Sie sagt, was sie denkt Schweißtreibender Beruf: SPD-Politikerin Inge Aures will ihren Sitz im Landtag verteidigen

Von

Thiersheim, Selb, Kulmbach. Dreimal Inge Aures, die in diesem Jahr in einem Stimmkreis kandidiert, der von Wonsees bis Schirnding reicht. Einst als „Zwangsehe“ gescholten, ist der neue Zusammenschluss für die Landtagswahl am 15. September nun Realität. Inge Aures ist bekannt und daher oberfränkische Listenführerin der SPD. Trotzdem weiß sie, wie wichtig es ist, auf die Menschen zuzugehen: „Gewählt werde ich schließlich in der Heimat.“

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Fast eine Stunde ist sie unterwegs mit ihrem Mercedes SLK 230 bis sie in Thiersheim am Marktplatz ankommt. Im Kofferraum und auf dem Beifahrersitz stapeln sich rote Stofftaschen, Notizblöcke, Broschüren, Zollstöcke, auf denen steht „Die zwei vom Bau“. Mit Malermeister Holger Grießhammer, der für den Bezirkstag kandidiert, wirbt die Architektin für „einen Tapetenwechsel“ in Bayern. Zweite Bürgermeisterin Uschi Schricker versucht, vor dem Einkaufsmarkt Leute abzupassen und zum Roten Grill zu locken. Nur wenige folgen ihr, obwohl es Bratwürste umsonst gibt. Ein Mann, der ein Paar Würste nimmt, sagt: „Der Ude, der weiß ja nicht mal, wo wir wohnen.“

Die „rote Inge“, wie sie viele nennen, beeindruckt das wenig. In türkisfarbener Hose, Bluse und Kette – selbst der Lidstrich ist türkis wie auf den Wahlplakaten – verteilt sie weiter ihre Wahlgeschenke.

Ehemann "Mucki"

Während der Sitzungszeit wohnt die 57-Jährige von Dienstag bis Donnerstag in einer Zweitwohnung in München. Mit ihrem Ehemann, den sie liebevoll „Mucki“ nennt, gebe es da keine Diskussionen. „Das geht reibungslos.“ Sie habe gelernt, Prioritäten zu setzen. Es bleibt noch Zeit, den Kontakt zum Freundeskreis zu pflegen und ihr Hobby Fotografieren auszuleben.

Aures hat eine burschikose, zupackende Art. Als Frau mit einem technischen Beruf hat sie früh gelernt, sich durchzusetzen. Aures sagt, was sie denkt. „Ich habe schon immer meinen Mund aufgemacht.“ Wenn sie das tut, dann spricht sie, in Presseck im Frankenwald aufgewachsen, breites Fränkisch, ganz bewusst, weil Hochdeutsch erst recht komisch klinge. Und sie weiß, dass eine Frau in der Politik mindestens 150 Prozent geben muss. In jedem Fall mehr als ein Mann.  „Ich war das erste Mädchen in der Technikerklasse. Mein Beruf ist eine Männerdomäne“, sagt sie.

In Selb sind einige Leute mehr als in Thiersheim. Wieder Bierbänke und Bratwürste, eine Band spielt. Aures und Grießhammer machen die Runde. „Sie ist die mutigste Frau, die ich kenne“, sagt Stadträtin Heidrun Fichter über Aures, die sie aus dem Bezirkstag kennt. Dass sie nicht mehr als Oberbürgermeisterin kandidierte, habe ihr leidgetan. Ortsvereinsvorsitzender Rudolf Kirschneck sagt, Aures sei ein Original und lasse sich nicht unterkriegen: „Die Inge, die ist eine Kämpfernatur.“

Geradlinig und gerecht

Geradlinig und gerecht, so möchte Aures sein, wie ihr Vater, selbst einst Kommunalpolitiker, den sie als ihr Vorbild bezeichnet. „Ich bin vorlauter, er war sachlicher.“ Seit den 70er Jahren engagiert sie sich in der SPD. Und es gab Höhen und Tiefen. Doch die Angriffe seien vom politischen Gegner gekommen, nicht aus den eigenen Reihen. Deshalb macht sie weiter, arbeitet 14 Stunden täglich und gönnt sich nur am Sonntagabend eine Auszeit.

Letzte Station Kulmbach, Gasthof Geuther, 65 Jahre Kraftfahrerschutzvereinigung. Inge Aures nutzt die Gelegenheit, sich zu Hause umzuziehen. Trotz ihres „schweißtreibenden Berufs“, wie sie selbst sagt, will sie frisch aussehen. Sie wählt ein fliederfarbenes Oberteil und eine weiße Hose. „Ich liebe kräftige Farben“, sagt Aures und fügt mit einem Lausbubengrinsen hinzu: „Da hebe ich mich wenigstens ab von den ganzen Krawattenträgern.“ Sie hat Gastgeber Reinhardt Baumgartner versprochen, bis zum Schluss zu bleiben. Obwohl sie noch zum Dorffest nach Gumpersdorf will. Also bleibt sie, spricht über marode Straßen und Brücken in Oberfranken, gratuliert den Jubilaren.

Dann rafft sie ihre Taschen zusammen, steuert zum Ausgang. „Ich fahre jetzt doch noch nach Gumpersdorf.“ Sie hat ja noch gut eine Stunde bis zum Empfang der Delegation aus Rust im Kulmbacher Rathaus.

Autor

Bilder