Der Weg ging durch eine faszinierende Landschaft, an Sonnenblumenfeldern, teils auch an Landstraßen oder der Autobahn entlang, über Berge und an Industriedenkmälern vorbei oder durch Städte mit Plattenbauten. „Ich war ein aufmerksamer Läufer“, sagt Hofmann. Und so hat er auch den Brunnen, aus dem Wein kam, gesehen. Andere waren daran vorbeigelaufen.
Hinweisschilder auf den letzten 100 Kilometern
Rund 2000 Bilder hat er gemacht, alle mit dem Handy. Das war auch der einzige Luxus, den er sich leistete: eine Internetflat. Und so hat er morgens und abends nach Hause telefoniert oder auf Facebook geschrieben. Die Freundin und die Familie haben sich schon Sorgen um ihn gemacht. Die letzten 100 Kilometer vor dem Ziel gab es dann immer wieder Hinweisschilder, wie weit es noch ist. „Das war schon etwas touristischer, denn die Etappe wird auch oft von den Spaniern gelaufen“, so Hofmann.
Als das Ziel in Sichtweite war, sei man schon etwas depressiv geworden, nennt es Hofmann. Es hatte zwei Gesichter, erzählt er später seinem Vater die Gefühle: erst war es wie eine Geburt, im Laufe des Weges wurde man Experte und am Ende war es wie sterben. Als er dann in Santiago de Compostela in den frühen Morgenstunden ankam, war die Kathedrale eingerüstet. „Die ist aber nichts besonderes, a Käärng halt.“ Aber der Moment war besonders, da kamen schon die Tränen, er hatte es tatsächlich geschafft.
Nicht-Katholiken mussten sitzenbleiben
Im Ort ging es dann als Erstes ins Pilgerbüro, wo die Urkunde ausgehändigt wurde. Auch sie hängt in dem Bilderrahmen an der Wand. Dann war die Pilgermesse. „Die meisten haben aber geschlafen.“ Beeindruckt hat ihm vor allem das gewaltige Weihrauchfass, das von acht Leuten geschwenkt werden musste. Dann wurden die Orte verlesen, aus denen die Pilger kamen, aber Hofmann hat nicht mitbekommen, als Schnabelwaid aufgerufen wurde. Und in der Messe hat er eine Diskriminierung als Evangelischer, der er ja ist, erfahren. Per Durchsage wurden alle Nicht-Katholiken aufgefordert, beim Abendmahl sitzenzubleiben. „Mir hat das aber nichts ausgemacht“, winkt Hofmann ab.
Es war die schönste Zeit seines Lebens, sagt er zurückblickend. „Ich habe viel erlebt.“ Noch heute hat er plötzliche Wiedererinnerungen an die Pilgerreise, ganz bizarre Sachen fallen ihm ein, sind plötzlich in der Gegenwart. „In der ersten Zeit zu Hause konnte ich nicht alleine schlafen“, erinnert er sich. Überhaupt war es schwer, sich wieder an den Alltag zu gewöhnen. Etwa 3000 Euro hat ihn die Reise gekostet, mit Flügen und Ausrüstung. Manchmal hat er auch andere, die nicht viel Geld hatten, zum Essen eingeladen. Und eine kuriose Begegnung hatte er am Ziel noch. Er hat Angela Merkel gesehen. Die Bundeskanzlerin war zu einer EU-Veranstaltung dort, ist auch fünf Kilometer auf dem Jakobsweg gelaufen.
Pilgern macht süchtig
„Ich mach das noch mal“, sagt der Schnabelwaider. Nicht unbedingt die gleiche Strecke, vielleicht mal einen urtümlicheren Weg. Pilgern macht süchtig, hat er erfahren. „Ich war mal weg und ich bin wieder gekommen“, sagt er. Alle drei Monate etwa trifft er sich mit welchen von den anderen Pilgern, in Bayreuth gibt es sogar einen Pilger-Stammtisch.
Hofmann hat während seiner Reise Tagebuch geführt, manchmal nur einen Satz am Tag. Aber er könnte den Weg auch so komplett nacherzählen. Das macht er jetzt, indem er Vorträge darüber hält.