Eine Show für die Weltöffentlichkeit
Am 6. Februar 1936, endlich hatte es auch richtig zu schneien begonnen, sprach Willy Bogner senior in Partenkirchen den olympischen Eid. Vom ersten Augenblick an punkteten die Nazis: Die britische und die französische Delegation marschierte ebenso wie die deutschen Sportler mit emporgerecktem rechten Arm ins Skistadion ein. In den folgenden zehn Tagen bekam die Weltöffentlichkeit gerade mal hundert Kilometer von Dachau und seinem KZ entfernt zu sehen, was sie sehen sollte und wollte: perfekte Organisation, packende Wettkämpfe vor einer halben Million Zuschauer insgesamt, strahlende junge Menschen, glänzend ins Bild gesetzt von Hunderten Reportern und Fotografen.
Zu den Helden zählte Birger Ruud: Der Norweger sprang von der Normalschanze zu olympischem Gold. Im Eiskunstlauf holte auch seine Landsfrau Sonja Henie Gold. Und wurde danach gern von Hitler auf dem Obersalzberg empfangen. Birger Ruud dagegen sollte sich vier Jahre später, nach der Besetzung Norwegens, den Nazis verweigern - und wurde in einem Konzentrationslager inhaftiert.
Strauss löst sein Ticket für Olympia
Doch am 16. Februar 1936 ging noch alles in Wohlgefallen zu Ende. Die ausländischen Besucher waren voll des Lobes, Garmisch war ein gelungener Test für die Sommerspiele in Berlin gewesen.
Sogar für Richard Strauss. Der hatte sein Ticket für Olympia ohnehin noch vor den meisten Athleten gelöst. Seit Dezember 1934 arbeitete er für den „Sportunfug“, wie er an Stefan Zweig schrieb: „Ich vertreibe mir in der Adventslangeweile die Zeit damit, eine Olympiahymne für die Proleten zu componieren, ich, der ausgesprochene Feind und Verächter des Sports.“
Die Erklärung für den Sinneswandel: Strauss fühlte sich erpressbar. Er hatte mit dem Juden Stefan Zweig zusammengearbeitet, fürchtete nun, verfemt zu werden. „Bei seinem Kunstegoismus, den er jederzeit offen und kühl bekannte, war ihm jedes Regime innerlich gleichgültig“, schrieb Zweig selber. Also ließ sich Strauss ohne Bedenken vor den Karren spannen. Beim Ball der Winterspiele in München erklang seine Musik erstmals - und kam an. Ihre Taufe im olympischen Feuer erhielt die Hymne im Sommer in Berlin. Vor 80000 Zuschauern dirigierte Strauss selbst. Sportverächter oder nicht, am gewaltigen Propagandaerfolg der Nazis hatte auch Richard Strauss seinen Anteil.
INFO: Interessante Informationen zu Olympia in Garmisch-Partenkirchen liefert die Seite von Alois Schwarzmüller.http://members.gaponline.de/alois.schwarzmueller/. Über den Missbrauch der olympischen Idee im Dritten Reich schrieb Alexander Emmerich im Theiss-Verlag: „Olympia 1936“, 2015, 288 Seiten mit 203 Abbildungen, 29,95 Euro.