Sitzen zwei Franzosen auf einem Pulverfass... Oft skurril, meistens lustig: Orchester Jakobsplatz feiert Neujahrsfest mit Offenbach-Programm

 Foto: red

Sag's mit Offenbach: Daniel Grossmann und sein Orchester Jakobsplatz München überzeugte beim Neujahrskonzert in Bayreuth nicht nur mit musikalischen Qualitäten.

 
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Zwei geschlagene französische Offiziere sitzen in Dublin auf einem vollen Pulverfass. Und sie verlieben sich abwechselnd in die verheiratete Nachbarin mit acht Kindern und in eine frustrierte Schauspielerin, die sich keine Texte merken kann und nicht jeden Abend den Bühnentod sterben will. Zwischendrin drohen sie immer mal wieder, mittels des Schwarzpulvers den Vulkan zu entfesseln, der unter der Stadt schlummert. Das klingt skurril? Mag sein, doch so ist nun mal der Inhalt der Operette „Trafalgar sur un volcan“ von Jacques Offenbach, der auch solche Inhalte bevorzugt in seiner beschwingten Art vertonte.

Das Orchester Jakobsplatz München spielt seit 2009 in jedem Herbst zu Beginn des jüdischen Kalenderjahres ein Neujahrskonzert, das an die Neujahrskonzerte in Wien angelehnt ist. Am 5. September begann heuer das Jahr 5774, und in diesem Jahr konzentriert sich das Orchester auf den Komponisten Jacques Offenbach und seine eher unbekannten Werke.

Jacques Offenbach mutete seinem Publikum des öfteren eine Menge zu, auch mit der Frechheit, mit der er sich über Konventionen hinwegsetzte und Korruption und das Bramarbasieren der Militärs verspottete. Genau dieser verwegene Humor war aber auch einer der Gründe für seine große Beliebtheit schon zu Lebzeiten. Das Orchester Jakobsplatz brachte die freche Leichtigkeit von Offenbachs Musik sehr gekonnt zu Gehör, und auch die drei Gesangssolisten Talia Or (Sopran), Dean Power (Tenor) und Ludwig Mittelhammer (Bariton) fühlen sich in ihren Rollen sichtlich wohl.

Daniel Grossmann, der das Orchester 2005 gründete und seither dirigiert, führte seine Musiker mit sparsamen, aber deutlichen Bewegungen durch die spannungsgeladene und emotionale Musik Offenbachs. Das Konzert des Orchesters Jakobsplatz war auch deshalb ein Erlebnis, weil der Ton zwischen den Musikern offenbar schon vor dem ersten Einsatz des Dirigenten stimmte: Da sah man, wie zwei Geigerinnen einander ermutigend die Hand drückten, wie ein Kollege dem anderen ohne weiteres aushalf, als ein Notenpult zusammengebrochen war. Die überwiegend jungen Musiker aus über 20 Ländern entwickelten eine heitere und doch konzentrierte Konzertatmosphäre, und Daniel Grossmann brachte durch sein akkurates Dirigat viel Gelassenheit in den Auftritt seines Orchesters.

Vor allem Talia Ors humorvolles Auftreten passte hervorragend zu ihren komischen Rollen, ihr Kontakt zu Publikum und Orchester war vom ersten Ton an hergestellt. Und ihr Vergnügen an diesem leichten Genre war hörbar. Dies gilt auch für Ludwig Mittelhammer und Dean Power, wobei bei ihm auch die sehr reine französische Aussprache auffiel, die für englische Muttersprachler doch eher ungewöhnlich ist. Es war sehr gut vorstellbar, dass schon zu Lebzeiten des Komponisten der spezielle Humor des Librettos so auf die Bühne gebracht wurde wie am Sonntagabend. Wie die Sopranistin und der Tenor ihren Vortrag durch einen längeren Kuss unterbrechen, wie wiederum der Dirigent diesen Kuss durch ein energisches Räuspern unterbinden will: Das zaubert sowohl beim Orchester als auch beim Publikum ein Lächeln in die Gesichter. Der grotesk-lustige Inhalt der Operette „Trafalgar sur un volcan“ tat sein Übriges für einen humorvollen und musikalisch gelungenen Abend.

Daniel Grossmann erläuterte im Lauf des Abends den jüdischen Kalender und religiöse Bräuche. Und äußerte sich äußerst milde über Offenbachs überschäumende Phantasie: „Es ist schon erstaunlich, wie viele verworrene Wendungen in eine kleine Operette passen. Aber schließlich ist es wie immer: Ende gut, alles gut.“

Foto: Harbach

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