen sein: „Es könnte sein, dass hier Welten aufeinandertreffen“. Gleichzeitig unterstützen die Stellen junge Menschen auf ihrem Lebensweg. red