Rampen statt Treppen Neue Beratungsstelle in Bayreuth informiert über altersgerechtes Wohnen in den eigenen vier Wänden

Von Michael Weiser
 Foto: red

So lange wie möglich in den eigenen vier Wänden wohnen: Das ist ein Herzenswunsch vieler älterer Menschen. In Bayreuth gibt es dazu nun Beratung: Bettina Müller beantwortet im Rathaus Fragen zum Thema Wohnen im Alter.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Jürgen Wolff, Leiter des Evangelischen Bildungswerks in Bayreuth, kennt die Probleme mit dem Alter aus der eigenen Familie. Eine Großmutter war an Multipler Sklerose erkrankt; nach einem Sturz blieb sie an den Rollstuhl gefesselt. „Für ihre letzten fünfzehn Jahre hat sie ihre Wohnung quasi nicht mehr verlassen“, sagt Wolff; „das kann man sich heute gar nicht mehr vorstellen.“

Denn mittlerweile gibt es Konzepte und Ideen, die ein selbstbestimmtes Leben in den eigenen vier Wänden auch im Alter erlauben. Ein Treppenlift beispielsweise hätte Wolffs Großmutter ins Parterre und wieder zurück zu ihrer Wohnung im ersten Stock befördern können. „All das ist heute keine Hexerei mehr“, sagt Wolff. „Manche Sachen bekommt man sogar im Baumarkt.“

Wie man Wohnungen behindertengerecht umbaut

Wie baut eine Wohnung für Senioren um? Was ist nötig, um einem Menschen mit körperlichen Einschränkungen ein Leben in den eigenen vier Wänden zu erlauben? In Bayreuth gibt seit kurzem eine Beraterin Auskunft: Bettina Müller (49). „Ich helfe gerne“, sagt die Beamtin, „und ich habe absolut gern mit Menschen zu tun.“ Müller sammelte Erfahrungen im Sozial- und Wohnungshilfeamt, auf Lehrgängen eignet sie sich weiteres Fachwissen für ihre neue Aufgabe an.

Abgesehen davon, dass sich die Menschen ein  weitestgehend selbstbestimmtes Leben im gewohnten Umfeld wünschen - Lösungen in diesem Bereich entlasten auch Helfer und Pflegeeinrichtungen, die ohnehin vor großen Herausforderungen stehen. Zwei von fünf Bayreuthern sind 50 oder mehr Jahre alt. Von diesen insgesamt 29000 Menschen werden in den nächsten Jahren viele mit körperlichen Beeinträchtigungen zurecht kommen müssen. Das evangelische Bildungswerk veranstaltete vor wenigen Wochen einen Begegnungstag zum Thema. Und Wolff konnte von einer guten Resonanz berichten. „Über hundert Menschen waren da“, sagt er, „die meisten um die 50 Jahre alt.“

Es ist die Generation, die sich jetzt Sorgen um ihre Eltern macht. 75, 80 Jahre sind die Mütter und Väter nun alt, viele von ihnen meistern ihr Leben selber. Nur helfen sollte man ihnen dabei, meint auch die Sozialpädagogin Bettina Wurzel, Behindertenbeauftragte der Stadt Bayreuth. Handgriffe an der Badewanne, erhöhte Toilettensitze, Rampen statt Trappen vor Eingangstüren, Sitzgelegenheiten, die eine Verschnaufspause ermöglichen, breitere Türöffnungen - meist ohne allzugroßen Aufwand kann man eine Wohnung für ältere Menschen umrüsten. „Wenn man plant, eine Wohnung zu sanieren, sollte man gleich ans Alter denken“, sagt sie. Sie stellt aber auch klar, dass die neue Beratung nur die Richtung angeben kann: „Wir bieten keine Bauberatung an, wir sagen, wie man im Alter wohnen kann.“ Tipps zur Förderung und Ratschläge für kleine Maßnahmen zur Umrüstung der Wohnung - das kann die Beratung leisten.

Am Ende könnten alle etwas davon haben. Die Älteren, weil sie in ihrer vertrauten Umgebung bleiben können, ohne vom Leben ausgeschlossen zu sein; die Gesellschaft, die die Wucht der demographischen Lawine etwas abfedern kann; und die Kinder, die zumindest einen Teil der Pflegekosten einsparen können. „Bei 3000, 4000 Euro Kosten im Monat kann es sein, dass man nach zwei Jahren den Gegenwert eines Hauses ausgegeben hat“, sagt Wolff. Noch jemand hat bereits großes Interesse am Bayreuther Konzept für Wohnen im Alter angemeldet - die Handwerker. Sie würden vom Trend zu altersgerechten Wohnungen profitieren. „Für die Handwerker ist das ein Beschäftigungsprogramm“, sagt Wolff.

Foto: Wittek

Bilder