Regionale Wirtschaft Heimische Firmen unter Druck

Der Export schwächelt. Das spürt auch die oberfränkische Industrie. Die Geschäfte sind in einigen Weltregionen rückläufig. Foto: dpa/Daniel Bockwoldt

Die oberfränkische Wirtschaft blickt vorsichtig optimistisch auf die kommenden Monate. Doch im verarbeitenden Gewerbe bricht der Auftragseingang ein. Beim Export machen gleich mehrere Regionen große Sorgen.

 
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Die oberfränkische Wirtschaft startet mit leichtem Aufwind in das Sommerhalbjahr. Der Konjunkturklimaindex der IHK für Oberfranken Bayreuth legt um sieben Punkte auf 109 Zähler zu, teilt IHK-Präsident Michael Waasner unserer Zeitung mit: Ursache für diese Entwicklung sei der vorsichtige Optimismus bei den Erwartungen.

Die aktuelle Geschäftslage der Mitgliedsunternehmen der IHK für Oberfranken Bayreuth fällt im Saldo weiterhin positiv aus. 34 Prozent aller Befragten beurteilen die aktuelle Geschäftslage positiv, 17 Prozent negativ, das sei eine leichte Verbesserung gegenüber der Konjunkturumfrage zur Jahreswende. „Vor dem Hintergrund der immer noch hohen Energie- und Rohstoffpreise, der steigenden Zinsen, der verhaltenen Konsumlaune und des allgegenwärtigen Fachkräftemangels ist das alles andere als selbstverständlich“, macht IHK-Konjunkturreferent Malte Tiedemann deutlich. Im Dienstleistungssektor, dem Baugewerbe und im Einzelhandel seien mehr Unternehmen als zuletzt mit der aktuellen Geschäftslage zufrieden. Vor allem aber der Großhandel und mit Abstrichen auch das Verarbeitende Gewerbe berichten von einer schlechteren Geschäftslage als noch zu Jahresbeginn.

Rückläufige Geschäfte mit China

Die heimischen Unternehmen stehen enorm unter Druck, wie ein Blick auf die Entwicklung des gegenwärtigen Auftragsvolumens zeigt. Das internationale Geschäft bleibt angespannt, wenn auch nicht so deutlich wie die Binnennachfrage. Einzig auf dem nordamerikanischen Markt verbuchen die befragten Unternehmen spürbare Zuwächse. Rückläufig sei dagegen das Geschäft mit China, dem Pazifikraum und auch mit dem Nahen Osten.

Der Fachkräftemangel wird inzwischen von über 60 Prozent der Befragten als Risiko für die Geschäftsentwicklung in den kommenden zwölf Monaten gesehen. 55 Prozent der Unternehmen sehen außerdem die Arbeitskosten als Gefahr für die weitere betriebliche Entwicklung. Dieser Wert steigt seit September 2020 stetig an und notiert zum Mai 2023 auf einem Allzeithoch, erklärt Waasner. Weiterhin größtes Risiko aus Unternehmenssicht sind, mit rückläufiger Tendenz, die Energie- und Rohstoffpreise (70 Prozent). Ebenfalls stark risikobehaftet sind die aktuelle Inlandsnachfrage (54 Prozent) und die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen (45 Prozent).

„Die wachsenden Risiken machen deutlich, dass unsere Unternehmen immer mehr unter Druck geraten“, warnt Waasner: „Der Standort Deutschland verliert zusehends an Reputation und Wettbewerbsfähigkeit.“ Der IHK-Präsident verweist auf eine weitere gefährliche Entwicklung. „Noch nie habe ich so viele frustrierte Unternehmerinnen und Unternehmen getroffen, wie in den vergangenen Wochen.“ Ursache seien in erster Linie immer mehr Auflagen, immer mehr bürokratische Hemmnisse.

Für die kommenden Monate macht sich bei der oberfränkischen Wirtschaft trotz ungünstiger Rahmenbedingungen vorsichtiger Optimismus breit. Nach der deutlichen Erholung zu Jahresanfang notieren die Erwartungen erstmals seit Januar 2022 wieder im leicht positiven Bereich. 21 Prozent der Befragten rechnen mit einer verbesserten Geschäftslage, 20 Prozent mit einer rückläufigen Entwicklung.

Optimistisch sind der Dienstleistungssektor und vor allem das Tourismusgewerbe, heißt es aus Bayreuth. Eine deutliche Eintrübung der Geschäftslage erwartet neben dem Einzelhandel insbesondere das Baugewerbe, wo neben dem Fachkräftemangel und den steigenden Rohstoffpreisen immer stärker die erschwerte Baufinanzierung aufgrund steigender Zinsen zum Tragen kommt. Waasner appelliert deshalb an Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD), die bürokratischen Hürden auszuräumen. Ich bitte Sie eindringlich, diese Fehlentwicklung zu stoppen! Es ist Zeit für eine echte Zeitenwende!“

Bei der Industrie- und Handelskammer Coburg zeigt sich ein ähnliches Bild: „Die Stimmung der Coburger Wirtschaft hat sich zum Frühjahr hin weiter stabilisiert und auch die Geschäftsaussichten erscheinen nicht mehr ganz so düster, kommentiert IHK-Präsident Andreas Engel die Ergebnisse der dortigen aktuellen Konjunkturumfrage: „Dennoch belasten zahlreiche Sorgen unsere Unternehmen, was ihre betriebswirtschaftlichen Planungen erschwert.“ Auch Engel zählt dazu die exorbitant gestiegenen Preisen für Energie, Rohstoffe, Vorprodukte und Dienstleistungen – aber auch die immer noch ungeklärten Fragen im Hinblick auf die künftige, sichere und wettbewerbsfähige Energieversorgung sowie geopolitischen Unsicherheiten.

Zufrieden mit ihrer aktuellen Geschäftslage zeigen sich Coburgs Maschinenbauer. Maßgeblich dazu beigetragen haben die hohe Kapazitätsauslastung von rund zwei Dritteln sowie der relativ große Auftragsbestand von 44 Prozent. Allerdings gibt es auch Anzeichen für eine Konjunkturabkühlung: So verzeichneten deutlich mehr Betriebe als bei der letzten Umfrage rückläufige Bestellungen, insbesondere aus dem Ausland.

Bei den Automobilzulieferern und Vorleistungsgüterproduzenten der IHK zu Coburg hat sich die Lagebeurteilung eingetrübt: Nur 18 Prozent bewerten sie mit gut, nach 40 Prozent in der Vor-Umfrage. 73 Prozent bezeichnen die Geschäftslage als befriedigend und neun Prozent sind unzufrieden. Das hänge damit zusammen, dass die Käufer über die Wintermonate sehr zurückhaltend bei Fahrzeug-Neubestellungen waren. Darüber hinaus sehen 38 Prozent der Befragten in der Personalknappheit ein erhebliches Hemmnis für die aktuelle Geschäftstätigkeit (Vor-Umfrage 22 Prozent).

Bei den Polstermöbelherstellern sprächen lediglich 13 Prozent von guten Geschäften während das Versicherungs- und Finanzgewerbe weiterhin zufrieden ist – wenngleich die Inlands-Umsätze im Vergleich zur Vor-Umfrage leicht zurückgegangen sei, so Andreas Engel.

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